BLUTIGER FANG (German Edition)
bildeten zwei Gruppen: Während Linda und Bronco auf der Seite der Damenbekleidung zu den Rolltreppen hinüberschlichen, hielten Joel und Frank auf der anderen Seite darauf zu, von dort, wo das Büro des Pförtners, die Lebensmittelabteilung und dahinter, schon auf der Höhe der Rolltreppen, die Herrenabteilung lag.
Joel schlug das Herz bis zum Hals. Er vermutete, dass es den anderen auch so ging. Doch wollten sie der Anspannung standhalten. Sie alle hatten den Anspruch, sich nicht ganz so leicht vertreiben zu lassen; jetzt, wo sie schon so weit gekommen waren.
Wer war da lange nach Ladenschluss in das Kaufhaus gekommen? Eines schien klar zu sein: Die Nachtwächter konnten es kaum sein, denn die kamen erst in etwa anderthalb Stunden. Wer also, zum Teufel, kam da um halb zehn an und hatte auch noch die Frechheit, den Haupteingang zu benutzen?
Die Löwen waren wie von Elektroschockern gepiekst aufgesprungen und hielten sich zwei, drei Meter vom Eingang zum Restaurant entfernt auf. Die Glastüren, an die sie sich bis eben noch gelehnt hatten, waren einfach weg; sie waren in der Wand zu beiden Seiten verschwunden.
Sie witterten aus sicherer Entfernung ins Restaurant.
Das Mondlicht fiel auf ihre ockergelben Felle und ihre Konturen hoben sich auf der recht hell ausgeleuchteten Terrasse jetzt deutlich sichtbar ab.
Der Pascha grummelte leise.
Das Restaurant lag still und dunkel vor ihnen. Das einzige Licht kam von einem Bufett, dessen schwach leuchtende Verzierungslampen eingeschaltet waren. Dahinter, dort, wo der Ausgang zu den Kaufabteilungen im 1. Stock lag, war alles duster. Und das Einzige, was sie hörten, war das Summen eines Kühlgenerators, der zufällig gerade abschaltete.
Noch waren die Löwen draußen und musterten die Lage.
Unvermittelt setzte der Pascha eine Pranke nach vorn, und noch eine, dann noch eine. Plötzlich stand er an der Schwelle zum Restaurant und trat ein. Er ging ein paar Schritte weiter und kam zum Bufett. Der Löwe hob seinen massigen Kopf und witterte in die Auslagen. Das scharf gewürzte Zeug interessierte ihn nicht.
Die beiden Löwinnen folgten ihm zögerlich, wobei sie alle Seiten nach einer möglichen Gefahr absicherten. Den Tieren wurde aber schnell klar, dass ihnen hier keine Gefahr drohte. Wäre etwas – ob Mensch oder Tier – hier gewesen, hätten sie das mit ihren feinen Sinnen längst wahrgenommen.
Sie machten noch ein paar Schritte ins Restaurant, blieben wie auf Kommando stehen und lauschten. Ein sehr verhaltenes, gleichmäßiges Geräusch drang von draußen an ihre Ohren. Doch die mechanische Regelmäßigkeit des Geräuschs signalisierte, dass es nicht von einem Lebewesen stammte, das eine Gefahr bedeuten konnte.
Die Löwen setzten sich erneut in Bewegung, flitzten, als hätten sie ein gemeinsames Ziel ausgemacht, über den Hauptdurchgang des Restaurants und hielten auf den Ausgang zu, der in die Kaufabteilungen hinausführte.
Dann verlangsamten sie den Schritt und schlichen an einer langen Bar vorbei.
Als sie die Bar passiert hatten, schwenkten sie links um und verschwanden in der Ecke, die unweit des Ausgangs völlig im Dunkeln lag. Von dort hatten sie zudem die Möglichkeit zu einem Blick nach draußen in die Kaufabteilungen.
Kein Zweifel: Die Tiere hatten sich instinktiv die beste Beobachterposition innerhalb des Restaurants ausgesucht und waren dabei selbst erstklassig in Deckung.
Sie saßen eng beieinander und bewegten sich nur wenig. Mitunter hob und senkte sich ein Kopf oder veränderte ein Ohr die Stellung, um der Richtung eines Lauts zu folgen, der aus den Kaufabteilungen hereindrang.
Das Restaurant war ziemlich geräumig. Es gab eine Bar sowie einen Durchgang von den Kaufabteilungen des 1. Stocks zur Hochterrasse. Kam man, wie eben die Löwen, von dort herein, so war links, noch in der Nähe des Terrassenausgangs, das Bufett, hinter dem ein Seitenausgang zu den Toiletten führte. Noch weiter geradeaus kam die Bar, die in der Länge etwa ein Drittel des Restaurants einnahm. Hinter der Wand an der Bar und oben an der Decke klebten große Spiegelflächen, sodass man als Barbesucher den an den Tischen im Restaurant sitzenden Gästen beim Essen zusehen konnte, ohne sich umdrehen zu müssen. Am vorderen Ende der Bar kam nach zwei, drei Metern die Eckwand, wo die Löwen jetzt ihre Deckung suchten.
Rechts vom Hauptdurchgang waren nur Tische und Stühle. Auf dieser Seite gab es auch einen Notausgang, der ins Treppenhaus führte und von da ins Freie
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