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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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denn?«, fragte sie.
    »An die hundert«, schätzte Christoph. »Dazu kommen noch die Mannschaften, die die Bürger der Stadt stellen, und ungefähr zweihundert reisige Knechte.«
    Anna Elisabeth spürte, wie der Schrecken von neuem in ihr hochkroch. »Sollen dem Grafen Helfenstein denn nach dem Osterfest noch mehr Truppen zu Hilfe kommen?«, wollte sie von Christoph wissen.
    »Es geht das Gerücht, dass der Truchsess von Waldburg eineStreitmacht von Lanzknechten heranführt«, erwiderte der. »Nur meutern die im Augenblick und verlangen mehr Sold. Und darum –«
    »... werden sie zu diesem Treffen nicht zurecht kommen«, vervollständigte Anna Elisabeth mit steifen Lippen den Satz. »Gott gnade der Stadt Weinsberg.«
    »Ach was«, sagte Christoph geringschätzig, »ein Herr vom Adel kann doch leicht mit zwanzig, dreißig Bauern fertig werden. Sorge dich nicht um meinen Bruder, Mädchen. Der allein schafft fünfzig von denen. Es besteht keine Gefahr.«
     
    Die Frauen in der weitläufigen Gewölbeküche hatten zwar misstrauisch dreingeschaut, als Christoph um Nahrung bei ihnen angehalten hatte, und eine von ihnen, eine alte Vettel mit pergamentenem Gesicht und trüben grauen Triefaugen, hatte beim Namen Wolf von Weißenstein sogar ausgespuckt. Aber sie hatte am Ende doch sowohl für Anna Elisabeth als auch für Christoph einen Napf mit Kohlsuppe und ein dickes Stück Brot herausgerückt. »Vielleicht ist der junge Weißensteiner ja nicht so ein Ungeheuer wie der alte eins war«, hatte die Triefäugige dazu gemurmelt.
    Zum Schlafen stand ein Saal zur Verfügung, in dem Reihen von Strohsäcken für die Knechte der anwesenden Herren ausgelegt worden waren. Christoph nahm einen der Strohsäcke für sich in Anspruch, während Anna Elisabeth sich ein Plätzchen bei den Küchenmägden suchte. Aber zum Schlafen kam sie kaum. Die ganze Nacht über herrschte ein Kommen und Gehen; als endlich der Ostermorgen heraufdämmerte, stand Anna Elisabeth auf und suchte Christoph. Den hatte es ebenfalls aus dem Saal ins Freie getrieben. Sie fand ihn draußen im Hof.
    »Hast du schon nach Albrecht Ausschau halten können?«, fragte sie ihn.
    »Noch nicht.« Christoph rieb sich den Schlaf aus den Augen und versuchte sein arg zerknittertes Wams etwas zu glätten. »Was tun wir jetzt?«
    »Wir könnten zur Stadtmauer hinabsteigen und uns dort nach ihm erkundigen.« Christoph streckte sich und wippte auf den Zehenspitzen, um sich warm zu machen. Vor Sonnenaufgang war es noch sehr frisch.
    »Dann lass uns gehen«, drängte Anna Elisabeth. »Ich werde mich erst wieder besser fühlen, wenn ich weiß, wo er ist.«
    »Weiber«, murmelte Christoph, was Anna Elisabeth trotz ihrer Unruhe ein Lächeln entlockte.
    Auf den Mauern standen die Stadtsoldaten dicht an dicht. Niemand kümmerte sich um den schlanken jungen Mann und das Mädchen, die suchend auf den Wehrgängen hin- und her- wanderten. Anna Elisabeth und Christoph bekamen aber auch keine Antwort, sondern nur abweisende Blicke auf ihre Fragen nach Albrecht Wolf von Weißenstein. Auf dem Turm am Haupttor sagte einer der Wächter zu Anna Elisabeth: »Wir haben wirklich anderes zu tun, als uns um irgendwelche verloren gegangenen Jünkerlein zu sorgen. Schaut dort hinunter – dann wisst Ihr, warum!«
    Er deutete auf eine der Schießscharten zwischen den Zinnen. Anna Elisabeth folgte seiner Hand mit Blicken und sah hindurch. Rebenhügel lagen dort, Weinstöcke, an denen erstes Grün knospte. Und zwischen den Stöcken, soweit das Auge blickte, zogen sie heran ... Kopf an Kopf, Tausende und Abertausende von Gestalten, grau und braun ... eine farblose Flut, die sich durch die Weingärten heranwälzte und stetig den Mauern von Weinsberg entgegenbrandete ...
    Sie griffen doch an, die Bauern – am heiligen Ostertag! Und die Verteidiger der Stadt, die darauf nicht vorbereitet gewesen waren, hatten jetzt kaum noch genügend Zeit, in Stellung zu gehen. In hektischem Durcheinander versuchten die Stückmeister,ihre Geschütze zu richten; aber die Vorhut des Hellen Haufens hatte bereits die Tore erreicht und war dabei, Rammböcke und Sturmleitern in Position zu bringen.
    Die ersten mächtigen Rammstöße donnerten gerade jetzt gegen die Bohlen des Haupttores und Steine prasselten von der Mauer auf die Angreifer herab. Ein paar schlecht gezielte Kanonenkugeln fuhren hinter den ersten Angriffsreihen der Bauern in die Erde und ließen den Sand hoch aufspritzen.
    Anna Elisabeth, vom Entsetzen gepackt, konnte den

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