Blutiger Freitag
sagen, bevor er nicht absolute Gewissheit hatte. Er durfte es nicht vermasseln. Maggie zählte auf ihn.
Zuerst war Patrick der Gang des Mannes aufgefallen. Die Art, wie er die Schultern hielt, nach unten gedrückt, die Brust raus, fast wie ein Soldat. Ja, das war es. Der Projektmanager bewegte sich wie ein Soldat, immer in Haltung, stets alles und jeden im Auge. Im Laufen drehte er fast unmerklich den Kopf hin und her, ständig seine Umgebung beobachtend.
Unauffällig versuchte Patrick ihn einzuholen, immer bemüht, nicht loszurennen. Er wollte den Typ nicht in der Menge verlieren.
Der Mann bog um die Ecke, als wollte er zur Rolltreppe. Patrick wartete einen Augenblick. Er tat so, als würde er die Nachrichten auf seinem Handy überprüfen. Auf keinen Fall durfte er ihm zu dicht folgen, vor allem nicht auf der Treppe. Er würde von der anderen Seite aus hochgehen. Vielleicht konnte er ihn dann von vorn erwischen und besser sehen.
Er wandte sich um. Der Typ stand genau vor ihm.
„Schon vergessen, dass ich dein Gesicht kenne?“, sagte er.
Grinsend drängte er Patrick gegen die Wand der Rolltreppe und versperrte ihm den Fluchtweg mit seinem schweren schwarzen Rollkoffer.
77. KAPITEL
Maggie lehnte sich ans Geländer und sah auf ihre Uhr. Es ist noch keine fünf Minuten her, sagte sie sich. Gerade erst hatte sie mit Nick gesprochen. Aber es kostete sie Mühe, nicht erneut anzurufen.
Wenn Nick und Patrick den Projektmanager durch eine der Türen kommen sahen, würden sie sofort Bescheid sagen. Es sei denn, er sah so verändert aus, dass sie ihn nicht erkannten.
Hör auf, ermahnte sie sich. Mach dich nicht verrückt.
War es möglich, dass der Projektmanager doch jemand anders mit dem Koffer losgeschickt hatte? War derjenige schon längst hier gewesen und hatte die Tasche irgendwo abgestellt?
Sie ließ den Blick über die Etage unter sich schweifen, wo inzwischen reger Betrieb herrschte. Massen von Passagieren und Gepäck überall, Kleinkinder, die an den Händen ihrer Eltern zerrten, Senioren, die sich vorsichtig durch die engen Lücken vorarbeiteten.
Maggie hielt nach liegen gelassenen Taschen oder Koffern Ausschau. Gepäckstücke, die sich nicht mit der langsam vom Fleck kommenden Warteschlange weiterbewegten.
Wurth ging an ihr vorbei, immer am Geländer entlang. Er tat dasselbe, suchte nach zurückgelassenen Gegenständen. Unten überprüfte Kunze jeden auffälligen Koffer und jede herumliegende Tasche.
Maggie wollte gerade Patrick anrufen, als sie ihn plötzlich hinter der Rolltreppe vorkommen sah. Er zog einen schwarzen Rollkoffer hinter sich her. Sie glaubte, ihr Herz würde stehen bleiben, noch bevor sie die Handschellen an seinen Gelenken bemerkte.
„Er hat Patrick!“, sagte sie durch ihr Headset.
„Ja, genau so ist es“, tönte eine ihr unbekannte Stimme durch den Kopfhörer.
78. KAPITEL
Patrick konnte von hier unten Maggies Gesicht nicht erkennen. Die ganze Zeit musste er sich bemühen, sich nicht nach ihr umzudrehen. Darauf wartete der Projektmanager nur. Er konnte mit Patricks Headset die Kommunikation verfolgen und mit den anderen reden, aber er wusste nicht genau, wer sie waren und wo sie standen. Inzwischen hatte er sich ungefähr zehn Meter von ihm entfernt außerhalb des Gedränges hingestellt und lauerte darauf, dass Patrick ihm ihre Standorte verriet.
Verflucht noch mal! Er hatte es echt vermasselt!
Alles war so schnell gegangen. Im einen Moment war der Typ vor ihm aufgetaucht. Im nächsten stand er hinter Patrick und fesselte ihn mit Handschellen an den Griff eines großen schwarzen Rollkoffers.
Patrick hatte sich anfangs wirklich nicht sicher sein können, weil der Kerl so völlig anders aussah. Im Einkaufszentrum hatte er eine Baseballkappe getragen, sein Haar war viel länger und dunkel gewesen. Inzwischen trug er es kurz und fast weißblond gefärbt. Er hatte außerdem einen Bart gehabt, einen gestutzten Ziegenbart. Jetzt war er glatt rasiert. Er trug ein Golfhemd, ein marineblaues Leinenjackett, Kakihosen und Lederschuhe. Doch es war der Gang gewesen, der Patricks Aufmerksamkeit erregt hatte. Als er dem Typen dann in die Augen hatte sehen können, war es zu spät gewesen.
Irgendwo dort hinten entdeckte Patrick Kunze. Er musste sich zurückhalten, um nicht zu direkt hinzusehen. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass Kunze offensichtlich ebenfalls vermied, ihn anzusehen. Er sprach mit einer Frau vom Reinigungspersonal, die dort mit ihrem Karren stand.
Dann sah er doch nach
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