Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)
Geschäftsleute dort weiter ihrer Arbeit nach und rannten unter schwarzen Schirmen von einem Termin zum anderen. Ich sah auch die Angel Bank, die immer noch ein imposantes Bauwerk war, obwohl man sie geschlossen hatte und die Unternehmensleitung in diversen Kühlfächern im Leichenschauhaus lag. Aber das war dem Finanzdistrikt anscheinend vollkommen egal. Die Geschäfte würden bald von einem anderen Bankhaus übernommen, das unter der Leitung eines neuen Gurus stand.
Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand, kann mich aber noch genau daran erinnern, dass ich mir in dem Bemühen, die Enge meiner Brust zu lösen, irgendwann noch einen Whiskey holte.
Keine meiner gewohnten Bewältigungsstrategien funktionierte mehr. Normalerweise tat ich alles, um über gleich welchen Schmerz hinwegzugehen: vergrub mich in meiner Arbeit, rannte kilometerweit oder zog mit Lola um die Häuser. Doch an diesem Morgen gab es für mich kein Entfliehen. Ich kniff die Augen zu, aber das Bild von Andrew tauchte nicht mehr auf.
Ich hatte mich geirrt, als ich gedacht hatte, in seiner Wohnung könnte ich endgültig Abschied von ihm nehmen. Weil sein Geist schon längst daraus verschwunden war. Das Einzige, was er zurückgelassen hatte, waren ein paar teure Möbel, ein Regal voller Romane über Abenteuer, die er selbst nie mehr erleben würde, und der seltsam sterile Geruch von Einsamkeit. Aber wenigstens der Whiskey hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Bald fände ich bestimmt die Kraft, um nach Hause zu fahren, obwohl ich dort dem ungebremsten Mitleid meiner Freundin und dem bunten Warhol-Schmetterling in seinem schlichten Rahmen ausgeliefert war.
Ich ließ mich auf die Kante eines Hockers sinken und schwor mir, nie mehr vor dem Frühstück Alkohol zu trinken, weniger zu arbeiten, endlich damit aufzuhören, mir Gedanken über Will zu machen, und den Marathon in einer anständigen Zeit zu laufen und auf diese Weise aller Welt zu zeigen, dass ich alles andere als ein Schwächling war.
Dann sah ich auf die Kuppel von St. Paul’s. Der helle Stein, der sich vom dunklen Himmel abhob, war so bleich wie das Gesicht von Burns, als er heute früh erschöpft und gleichzeitig erleichtert mit mir aufs Revier gefahren war. Ich trank die letzten Tropfen meines Whiskeys aus und zwang mich, wieder aufzustehen.
Es regnete noch immer leicht, als ich das Haus verließ. Doch meine Kleider waren bereits so durchnässt, dass ich auf dem Weg zurück zu meinem Wagen auf dem Gehweg stehen blieb und mir das Gesicht von den weichen Tropfen massieren ließ. Währenddessen fuhr ein Mann auf einem Roller dicht an mir vorbei und verlangsamte sein Tempo, um sich mich genauer anzusehen.
Seltsam, dass man oft infolge einer Kleinigkeit vollkommen aus dem Gleichgewicht geriet. Seine Lambretta sah viel neuer und vor allem sauberer als die von Darren aus, aber plötzlich kniete ich wieder an seiner Seite, sah, wie seine Augen trübe wurden, und brach unversehens in Tränen aus.
Das Wetter bot mir die perfekte Tarnung. Niemand, der an mir vorüberfuhr, hätte auch nur geahnt, wie es mir ging. Alles, was die Leute sahen, war eine dünne blonde Frau in einem weißen Regenmantel, die in Richtung Himmel blickte und sich freute, weil die lange Dürrezeit endlich vorüber war.
Danksagung
Ich danke Teresa Chris, die ein leidenschaftlicher, und Ruth Tross, die ein rundum guter Engel ist. Ohne die außerordentliche Hilfe dieser beiden Frauen hätte ich dieses Buch niemals geschrieben. Ein ebensolcher Dank gilt Dave Pescod, Miranda Landgraf und dem 134 Club für ihre Lektüre und ihre klugen Ratschläge sowie dem freundlichen und hilfsbereiten Personal der National Gallery, das sein Wissen über Engel und Kunstgeschichte bereitwillig mit mir geteilt hat. Vielen Dank auch DC Laura Myles für ihre nette Gesellschaft und dafür, dass sie mir geholfen hat, die Arbeit der Polizei möglichst realistisch darzustellen.
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