Blutige Spuren
mit mein Mo zwonzich Johr in Bayreuth g’lebt, dann simma hernüberkomma. «
» Tja, Berlin ist groß. Erst jetzt haben wir Sie durch Zufall hier entdeckt. Hieß das immer schon Dreihirtenhau s ? «
» Freili. «
» Hat der Name eine bestimmte Bedeutung? «
» Also, mein Herr, des konni Eana net sochn. Do binni überfracht. Des weiß mei Mo a net, der interessiert sich jo eh gor net für so Sach’n. Des hätt’ Eana hechstens nu de Wirtin sochn kenna. Oder de Tochter, de hat a a Lokal, in Frankn, wo de Wirtin a gewohnt hat. De Wirtin war selten bei uns, und de Tochter hab’ i da a nu net gsehn. «
» Aber der Laden hier läuft gut « , bemerkte Sternenberg.
» Ach Gott, jo … De masten san halt Stammgäst’, gel? Hia, der Herr nebendran, der is’ a guata Gast. Oder de Familie Zilla, gel. Kenna S’ de Familie Zilla? «
Saskia sah Sternenberg an. » Nein, wir wohnen eigentlich gar nicht in der Gegend. Ja, dann sind wir mal gespannt aufs Essen, nicht wahr? «
Die Frau verstand und ging direkt in die Küche.
Saskia kicherte. » Die hätte uns sonst noch alle Gäste aufgezählt … «
» Eben « , sagte Sternenberg.
» Oh, Scheiße. Stimmt. Ich hab’s vermasselt, oder? «
» Na ja, vielleicht ist es gut, wenn keiner Verdacht schöpft. Man soll ja nie zu direkt fragen. «
» Tut mir leid « , sagte Saskia, und sie wirkte ernsthaft niedergeschlagen.
» Nicht so schlimm, wir fragen sie nachher noch mal. Nachdem du die Pute im Salat aufgegessen hast. «
» Ich bin zu blöd für ’ne Polizistin « , sagte sie.
» Ich weiß noch gar nicht, ob wir wirklich so geheimnisvoll an die Befragung gehen müssen. Schließlich brauchen wir Angehörige oder Bekannte, die einen der drei Toten kannten. «
Das Bier kam und die Apfelsaftschorle.
Sternenberg fragte nach dem Wohnort der verstorbenen Wirtin und dem Namen der Tochter und bekam unumwunden genaueste Antwort. Dazu einen kleinen Salatteller.
» Vielleicht sollten wir beide hinfahren « , sagte Sternenberg.
Saskia winkte ab. » Bloß nicht. Bayern ist für mich ein rotes Tuch. «
» Ist ja Franken. «
» Trotzdem. Ich bin in einer erzkatholischen Gegend aufgewachsen, ich bin froh, dass ich da raus bin. «
Der Mann am Nachbartisch bekam ein neues Bier, die Familie gegenüber freute sich über einen Schnaps zur Rechnung.
» Katholische Gegend? Der Name Saskia deutet aber nicht darauf hin, oder? «
» Die Frau von Rembrandt. Saskia. Protestantische Holländer, mein Vater hat sich durchgesetzt. Meine Mutter wollte mich Maria nennen. Wahrscheinlich das Einzige, womit mein Vater sich durchgesetzt hat. «
» Du stammst von Holländern ab? «
» Nein, ich meine nur: Rembrandt kommt daher und der Name Saskia. Ist dann leider ein Modename geworden. «
» Ich finde ihn aber sehr schön. «
» Ja, ich auch. Mein Vater hatte einen Tick, logisch war der nie. Aber jedenfalls hat es meine Mutter und ihre Familie unheimlich geärgert, dass das Gör einen solchen unchristlichen Namen bekommt. «
» Aber Rembrandt war doch tiefreligiös … «
» Meine Mutter hatte dem Priester versprochen, mich als Maria taufen zu lassen. Und dann haben sie allen Nonsens ins Feld geführt, der gegen Saskia sprach. Maria! Isabel heißt doch eigentlich auch Maria Isabel, nicht? In Portugal ist das bestimmt noch einen Zacken schlimmer mit der Religion. Ist Abtreibung da nicht immer noch verboten? Bist du eigentlich … gläubig? «
» So würde ich’s nicht nennen. Wir haben unsere Töchter taufen lassen, aber zur Konfirmation hatten sie keine Lust. Tatjana hatte so eine Anwandlung, bevor sie zum Studium nach Coimbra gegangen ist, aber ihre Zwillingsschwester gar nicht. «
» Sag mal, diese Telefonseelsorge … Das haben dich bestimmt schon viele gefragt. Sag mir, wenn’s dich nervt. «
» Tut es nicht. «
» Ist das evangelisch oder katholisch? «
» Ich bin evangelisch, im Prinzip. Die Telefonseelsorge, bei der ich arbeite, ist konfessionslos. Sie ist als Verein organisiert. Das befreit uns von Auflagen, die die Kirchen uns machen würden. Es hat Kämpfe um die Unabhängigkeit gegeben. «
» Kann ich mir vorstellen. «
» In anderen Städten ist die Telefonseelsorge kirchlich gebunden. Das muss nicht schlimm sein. Solange das Personal die Menschen nicht mit Glaubenskram oder Ideologie überschüttet, sondern sie als Menschen ernst nimmt. Bei uns gibt es alle möglichen Überzeugungen, von Katholiken bis zu Atheisten, von Moslems bis zu Zen-Anhängern. CSU -lern, Grünen,
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