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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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noch etwas finden! Und dann...«
    Aber es fand sich nichts. Auch in den Nachbarzimmern waren weder Decken noch Kleidungsstücke aufzutreiben. Die Plünderer waren gründlich gewesen. Zudem stieg Anna Elisabeth mit einem Mal beißender Rauchgeruch in die Nase ...
    »Los«, drängte sie die junge Edelfrau, »eilt Euch. Wenn Ihr nicht bei lebendigem Leib verbrennen wollt, dann macht voran! Ich leihe Euch für unterwegs meinen Mantel!«
    Sie nahm der Frau das zitternde kleine Kind ab. Schon wallten dichte Rauchwolken den Korridor herab. Die Treppe aber war noch frei. Unbeschadet und ungehindert erreichten Anna Elisabeth, die Edelfrau und deren Söhnchen den Hof, an dem die Stallungen lagen.
    Hier war inzwischen niemand mehr. Die siegreichen Bauern hatten die Ritterpferde alle weggebracht. Auf dem Hof hatten sie nur eine alte, magere Stute samt einem auf der linken Hinterhand humpelnden Fohlen zurückgelassen. Als Anna Elisabeth einen letzten Blick in die Ställe tat, entdeckte sie ganz hinten noch zwei Pferde – ihr wohlgenährtes Saumtier und Christophs Braunen, bewacht von Christoph selbst.
    Ihr Herz tat einen Sprung. »Gut, dass ich dich hier treffe«, sagte sie tief aufatmend, »ein Helfer wird gebraucht. Einer, der diese junge Mutter sicher aus der Stadt geleitet.«
    Christoph hatte sich von dem Strohbündel erhoben, auf dem er gesessen hatte, und war langsam herangekommen. Anna Elisabeth erkannte das Entsetzen in den Augen des Jungen.
    »Sie wollen alle Herren, die sie gefangen haben, selber richten«, sagte er tonlos. »Unten bei der großen Linde am Flussufer soll der Richtplatz sein ... und ich kann’s nicht ändern ...«
    Anna Elisabeth packte ihn bei den Schultern. »Hast du inzwischen Albrecht gesehen?«, fragte sie ihn aufgeregt.
    »Nein«, antwortete Christoph, immer noch mit diesem schreckensvollen Blick. »Ich dachte, ich hätte ihn zwischen den Bauern beim Flussufer entdeckt. Aber das kann er ja nicht gewesen sein ...«
    »Jetzt hör mir zu, Christoph.« Anna Elisabeth zwang sich, an das augenblicklich Notwendige zu denken. »Ich will, dass du die Stute vor den Karren schirrst.«
    »Den Mistkarren?«, fragte der Junge. »Warum?«
    »Du bringst darauf diese Frau aus der Stadt«, wiederholte sie langsam. »Traust du dir das zu?«
    »Ja ... sicher ... aber ...«
    »Kein Aber. Sie schafft es nicht allein.«
    »Wer ist sie denn überhaupt?« Christophs Blick hatte sich etwas geklärt. Er wandte sich an die junge Edelfrau, die fröstelnd dastand und ihr Kind an sich drückte. »Wer seid Ihr?«
    »Die Gräfin Helfenstein«, kam es zitternd über ihre Lippen, »und ich werde nicht auf diesen widerwärtigen Karren steigen ... !«
    »Findet Ihr es würdiger, von den Bauern gefangen genommen zu werden wie Euer Gemahl?«, fragte Anna Elisabeth entrüstet. »Sollen sie auch Euch verurteilen, zusammen mit Eurem Kind?«
    Die junge Frau biss sich auf die Unterlippe. »Sie werden es nicht wagen«, flüsterte sie, »sie werden –«
    »Euren Gemahl und noch vierzehn weitere Herren haben sie unten beim Flussufer angekettet«, unterbrach Christoph sie mit immer noch blassen Lippen. »Euer Zinkenbläser, der Melchior Nonnenmacher, wird ihnen zum Prozess aufspielen. ›Ein wildesund lustiges Tänzchen sollen die Herren zu hören kriegen‹, hat er gesagt, als ich an ihm vorbeikam, ›passend zu dem, was wir für sie bereithalten‹ ...«
    »Aber man wird mich doch sehen, wenn ich auf diesem schrecklichen Wagen an ihnen vorüberfahre«, versuchte die Gräfin eine letzte schwache Gegenwehr. »Jeder wird mich erkennen. Und dann –«
    »Ihr werdet nicht auf dem Wagen sitzen«, mischte sich Anna Elisabeth ein. »Niemand wird Euch sehen, denn unter dem Mist vermutet Euch keiner.« Sie wickelte sich aus ihrem Mantel und hängte ihn der frierenden jungen Frau um die Schultern. »Der wird Euch schützen – Euch und Euer Kind.«
    Über ihnen polterte es. Ein Dachziegel stürzte herab, zerschellte auf dem Pflaster des Hofes. Sie blickten erschrocken in die Höhe. Der Dachstuhl des Pallas brannte lichterloh; Flammen leckten wie mit langen, gespaltenen Schlangenzungen aus den Dachgauben, und Wolken schwarzen Rauchs wälzten sich aus zerborstenen Fenstern in die freie Luft. Irgendwo gellte Geschrei; gröhlende Männerstimmen mischten sich mit spitzem Frauengekreisch. Aus der Ferne war immer noch das trockene Knallen von Arkebusen- und Musketenschüssen zu hören.
    Der Frühlingswind fuhr in das brennende Gebälk und fachte den Brand

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