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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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geerbt. Sie war nur ab und zu da, es hat sie nicht sehr interessiert. Allerdings hat sie die Bücher kontrolliert. Für Zahlen hatte sie überraschend viel übrig, da konnte man ihr so wenig vormachen wie bei Pilzen. Aber eine Geschichte … Woher der Name kommt, weiß ich nicht. Das Lokal wurde umbenannt, als die Mutter das Erbe antrat. Aus allgemein gutbürgerlicher Küche wurde fränkische Küche. Aber der genaue Hintergrund des Namens … Ich glaube, es hat mit einer Fabel oder Sage zu tun, die sich um die Markgrafenheide dreht. Aber in Heimatkunde bin ich nicht bewandert, jedenfalls in der hiesigen nicht. Ich könnte Ihnen mehr über Barsinghausen bei Hannover erzählen. «
    Sie lachten.
    » Aber wer sich in der Geschichte des Steinachtals gut auskennt, ist der Pfarrer. Den sollten Sie mal fragen, wenn es Sie so sehr interessiert. «
    » Der Pfarrer …? « Sternenberg grinste.
    » Glauben Sie nicht, das ist so ein Verschrobener. Ein junger Mann aus Berlin! Na ja, auch schon vierzig. Aber der ist fast der Einzige, der sich wirklich um die Geschichte kümmert. «
    Beim Abschied gab sie ihm ein großes Glas Rumtopf. » Aus Walderdbeeren « , sagte sie. » Mit wilden Brombeeren und Schlehen. Bekommen Sie nie wieder, so was. «
    » Es wird mir eine Ehre sein, mich damit zu besaufen « , sagte Sternenberg.
    Aus dem Fenster des alten Schulhauses hing eine Regenbogenfahne mit den weißen Buchstaben » Pace « . Ein Zettel an der Tür besagte: » Bin im Stall. «
    Vor dem Stall roch es nicht nach Kühen, wie Sternenberg erwartet und gehofft hatte. Die Tür stand auf, und sein Blick fiel auf zwei Geländewagen.
    » Pfarrer Grimm? «
    » Kommen Sie her! Geben Sie mir den Kreuzschlüssel da drüben! «
    Der Pfarrer hockte in einer unglücklichen Position neben einem der aufgebockten Wagen.
    » Ich würde nicht den Fuß drunterlegen « , sagte Sternenberg. » Wenn Ihnen der Wagenheber wegrutscht, ist der Fuß platt. «
    » Ich muss Winterreifen aufziehen « , sagte der Pfarrer, als sei das eine Entschuldigung.
    Sternenberg hatte Gelegenheit, sein Anliegen vorzubringen, während sie gemeinsam die beiden restlichen Reifen wechselten.
    Pfarrer Grimm gab ihm einen Lappen und bot ihm einen Schluck eines Energiedrinks an, der so blau war die Schlümpfe.
    » Es gibt den Dreihirtenstein « , sagte der Pfarrer. » Haben Sie von dem gehört? «
    » Nein. Was ist das? «
    » Der Dreihirtenstein ist eine alte Grenzmarkierung. Sie finden Sie oben auf der Hohen Wacht. «
    Sternenberg machte ein fragendes Gesicht.
    » Die Hohe Wacht ist der Hauptberg in der Markgrafenheide. Genau 888 Meter über Normalnull. Sagt die Legende. Neueste Messungen bringen sie gerade mal auf 847 Meter. «
    » Hohe Wacht … Das klingt nach Nordseeküste … «
    » Denken Sie an die ›Wacht am Rhein‹. «
    » Lieber nicht. Aber ich verstehe. Und was hat es mit diesem Dreihirtenstein auf sich? «
    Der Pfarrer bemerkte einige hartnäckige Flecken von Schmiere an seinen Händen und griff zur Terpentin-Flasche. » Also, wie gesagt, ein Grenzstein. Er trägt die Inschrift ›Ein Gott 1605‹. «
    » Ein Grenzstein von 1605? Was war das denn für eine Grenze? «
    Der Pfarrer sah ihn kurz verwundert an, ihm schien dann aber einzufallen, dass das nicht zur Allgemeinbildung gehörte. » Sie müssen wissen, hier war damals ein Dreiländereck: Im Osten das Einzugsgebiet der Reichsstadt Eger. Im Süden die Kurpfalz, später Bayern. Und im Westen das Markgrafentum Bayreuth. Letzteres hatte, wie Sie als Berliner bestimmt wissen, eine Verbindung mit unserem Brandenburg. «
    » Nein, das wusste ich nicht. «
    Das Terpentin zwackte in der Nase.
    » So gesehen verlief die Grenze zwischen den Preußen und den Bajuwaren zeitweise genau durch Steinachtal. Sie können das heute noch erkennen. Das dort drüben ist die katholische Kirche, und das hier ist die evangelische. Wie Sie hoffentlich gemerkt haben. « Er grinste.
    » Sie verätzen sich die Haut, Herr Pfarrer. «
    » Ich bin’s gewöhnt. «
    » Ja, der Dreihirtenstein … Das war also die Markierung zwischen diesen drei Ländereien? «
    » Na, nicht ganz, die Besitzverhältnisse veränderten sich ja deutlich in der Kleinstaaterei Deutschlands. Der obere Teil des Dreihirtensteins ist dreieckig. Auf der einen Seite steht ›Brandenburg‹, auf der anderen ›Kindsberg Weidenberg‹. «
    » Und auf der dritten? «
    Der Pfarrer sah ihn streng an, und allmählich wurde das weiße Tuch schmutziger als seine Finger. » ›Ein Gott

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