Blutiger Freitag
Geschäfte waren inzwischen geschlossen und mit Metallgittern gesichert, sodass es unmöglich war, sich in einem der Läden zu verstecken.
Rebecca behielt ihr schnelles Tempo bei. Eine weitere Gruppe von Leuten strömte auf die nächstgelegene Rolltreppe nach unten zu. Sie rannte ihnen nach und mischte sich unter sie. Ein kurzer Blick über die Schulter zurück. Er war ebenfalls auf der Rolltreppe, ganz oben, nicht mal drei Meter von ihr entfernt.
Rebecca griff mit der Linken nach dem Handgeländer und riss sofort wieder den Arm zurück.
Blut. So viel Blut überall.
Ihre Finger klebten davon. Als sie feststellte, dass es ihr eigenes war, wurde ihr erneut übel. Die Wunde in ihrem Arm war doch schlimmer, als sie gedacht hatte.
In der Rechten hielt sie das Handy und tippte wieder eine Nachricht ein.
WO BIST DU?
„Becca!“
Als sie ihren Namen hörte, drehte sie sich um.
Kennt der Typ mich?
Sie sah, dass der Mann sich ebenfalls umdrehte, und folgte seinem Blick. Da stand Patrick über das Geländer gelehnt im zweiten Stock und winkte ihr zu.
Patrick, der gute, zuverlässige Patrick.
Er sah sie besorgt an. Etwas Dunkles war auf seinem Gesicht verschmiert. Er wedelte mit einem blutgetränkten Taschentuch.
Sie lächelte ihm zu.
Gott sei Dank! Wie gut, dass er da ist.
Sie fühlte sich ein bisschen erleichtert. Es würde schon alles gut gehen. Sie würde das hier überstehen. Sie war nicht allein. Inzwischen hatten sie fast das Erdgeschoss erreicht. Sie würde sich so lange in der Gruppe von Leuten verstecken, bis Patrick sie eingeholt hatte. Noch ein Blick nach oben, und sie sah, dass er gerade die Rolltreppe nach unten bestieg. Der Mann mit der Sanitäterkappe hatte ihn ebenfalls gesehen. Er hielt etwas in der Hand, etwas, das kurz im Licht reflektierte, bevor er es wieder in der Jacke verbarg.
Ein Messer? Eine Pistole? Eine Spritze?
Wieder ein Signalton. Hatte Dixon ihr noch eine SMS geschickt?
BIN IM ST. MARY’S. KOMM HER. TRAU NIEMANDEM! NICHT MAL PATRICK!
17. KAPITEL
Im Flugzeug
Maggie legte den Hefter beiseite. Wurths Telefonat interessierte sie mehr. Er machte sich, wie es schien, peinlichst genaue Notizen, während er nickte und ab und zu ein „Ja, verstehe“ einwarf. Für die anderen, die neben ihm saßen und zuhörten, war es unmöglich, herauszufinden, worum es ging.
FBI Assistant Director Kunze machte sich nicht die Mühe, seine Ungeduld zu zügeln. Er drehte sich zu Wurth um, hob beide Hände mit den Handflächen nach oben und nickte bedeutsam. Es war eine nicht gerade zurückhaltende Aufforderung, ins Bild gesetzt zu werden. Wurth ignorierte ihn. Er machte sich weiterhin Notizen in seinem ledergebundenen Filofax, unterstrich einzelne Worte und setzte nachträglich ein paar vergessene Punkte. Maggie interpretierte das als nervöse Angewohnheit eines Mannes mit überbordender Energie. Und noch eine weitere Verhaltensweise Wurths’ fand sie sehr interessant: Er hielt seine Informationen unter Verschluss und beachtete die anderen um ihn herum scheinbar gar nicht. Womöglich beherrschte Wurth ebenfalls ein paar politische Schachzüge.
„Drei Bomben“, berichtete er nach einer Weile seinen Gegenübern, während er das Handy ausschaltete. „Der Sicherheitsdienst hat heute Morgen mindestens drei Männer mit identischen roten Rucksäcken im Einkaufszentrum beobachtet. Wenige Minuten vor den Explosionen wurde mit der Suche nach ihnen begonnen.“
„Araber?“, erkundigte sich Foster sofort.
„Die Kameraaufnahmen sind ziemlich schlecht“, entgegnete Wurth. „Momentan will sich da noch niemand festlegen. Jetzt konzentrieren sie sich erst mal darauf, herauszufinden, ob es noch mehr Bomben in der Mall gibt. Einige dieser krankhaften Typen holen sich ihren Kick, indem sie auf die ersten Hilfseinheiten warten, um sich die auch noch vorzunehmen.“
Daran erinnerte Maggie sich nur zu gut. Genau so war es abgelaufen, als sie und Cunningham auf eine angebliche Bombendrohung reagiert hatten. Eine ruhige Vorortgegend. Ein ganz normales Wohnhaus. Nur waren die Frau und ihre Tochter gar nicht das eigentliche Ziel der Attentäter gewesen. Maggie holte tief Luft. Sie wollte es lieber verdrängen, wollte es nicht zum hundertsten Male in Gedanken durchleben.
Sie sah zu Kunze hinüber, der seinen Krawattenknoten lockerte, während er sich den letzten Bissen eines Bagels mit Frischkäse in den Mund schob. „Wie viele sind denn dabei getötet worden?“, erkundigte er sich beim Kauen und wischte sich
Weitere Kostenlose Bücher