Blutiger Freitag
dieser Typ etwas in der Hand, das aussah wie ... Verdammt, es sah aus wie eine Spritze! Niemand von den Rettungsleuten, mit denen Patrick bisher zusammengearbeitet hatte, würde sich einem Verletzten mit der Spritze in der Hand nähern!
„He!“, schrie Patrick, aber seine Stimme ging in dem allgemeinen Tumult unter.
„Rebecca!“, rief er gleich darauf, im selben Augenblick fuhr sie hoch. Doch sie hatte ihn nicht gehört. Sie war erstaunlich schnell aufgesprungen, stieß dem Typen einen halben Tisch vor die Füße und rannte in die entgegengesetzte Richtung.
Der Mann stolperte, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. Er steckte die Spritze in die Tasche und lief hinter Rebecca her, nachdem er zwei junge Mädchen aus dem Weg gestoßen hatte. In diesem Chaos nahm überhaupt niemand davon Notiz.
Patrick verfolgte die beiden.
Was, zum Teufel, war denn das?
15. KAPITEL
Washington, D. C.
Die Air Force Base verschwand unter ihnen, und Maggie zwang sich, nicht aus dem Flugzeugfenster zu blicken. Mit Killern konnte sie umgehen. Doch wenn sie elftausend Meter über dem Boden schwebte und fremden Mächten ausgeliefert war, musste sie sich immer noch gewaltig zusammenreißen.
Sich zusammenreißen oder einen Scotch trinken. Pur.
Es tat nichts zur Sache, dass es sich hier um einen Privatjet mit bequemen Ledersesseln handelte. Ganz im Gegenteil. Um alles noch schlimmer zu machen, saß ihr Assistant Director Ray Kunze gegenüber, daneben Allan Foster, der silberhaarige Senator von Minnesota. Links von Maggie hatte Charlie Wurth Platz genommen, der stellvertretende Direktor des Heimatschutzministeriums. Nachdem die drei Herren einige allgemeine Höflichkeitsfloskeln, spitze Bemerkungen und dann die üblichen betroffenen Kommentare ausgetauscht hatten, schwiegen sie endlich. Maggie lehnte sich zurück und schloss die Augen.
„Sie haben uns gewarnt“, legte Senator Foster plötzlich wieder los.
„Wir werden schnell genug erfahren, ob das eine terroristische Organisation oder nur ein einzelner Verrückter war.“ Kunze sah zu Maggie hinüber und nickte bedeutungsschwanger. „Unsere geschätzte Spezialagentin O’Dell wird uns mithilfe der Videoaufzeichnungen bald sagen können, nach wem wir suchen müssen.“
„Wie sahen die Warnungen denn aus?“, erkundigte sich Maggie beim Senator, statt Kunze zuzustimmen oder irgendwelche Versicherungen von sich zu geben.
„Wir haben die Authentizität noch nicht bestätigen können“, erwiderte Kunze anstelle des Senators. „Aber ich bin sieher, wenn wir die Bilder der Sicherheitskameras ausgewertet und die Augenzeugenberichte gehört haben, werden wir in der Lage sein, zu bestimmen, ob diese Warnungen mit den tatsächlichen Tätern in Verbindung zu bringen sind.“
Maggie starrte Kunze an. Redete er immer so? Als stünde er vor einer Fernsehkamera und einem Haufen Reportern?
„Ich bin nur neugierig“, sagte sie und zuckte mit den Schultern. „Warnungen verraten meist mehr als beabsichtigt.“
Senator Foster sah sie an und nickte. „Das stimmt allerdings.“ Und dann, als wolle er jeden Protest abwürgen, fügte er hinzu: „Und diese Warnungen sind im Augenblick alles, was wir haben.“
„Sie sagten, der Sicherheitsdienst hätte Videoaufnahmen“, begann Kunze an Wurth gerichtet und hielt dabei erneut sein Gesicht in eine imaginäre Fernsehkamera.
„Ja, es müssten Videoaufnahmen vorhanden sein“, erwiderte Wurth, dessen ruhige Art Kunze wie einen Hysteriker erscheinen ließ. „Aber Sie wissen ja, wie diese Sicherheitsdienste arbeiten. Sie achten mehr auf Ladendiebstähle als auf potenzielle Bombenleger. Wir können von Glück reden, wenn wir einen der Terroristen gefilmt haben. Immer vorausgesetzt, dass niemand die Kameras manipuliert hat.“
Maggie wusste, dass Wurth den Untersuchungsausschuss im Fall von Hurrikan Katrina geleitet hatte. Er besaß den Ruf, Dinge aufzudecken und zu klären. Im Gegensatz zu seinem FBI-Kollegen und dem Senator war Wurth wohl der Letzte, der sich über die strenge Einhaltung des Protokolls Gedanken machen würde.
Äußerst erfrischend, dachte Maggie, während sie den kleinen drahtigen Mann beobachtete, der gerade einen Ordner aus seiner Aktentasche zog. Endlich mal jemand, der nicht schon im Vorfeld versuchte, seinen Aufgabenbereich einzugrenzen und sich aus der Verantwortung zu stehlen. Den anderen beiden ging es doch nur darum, die eigene Haut zu retten.
Kunze kramte einen Hefter aus seiner überquellenden Tasche hervor
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