Blutige Stille. Thriller
Stimme.
Angst und ein schlechtes Gewissen stehen dem Jungen ins Gesicht geschrieben. Er glaubt, er ist in Schwierigkeiten, was mir bewusst macht, dass Billy Zook zwar geistig zurückgeblieben ist, doch genug Verstand besitzt, die Konsequenzen seines Handelns zu erkennen.
»Es ist in Ordnung, Billy«, sagte William. »Du bekommst keinen Ärger. Chief Burkholder möchte dir nur ein paar Fragen stellen.«
Die Augen des Jungen bleiben wachsam. Er kommt die restlichen Treppenstufen herab wie ein Hirsch, der sich einem Fluss voller Alligatoren nähert. Er hat etwa meine Größe, ein Meter fünfundsechzig, und die für Teenager typischen hängenden Schultern. Auf beiden Wangen sprießen Aknepickel, und das Kinn ist mit einem pfirsichfarbenen Flaum bedeckt. Er wirkt nervös, so dass ich mein Bestes tue, ihn zu beruhigen.
»Hallo, Billy.«
Er stellt sich neben seinen Vater und blickt auf seine Schuhe.
Ich sehe William an, der mir zunickt.
»Billy, ich möchte dir ein paar Fragen stellen über etwas, das im Haus der Planks passiert ist.«
Der Junge zeigt keine Reaktion, sieht mich weder an, noch sagt er etwas.
»Du bist nicht in Schwierigkeiten«, fahre ich fort. »Ich möchte einfach nur, dass du mir ein paar Fragen beantwortest. Hast du das verstanden?«
Billy sieht seinen Vater an. William Zook nickt. »
Ich had nix dagege.
«
Billy sieht mich an und nickt. »Ja.«
»Deine
Mamm
hat mir erzählt, dass du gern ab und zu bei anderen Leuten ins Fenster siehst. Ist das wahr?«
Er blickt weg, hebt eine Hand und kaut am Fingernagel, nickt zögerlich.
»Hast du auch manchmal bei den Planks durchs Fenster gesehen?«
Billy sieht seine Mutter an. »Kriege ich Ärger?«
»Nein, Billy«, sagt sie. »Beantworte einfach nur Chief Burkholders Fragen.«
»Billy?« Ich lege den Kopf leicht zur Seite und suche seinen Blick. »Hast du bei den Planks ins Fenster gesehen?«
»Manchmal.« Er senkt den Kopf und verschränkt die Hände im Nacken. »Ich gucke mir gern Mary an. Sie ist hübsch.«
»Hast du Sonntagnacht auch ins Fenster gesehen?« Er nickt.
»Kannst du mir sagen, was du gesehen hast?«
Sein Blick schießt zu seinen Eltern, dann zu mir. Sein linkes Bein beginnt zu zittern. Er hebt die Hand, reißt mit den Zähnen am angeknabberten Nagel. Tränen füllen seine Augen.
»Hast du etwas gesehen, das dir Angst gemacht hat?«, fragt Glock.
Zum ersten Mal blickt der Junge Glock an. »Ja.«
Ich spreche leiser, um ihn zu beruhigen. »Erzähl uns, was du gesehen hast, Billy.«
»Einen
Englischen
.«
»Wie hat er ausgesehen?«
»Wie der Teufel.« Beim letzten Wort zittert seine Stimme.
»Weißt du noch, was für eine Haarfarbe er hatte?«
»Erdbeermann.«
»Erdbeermann?« Ich werde aus dem Wort nicht schlau. »Wie meinst du das?«
»Er hatte Haare wie Erdbeeren.«
Meine Enttäuschung ist riesengroß – Todd Long hatte rotblondes Haar. »Wie viele Männer hast du gesehen?«
Billy hält zwei Finger hoch.
Mein Herz überschlägt sich.
Ich habe recht gehabt, es gab einen Komplizen
, ist alles, was ich denken kann. Ein dunkler Gedanke, aber im Moment will ich dem zweiten Täter so sehr an die Gurgel, dass ich schon fast spüre, wie sein Kehlkopf unter meinem Daumen bricht.
»Wie sah der zweite Mann aus?«, frage ich.
Der Junge hat Schwierigkeiten zu antworten, als könnte er mit so einer unpräzisen Frage nichts anfangen. Also grenze ich sie ein. »War seine Hautfarbe weiß?«, frage ich. »So wie meine?«
Billy grinst mich schüchtern an. »Er hatte weiße Haut.«
Glock lächelt ihm zu und zeigt mit dem Daumen nach oben, doch der Junge blickt weg.
»Du machst das klasse, Billy«, sage ich. »Welche Farbe hatten seine Haare?«
Seine Augenbrauen bilden jetzt fast einen Strich, als wäre er mit einer schwierigen Gleichung konfrontiert. Doch dann sieht er mich munter an. »Seine Haare sind wie die von Sam!«, platzt er heraus.
»Sam?« Ich sehe Alma an.
»Sam ist eines unserer Pferde«, erklärt sie. »Ein braunes.«
Ich nicke und sehe wieder Billy an. »War der Mann groß oder klein?«
Billy schüttelt den Kopf. »Ich weiß nicht.«
»Erinnerst du dich, was er anhatte?«
»Hosen.«
Ich lächele. »Weißt du noch die Farbe?«
Wieder schüttelt er den Kopf.
»Und sein Alter? War er alt oder jung?«
»Weiß ich nicht.«
»Was für eine Farbe hatten seine Augen?«, frage ich. »Waren sie braun wie die hier bei Officer Maddox? Oder grün wie meine? Oder blau wie die von deinem
Datt
?«
Er verzieht das
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