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Blutige Stille. Thriller

Blutige Stille. Thriller

Titel: Blutige Stille. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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weiß, es ist hart«, erwidere ich. »Aber ich muss dieses Verbrechen aufklären, und deshalb muss ich unbequeme Fragen stellen.«
    »Ich habe sie nicht umgebracht.«
    »Das hat auch niemand behauptet.« Ich atme durch, werde zunehmend ungeduldig. »Setzen Sie sich, bitte.«
    »Sie behandeln mich wie einen Verdächtigen, verdammt nochmal.«
    Ich verdächtige Aaron nicht, aber das werde ich ihm nicht sagen. Bevor ich ihn vom Haken lasse, muss ich genau wissen, was in der Familie vorgegangen ist, und zwar vor allem die Dinge, über die keiner reden will. »Sie haben ein Motiv, Sie stehen im Polizeiregister und haben ein wackliges Alibi.«
    »Ich habe meine Familie das letzte Mal vor vier Jahren gesehen!«
    »Viel Zeit, um Wut zu nähren. Manchmal wollen solche Gefühle einfach nicht verschwinden.«
    »Brauche ich einen Anwalt?«
    »Sie haben ein Recht darauf.«
    »Ich habe nichts verbrochen, und ich werde mir weder von Ihnen noch von sonst jemandem etwas anhängen lassen.«
    Ich starre ihn eindringlich an, will in seinen Kopf sehen, sein Herz. »Haben Sie Ihre Familie umgebracht?«
    »Nein!« Mit zittriger Hand reibt er sich die Stirn und sinkt zurück auf den Stuhl. »Ich habe sie geliebt. Alle. Ich hätte ihnen niemals wehtun können. Niemals.«
    ***
    »Glauben Sie ihm?«, fragt Glock ein paar Minuten später.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es getan hat.« Ich sitze an meinem Schreibtisch und beobachte durch die Jalousien, wie Aaron Plank in einen ziemlich neuen Toyota Camry einsteigt. »Aber möglicherweise verschweigt er etwas.«
    Glock hebt die Augenbrauen. »Meinen Sie damit Ihre Frage, ob seine Schwester einen Freund hatte?«
    Ich nicke, erleichtert, nicht als Einzige Planks Zögern bei der Beantwortung dieser Frage bemerkt zu haben. »Ich glaube, er lügt, was den Kontakt zu seiner Schwester betrifft.«
    »Warum sollte er?«
    »Keine Ahnung.«
    Er sieht mich an. »Schwer zu sagen, wann jemand lügt.«
    »Was genau das Problem bei Lügnern ist. Es gibt gute und mittelmäßige. Der Unterschied zwischen beiden ist nur, dass die guten Lügner fest daran glauben, dass sie die Wahrheit sagen. Und es ist ja auch so: Wenn man eine Lüge oft genug wiederholt, glauben die Leute sie irgendwann.«
    »Adolf Hitler«, sagt Glock.
    Ich sehe, wie Aaron Plank wegfährt. »Wenn jemand es schafft, sich selbst davon zu überzeugen, dass seine Lüge aber doch die Wahrheit ist, kann man es im Grunde nicht mehr als Lüge bezeichnen.«
    ***
    In den nächsten zwanzig Minuten grabe ich alles über Aaron Plank aus, was es gibt. Ich finde den Bericht seiner Festnahme und der damaligen Überprüfung, das Gerichtsurteil. Doch außer der Jugendstrafe, der Trunkenheit am Steuer und der tätlichen Bedrohung gibt es nichts Interessantes. Er ist Graphiker, lebt in einer guten Gegend in Philadelphia, in der es viele alte restaurierte Häuser gibt und einen hohen Anteil an Schwulen. Nicht gerade das Profil eines Mörders. Doch die Exkommunikation kann für einen jungen Amischen ganz schön hart sein. Mit siebzehn Jahren musste Aaron sich praktisch neu erfinden und noch einmal von vorne anfangen. Hass kann eine starke Triebfeder sein. Hasste er seine Eltern so sehr, dass er die ganze Familie umgebracht hat?
    Scheint mir keine brauchbare Theorie. Zumal ich mir kaum vorstellen kann, dass er seine Schwestern foltert und den Fötus aus Marys Gebärmutter schneidet. Wenn die Befragung Aarons mir eines gezeigt hat, dann, dass er ein emotionaler Mensch ist, aber kein Soziopath. Davon abgesehen darf man Mary Planks mysteriöse Beziehung nicht vergessen, ihre Schwangerschaft und das Sperma in ihrem Körper. Natürlich könnte Aaron einen Profikiller beauftragt haben, und die Folter wäre nur ein Ablenkungsmanöver für die Polizei gewesen, aber das scheint mir zu sehr konstruiert.
    Ich überprüfe auch Aarons Partner Rob Lane, doch der ist total sauber. Bei einer Googlesuche erscheint er als Autor von zwei Büchern. Ich gehe zu Amazon, gebe seinen Namen ein und klicke auf den Titel:
Amish Country: Ein Ort des Friedens
 – ein sehr schöner Bildband voll künstlerischer Schwarzweißfotos, Kunsthandwerk und literarischer Texte. Sein Stil ist reichlich avantgardistisch, aber er hat offensichtlich Talent.
    Ich durchforste mein Notizbuch nach der Telefonnummer, die Aaron mir gegeben hat, und rufe in Robs Büro an. Er ist ein eloquenter junger Mann, der gerade einen Redaktionsjob bei einer bekannten Zeitschrift an Land gezogen hat. Gegen meinen

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