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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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Polizei dabeihaben, einen aus der Praxis. Für uns ist das ja eine relativ leichte Argumentation: Die Polizei ist hoheitlich und so weiter. Sie kennen das, und ich finde, Sie sind überzeugend. «
    » Ähm, ich glaube nicht. Also, Fernsehen ist nicht meine Sache, ich habe da überhaupt keine Erfahrungen, Frau Rixdorf. «
    » Und unsere Pressekonferenzen? Da reden Sie doch auch vor Mikrofonen und Kameras, Herr Sternenberg. «
    » Schon, aber da redet man auf eine Gruppe Journalisten ein. Bei einer Diskussion, da ist ein Millionenpublikum … Und das Thema, ich weiß nicht, ob mir dazu was einfällt. «
    » Wollen Sie nicht, oder meinen Sie, Sie können es nicht? «
    » Ich habe das noch nie gemacht, ich kann es nicht. Ich bin kein Politiker oder Pressesprecher oder so was. «
    » Das wollen die ja so. Außerdem: Nur weil Sie es noch nie gemacht haben, heißt das nicht, dass Sie es nicht können. Ich bin einfach überzeugt, dass Sie es können werden, Herr Sternenberg. Ein bisschen kenne ich Sie schließlich. «
    Er stöhnte. » Ich kann da nur meine Privatmeinung … Ich glaube, ganz ehrlich, diese Sache ist ein bisschen zu groß für mich. «
    » Es ist mir neu, dass Sie vor einer neuen Herausforderung kuschen. Und dass Sie Verantwortung scheuen. «
    » Nein … «
    » Ich sage Ihnen: Ich will, dass Sie da hingehen. «
    » Wer nimmt denn sonst noch teil? «
    » Das steht noch nicht fest. Jemand vom Bundesinnenministerium auf jeden Fall, dann wollen sie Vertreter der Oppositionsparteien. Ein Parteienforscher, obwohl ich nicht weiß, was der zu dem Thema sagen kann. «
    » Die sind aber immer dabei « , sagte Sternenberg.
    » Und jemand vom Steuerzahlerverein oder wie das heißt. Na, und zwei oder drei Beamte. Und ein Professor für Verwaltungswissenschaft. Namen habe ich nicht. Was sagen Sie? Sie können die Zeit natürlich als Überstunden gutschreiben. «
    » Darum geht’s mir nicht. Ich habe sowieso eine Abneigung gegen Talkshows, und jetzt soll ich da auch noch selber mitmachen. «
    » Es ist ein Teil unserer Arbeit. Als Polizei und als Beamte müssen wir uns den Fragen der Öffentlichkeit stellen. Und Öffentlichkeit bedeutet heute eben Fernsehen. Ob uns das gefällt oder nicht. Ich hatte mir gewünscht, dass Sie gern eine neue Erfahrung machen und vielleicht auch etwas dazulernen, weil ich Sie als einen Mann kenne, der Verantwortung übernimmt. Aber ich möchte mit Ihnen nicht endlos diskutieren. Wenn Sie partout nicht wollen, geht Herr Lichtenberg. «
    Sternenberg dachte plötzlich an Tarek und an die Predigt, die er, Sternenberg, seinem Mitarbeiter im Grunewald zum Thema Verantwortung gehalten hatte.
    » Gut « , sagte er, » ich mach’s. Aber ich glaube nicht, dass ich da Erfahrung sammle und etwas lerne. «
    Bei Anja war nicht mehr besetzt, aber niemand ging ans Telefon. Bei Tatjana in Coimbra dasselbe.
    Sternenberg öffnete den Kühlschrank, um nach einem Rest von irgendwas zu suchen, mit dem er wenigstens provisorisch frühstücken könnte. Doch der Kühlschrank barst vor lauter Obst, Gemüse, Milch und Käsesorten. Julia hatte wieder einen ihrer Einkaufstage gehabt. Anstatt einen Apfel oder eine Gurke zu finden, etwas, das er sich schnell in den Mund hätte stecken können, stieß er auf Unmengen von Lauch, Sellerie, Kohl und weiterem Grünzeug. Einzig die Tomaten konnte er sofort essen. Sie schmeckten erstaunlich nach Tomate.
    Wieder ging das Telefon. Eine weibliche Stimme, die ihm nicht gleich bekannt vorkam, meldete sich mit » Telefonseelsorge Berlin « .
    » Sonntagnacht kann ich nicht « , sagte Sternenberg. » Da habe ich … « Er stockte. Besser, ich sage keinem, dass ich in einer Talkshow im Fernsehen auftrete. Könnte peinlich werden. » Da habe ich schon einen Termin. «
    » Wir brauchen dich erst ab Mitternacht. Ich finde einfach niemanden. Zwei haben abgesagt, dann die Grippewelle. Ich würde dich dafür am Mittwoch streichen. «
    » Also, wenn ihr mich unbedingt braucht, dann mache ich das. Aber dafür möchte ich, dass du mich am Mittwoch und übernächste Woche ganz streichst. Und keine Vorhaltungen, klar? «
    » Geht klar. «
    Sternenberg war überrascht, wie leicht man auf seine Frühdienste verzichtete und sich auf den Deal einließ. Er konnte es sich nicht verkneifen nachzufragen: » Sag mal, Monika, du selbst machst jetzt nur noch Büro bei uns? «
    » Nee, Tagdienst mache ich ab und zu. Wieso? «
    » Nur so. Also, geht klar. Ach so, falls mein Termin etwas länger gehen sollte,

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