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Blutige Stille. Thriller

Blutige Stille. Thriller

Titel: Blutige Stille. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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erwidert das Lächeln. »Und, sehen wir uns das alles nur aus der Ferne an?«
    Ich blicke durch die Windschutzscheibe auf das Meer aus schwarz gekleideten Trauergästen. »Ich denke, wir gehen hin und gucken, wer alles da ist.«
    Wir steigen gleichzeitig aus und gehen zum Friedhof, wobei unsere Stiefel auf dem Kies knirschen. In einiger Entfernung stehen um die hundert schlichte Grabsteine in einer geraden Reihe auf einer Wiese, auf der einst Sojabohnen angepflanzt wurden. Dutzende schwarze Buggys parken hintereinander an einem wenig befahrenen Feldweg. Nahe der Gräber stehen im kalten Nieselregen Familien, junge Paare, Senioren, Kinder und Mütter mit Babys. Die ganze Gemeinde ist versammelt, um den Planks die letzte Ehre zu erweisen. Das ist bei den Amischen so üblich.
    Während die Träger die Särge in den Boden hinablassen, trägt Bischof Troyer eine Lobpreisung auf Pennsylvaniadeutsch vor. Als er fertig ist, sind alle Köpfe gesenkt, und ich weiß, dass die Trauernden jetzt leise das Vaterunser beten. Dass auch mir sofort der Text dazu einfällt, überrascht mich.
    T.J. und ich halten uns im nahen Umkreis auf, zwei Außenstehende, die das Geschehen beobachten. Alles verläuft feierlich und ruhig. Ich versuche, mir so viele Gesichter und Einzelheiten wie möglich einzuprägen. Wonach ich eigentlich suche, weiß ich erst, wenn ich es gefunden habe – wenn mein Instinkt mir sagt, dass etwas nicht stimmt: Ein abseitsstehender Trauergast, ein auffälliges Verhalten, eine Auseinandersetzung, unverhältnismäßig heftiges Weinen oder jemand bricht zusammen. Aber nichts dergleichen passiert, womit sich meine Erfahrung bestätigt, dass das Offensichtliche selten eintrifft.
    Die Sargträger haben die Gräber schon fast ganz mit Erde gefüllt, als ein schlanker junger Mann auf mich zukommt. Er war mir zuvor nicht aufgefallen, was mich wundert, da er außer mir und T.J. als Einziger kein Amischer ist.
    »Chief Burkholder?« Er bleibt vor mir stehen und sieht mich unverwandt an. Ich frage mich, woher er meinen Namen kennt. Er sieht aus wie ein Jungakademiker Anfang zwanzig, mit glattem, zurückgekämmtem Haar und einer Brille mit dunklem, rechteckigem Gestell. Sein dunkelgrauer Maßanzug mit der passenden Krawatte stammt bestimmt nicht von Woolworth. Inmitten all der schwarz gekleideten Amischen wirkt er hier fehl am Platz.
    »Was kann ich für Sie tun?«, frage ich.
    Er hält mir die Hand hin. »Ich heiße Aaron Plank und bin Bonnies und Amos’ ältester Sohn.«

13 . KAPITEL
    Eine halbe Stunde später sitze ich mit Glock und Aaron Plank in meinem Büro. Auf dem Weg zum Revier habe ich Skid angerufen und beauftragt, Aaron Plank durch die Datenbank laufenzulassen, um herauszufinden, ob er ein Strafregister hat. Zu meiner Überraschung gab es zwei Treffer. Einmal wegen Trunkenheit am Steuer mit achtzehn, und es gibt eine Anklage wegen tätlicher Bedrohung mit zwanzig. Beide Male hat er sich schuldig bekannt und für seine Vergehen bezahlt.
    Plank sitzt mir gegenüber, die Beine übereinandergeschlagen. Auf den ersten Blick mag er gelassen erscheinen, aber wenn man ihn eingehender betrachtet, bemerkt man, dass er ständig an seiner Nagelhaut zupft und die feuchten Hände an der Hose abwischt. Er ist ein zurückhaltender, attraktiver Mann mit ernstem Gesichtsausdruck und ehrlichen Augen.
    »Das mit Ihrer Familie tut mir leid«, beginne ich.
    »Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie alle tot sind. Meine Schwestern und meine Brüder. Der kleine Amos.« Er schüttelt den Kopf. »Haben Sie schon einen Verdächtigen?«
    »Wir verfolgen mehrere Spuren.«
    »Ich verstehe nicht, warum jemand so etwas tut. Die Gewalt … mein Gott.« Er wendet den Kopf ab; seine Gesichtsmuskeln zucken.
    »Wie haben Sie es erfahren?«, frage ich.
    »Ein Freund hat es in den Nachrichten gehört und mich angerufen.«
    »Wir haben nach Familienangehörigen gesucht, auch der Sheriff von Lancaster County, aber niemanden gefunden.«
    »Ich bin auch schwer zu finden.«
    »Und warum?«
    Sein Lachen klingt traurig. »Nun, wie Sie sehen, bin ich kein Amischer mehr. Der Sheriff hat wahrscheinlich nach Verwandten in Lancaster County gesucht, aber da gibt es keine mehr.«
    »Keine Tanten oder Onkel?«
    »
Datt
hatte einen Bruder. Wir hatten drei Cousins.« Er presst die Lippen zusammen. »Sie sind vor sechs Jahren mit einem Buggy tödlich verunglückt.«
    »Das sind ziemlich viele Tragödien für eine Familie.«
    »Es war absolut furchtbar.«
    Ich gebe

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