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Blutiger Freitag

Blutiger Freitag

Titel: Blutiger Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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seine ursprüngliche Mission aus den Augen verloren. Durch seinen Stolz und diesen verdammten Idealismus hatte er alles andere zerstört. Wie, zum Teufel, konnte er das je wiedergutmachen?
    Die lokalen Fernsehsender berichteten immer noch live aus der Mall of America. Gerade lief eine Pressekonferenz. In der unteren Ecke des Bildschirms wurde eine Verfolgungsjagd gezeigt, die offenbar kurz davor stattgefunden hatte. Immer noch gab es keine genauen Angaben über die Anzahl der Todesopfer. Man schätzte, dass es zwischen fünfundzwanzig und fünfzig gewesen waren. Und es gab Hunderte von Verletzten.
    Henry presste sich die Handballen gegen die Schläfen und rieb dann die Hände gegeneinander. Seine Finger zitterten. Er blickte über den Flur. Wo, zum Teufel, blieb Dixon? Die Krankenschwestern hatten Henry vorhin gesagt, dass er das Telefon im Wartezimmer benutzen könne. Er griff nach dem Hörer und tippte die Nummer seines Handys ein.
    Manchmal musste man den Jungen an seine Verpflichtungen erinnern. Die Familie sollte zusammenhalten. Und zum Teufel noch mal! Er wollte Dixon hier an seiner Seite haben! Es gefiel ihm nicht, dass er sich irgendwo anders herumtrieb und sich mehr um seine Freunde als um seine Großmutter kümmerte.
    Es klingelte vier-, fünfmal, bevor eine Stimme antwortete, die Henry nicht kannte.
    „Du hast ja ziemlich lange gebraucht.“
    „Wer spricht da?“
    „Das tut nichts zur Sache. Aber bestimmt möchtest du doch mit deinem Enkelsohn reden.“
    Im Hintergrund waren unverständliche Stimmen zu hören, dann: „Granddad? Was soll das alles bedeuten?“
    Dixons Stimme klang, als befände er sich ein Stück vom Mobiltelefon entfernt. Dann hörte Henry plötzlich einen schmerzvollen Aufschrei des Jungen.
    Und im nächsten Moment gaben seine Knie unter ihm nach.

42. KAPITEL
    Patrick war jetzt lange genug im Hotel umhergelaufen. Er hatte jeden Flur auf jeder Etage überprüft, alle Treppenaufgänge, die Lastenaufzüge, war in Wäscheräume gegangen, jedes Mal eine Entschuldigung auf den Lippen. Rebecca hatte er nirgends finden können.
    Draußen herrschte eine Eiseskälte. Er lief am Rand der verkehrsreichen Straße entlang, obwohl es hier keine Bürgersteige gab und wenig Platz für Fußgänger blieb. Trotzdem drängten sich die Menschen dicht an dicht. Noch immer herrschte auf den Kundenparkplätzen und vor der Mall of America ein schreckliches Chaos.
    Ob Rebecca es riskiert hatte, in eines der Restaurants hier in der Gegend zu gehen? Das konnte er sich nicht vorstellen. Man bekam zurzeit überhaupt keine Taxis. Überall am Straßenrand wimmelte es noch von Rettungswagen und Polizeifahrzeugen. Die roten und blauen Lichter flackerten, aber die Sirenen waren ausgeschaltet. Überall standen Nachrichtenwagen mit Satellitenschüsseln auf dem Dach herum, und die Reporter und Kamerateams hatten sich auf jedem freien Fleckchen niedergelassen. Uniformierte Polizisten regelten den Verkehr auf dem Hotelparkplatz. Alle Eingänge vom Einkaufszentrum schienen inzwischen gesperrt zu sein. Eine Mannschaft vom Roten Kreuz stand mit Shuttlebussen vor der Mall.
    Inmitten des ganzen Trubels nahm niemand von Patrick Notiz. Rebecca würde ebenfalls kein Mensch bemerkt haben.
    Er blieb an einer belebten Kreuzung stehen. Hier regelte kein Polizist den Verkehr, die Ampeln funktionierten noch. Fahrzeuge, die zur Interstate unterwegs waren, mussten nicht lange warten. Doch in der Gegenrichtung staute sich alles. Auf der Straße, die an der Mall und dem Hotel vorbeiführte, kam man nur im Schritttempo voran.
    Vorhin hatte Patrick versucht, von der Auskunft die Nummer von Dixon Lees Handy zu bekommen. Doch die war leider nicht verzeichnet. Dafür kannte er jetzt den Festanschluss von Henry Lee. Er hatte schon überlegt, was er sagen würde, wenn der alte Mann abheben sollte.
    Patrick tippte die Nummer ein. Wartete. Nur ein Anrufbeantworter.
    Natürlich. Mr. Lee war sicher noch im Krankenhaus. Da Patrick nicht wusste, was er auf den AB sprechen sollte, unterbrach er die Verbindung wieder. Ihm gingen langsam die Ideen aus. Er fror fürchterlich. Hungrig war er auch, und er machte sich Sorgen um Rebecca.
    Da entdeckte er sie.
    Auf der anderen Straßenseite. Sie kam gerade aus dem Tankstellenshop. Zuerst zögerte sie, hielt die Türklinke noch in der Hand, als wollte sie gegebenenfalls wieder zurück in den Laden rennen.
    „Rebecca!“, schrie er. Aber seine Stimme ging in dem Lärm der vierspurigen Straße zwischen ihnen unter.

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