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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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nur niederes Gebüsch und gab den Blick frei auf ein Tal, in dem dunstverschleiert die Dächer eines Dorfes zu erkennen waren. Eine gedrungene Kirche mit einem klotzigen Turm bildete den Mittelpunkt. Um sie herum drängten sich kleine Häuser wie Schafe um den Hirten.
    Das Pferd umrundete eine weitere enge Kehre. Hinter wehenden Regenschleiern kam eine Mauer aus grauem Felsgestein in Sicht – ein verwitterter Torturm, von dem eine heisere Stimme brüllte: »Halt! Wer da?«
    Der Reiter schreckte auf, hob den Kopf, zügelte den Falben. Mit schlaftrunkener Bewegung schob er sich die Kapuze in den Nacken, so dass sein helles Haar sichtbar wurde. »Kennst du deinen Herrn nicht, Bursche?«, rief er zurück. »Das Tor auf – und ohne Verzug!«
    Eisen rasselte. Ein Fallgitter wurde hochgezogen. Ein schlanker junger Mann in grauer Wolle rannte aus dem Torbogen, derjetzt frei war. »Willkommen, gnädigster Herr«, stammelte er, »ich bitte demütig um Vergebung ...«
    Der Reiter lachte und gab dem Jungen eine derbe Kopfnuss. »Hast wohl auch geschlafen, was? Dass ich dich nicht noch einmal dabei erwische!«
    »O nein, Herr – niemals mehr!« Der Junge machte ein zerknirschtes Gesicht. »Es war auch nur wegen ... wegen ...«
    »Wegen des Wetters?«, half ihm der Reiter schmunzelnd. »Hast Recht, Christoph – solches Wetter sollte man besser verschlafen.« Er trieb sein Pferd an und ritt durch den Torbogen. Der Junge lief nebenher. Hinter ihnen rasselte das Gitter wieder herunter.
    »Ah«, sagte der Reiter mit einem Blick auf die laufenden Ketten, »du warst wenigstens nicht allein auf Wache. Wer noch?«
    »Burkart.« Der Junge schickte einen Seitenblick zu dem schmalen Wehrgang hinauf, der sich an der Innenseite der Mauer entlangzog. Dort stieg gerade ein weiterer Mann die Treppe herab und zog sich im Gehen die Ledermütze vom Haar. Dieser Wächter war mindestens fünfzig und von untersetzter Gestalt. Er strahlte über das ganze wettergegerbte Gesicht und grüßte mit einer tiefen Verbeugung. »Auch ich heiße Euch willkommen, Herr«, sagte er, während er nah herantrat, »Dank sei Gott. Ihr kommt zu guter Zeit.«
    Der Reiter kniff die Augen zusammen. »Wie steht es auf Weißenstein?«, fragte er den Alten.
    Burkart verneigte sich noch einmal, als wolle er sein Gesicht verbergen. »Euer gnädiger Herr Vater ...«, begann er und kam nicht mehr weiter.
    Der Reiter wartete einen Augenblick. Dann wurde er ungeduldig. »Sprich frei heraus«, verlangte er, »geht es ihm gut?«
    »Er liegt danieder«, sagte Burkart. »Seit dem letzten Ausritt konnte er ... konnte er nicht mehr ...«
    »Was soll dein Gestammel?«, unterbrach der Reiter den Altengrob. »Nimm dich zusammen, Mann – und sag mir endlich, was ich wissen will.«
    »Herr«, fuhr der Alte zögernd fort, »es ist nun an dem, dass Ihr auf Weißenstein das Regiment übernehmt. Denn Euer gnädiger Vater ... kann es nicht mehr führen.«
    Der Reiter verhielt einen Augenblick ohne Regung. Dann setzte er dem Falben hart die Fersen in die Flanken, so dass das müde Tier einen erschrockenen kleinen Sprung tat. »Offenbar bekomme ich hier keine Antwort«, stieß er hervor. »Ich will selbst sehen, wie es meinem Vater geht!« Damit sprengte er den Weg entlang, der von hier aus über eine freie Rasenfläche zur inneren Mauer führte.
    Das zweite Tor war zwar bewacht, aber nicht gesichert. Sein Fallgitter war aufgezogen, und der Reiter konnte ungehindert in den inneren Hof einreiten. Hier umringten ihn alsbald mehrere Knechte, grüßten demütig mit der Mütze in der Hand, halfen ihm beim Absitzen, führten den Falben weg, trugen den Mantelsack in den Palas. Der Reiter ließ alles wortlos geschehen und wandte sich erst, als er die große Halle betreten hatte, an einen der Knechte. »Wo ist mein Vater?«
    »Er ruht in seinem Gemach«, antwortete der Knecht mit schleppender Stimme. »Er hat nach Euch gefragt, gnädiger Herr...«
    »So, hat er?« Der Reiter überlegte einen Augenblick. »Lauf und ruf mir die Magdalene«, befahl er dann. »Sie soll hierher kommen. Ich will zuerst mit ihr sprechen.«
    Der Knecht verschwand durch eine niedrige Tür, die von einem zierlich in Stein gehauenen Spitzbogen gekrönt war und rechter Hand aus der Halle in ein Nebengebäude führte. Der Reiter wartete. Es war dämmrig in dem großen Raum. Die hoch in der vorderen Wand liegenden Fensterchen ließen besonders an einem so trüben Tag nur wenig Licht ein. Von den Steinplatten, mit denen der Boden

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