Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)
genauestens über die Bemühungen ihres Adonis, einen Aufnahmevertrag zu kriegen, und die fehlgeschlagenen Versuche ihres Mitbewohners Craig, über match.com die Liebe seines Lebens aufzutun, Bescheid. Ganz nebenher hatte mich meine Freundin mindestens so gründlich nach dem Stand meiner Beziehung zu dem schicken Andrew Piernan ausgequetscht.
Ich lag gemütlich auf dem Teppich vor der Couch und spürte, wie die Anspannung des Tages von mir abfiel, während mich Lola unterhielt. Selbst als um neun mein Handy schrillte, rührte ich mich nicht vom Fleck.
»Ich gehe für dich dran«, Lola rannte in den Flur, tauchte einen Moment später wieder auf und flüsterte mir mit aufgeregter Stimme »Es ist Andrew« zu.
»Na, wie war der Urlaub?«, fragte ich.
»Schweineteuer. Rate mal, wie viel man heutzutage für einen stinknormalen Kaffee auf den Champs-Élysées hinblättern muss?«
»Los, schockier mich.«
»Zehn Euro. Aber wenigstens hat Eleanor ihren Geburtstag umfänglich genossen. Ich würde sie dir wirklich gern mal vorstellen.« Es rauschte derart laut im Hintergrund, als stünde er am Rande einer Autobahn.
»Wo bist du?«, fragte ich.
»Ich bin noch auf einen Drink in einem Pub. Hör zu, Alice, kann ich später noch bei dir vorbeikommen?«
»Wie du ja schon mitbekommen hast, ist heute Abend Lola hier. Können wir uns vielleicht morgen Abend gegen sieben sehen?«
Er stöhnte. »Das ist ja noch eine halbe Ewigkeit.«
»Wenn du dich geduldest, gehe ich vielleicht sogar so weit und spendiere uns was vom Chinesen oder so.«
»Es ist einfach unglaublich, wie du mich verwöhnst.« Abermals rauschte ein Wagen dicht an ihm vorbei, bevor eine gutgelaunte Mädchenstimme seinen Namen rief. »Ich kann es nicht erwarten, dich endlich wiederzusehen.«
Ehe ich auch nur auf Wiederhören sagen konnte, hatte er schon wieder aufgelegt, und ich verspürte einen Hauch von Eifersucht. Denn statt irgendeiner fremden Frau, deren brüllendes Gelächter mir bereits durchs Telefon entsetzlich auf den Keks gegangen war, wollte ich diejenige sein, die ihm gegenüber in der Kneipe saß, während er erzählte, wie es in Paris gewesen war.
Lola blickte mich mit ihrem breiten Katzengrinsen an und fuhr dann mit ihrer Rede fort. Dabei ging sie so in der Beschreibung ihrer Pläne für das zukünftige Glück mit ihrem Liebsten auf, dass ich ungestört von meinem Wiedersehen mit Andrew träumen konnte, und das fröhliche Geplapper meiner Freundin in den Ohren, bekam ich zum ersten Mal seit Tagen wieder richtig Luft.
31
Lola hatte sich am Schluss des Abends einfach auf dem Bett im Zimmer meines Bruders ausgestreckt. Nach dem Aufstehen setzte ich uns Kaffee auf, kehrte in mein Schlafzimmer zurück und durchwühlte meinen Kleiderschrank. Der nicht ein einziges auch nur entfernt verführerisches Stück für mein abendliches Date enthielt. Also müsste Andrew sich mit mir in einem Sommerkleid und einem meiner schwarzen Baumwollslips begnügen, doch nach all der Warterei wäre ihm das mit ein bisschen Glück vielleicht egal.
Natürlich merkte Lola gleich, wie aufgeregt ich war. Grinsend schaufelte sie eine Riesenmenge Müsli in sich rein, und ich war froh, dass mein Gemütszustand ihr derart früh am Morgen ein gewisses Maß an Unterhaltung bot.
Als ich das Haus verließ, erstrahlte der Himmel abermals in einem gnadenlosen, leuchtend hellen Blau, aber trotzdem schien das Wetter sich unmerklich zu verändern.
Immer wieder tauchte Andrew in meinen Gedanken auf. Ich konnte mir gut vorstellen, morgens aufzuwachen und in seinem Arm zu liegen, und zu meiner Überraschung schreckte diese Vorstellung mich nicht im Geringsten ab.
Während ich noch meinen Träumen nachhing, passte Hari mich am Eingang unseres Krankenhauses ab. Mit seinem gutgeschnittenen Anzug und dem permanenten Lächeln verkörperte er wie gewohnt den Inbegriff von Freundlichkeit und Eleganz.
»Du siehst glücklich aus, Alice. Liegt es an dem vielen Sonnenschein?«
»Wahrscheinlich.«
»Hast du Zeit, um unseren Mr Campbell zu besuchen? Ich würde gerne sehen, wie es ihm geht.«
»Ist es dafür nicht noch zu früh?«
Hari unterzog mich einer ruhigen Musterung. »Ich muss sehen, wie er auf dich reagiert. Keine Angst, ich werde bei dir sein. Es kann dir nichts passieren.«
Widerstrebend folgte ich ihm quer über den Platz. Als wir die Psychiatrie erreichten, schlug dort ein älterer Mann in Drei-Sekunden-Intervallen und mit einem Ausdruck grimmiger Befriedigung den Kopf gegen die
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