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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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haben wir zuerst das Holz
runterbringen müssen. Und die einzige befahrbare Forststraße, die raufführt, die
hat dem Gleinegg gehört. Also hab ich ihn angeredet, nach der Kirche, mit dem Hut
in der Hand bin ich dagestanden. Ob er uns erlaubt, mit den Anhängern raufzufahren
und die Stämme runterzubringen. Und, was glauben Sie, was er zu mir gesagt hat?«
    Pestallozzi
konnte es sich denken, aber er wartete einfach ab.
    »Nix da,
hat er gesagt, der Herr Baron. Wenn ich für dich eine Ausnahme mach, dann kommen
gleich alle anderen und wollen was von mir. Es gibt Wege genug, schau dazu, dass
du dein Holz runterbringst. Dann hat er mich stehen gelassen.«
    Pestallozzi
nickte. Der Loibner schien sich ganz langsam zu entspannen, offenbar war er erleichtert,
dass er seine Sicht der Dinge erzählen konnte, das Bild vom Opfer zurechtrücken.
    »Der Gleinegg
soll ja ein begeisterter Jäger gewesen sein«, sagte Pestallozzi wie zu sich selbst.
»Gehen Sie auch auf die Pirsch, Herr Loibner?«
    »Dazu fehlen
mir die Zeit und das Geld. Wieso, ist der Gleinegg auch noch erschossen worden?«
    Pestallozzi
überhörte die Provokation. »Sie besitzen also kein Gewehr?«
    »Einen alten
Stutzen vom Großvater, der ist noch wildern gegangen, vor lauter Hunger. Aber der
Krinzinger hat gesagt, dass das schon verjährt ist.«
    Loibner
grinste und ließ den Zahnstocher in den anderen Mundwinkel wandern. Du hättest einen
guten Michael Kohlhaas abgegeben, dachte Pestallozzi. Die Sonne brannte ihm direkt
ins Gesicht, vielleicht sollte er doch seinen Widerwillen gegen eine Sonnenbrille
überwinden. Leo hatte seine längst aufgesetzt, er stand unbeweglich neben ihm, doch
Pestallozzi konnte seine Ungeduld spüren. Aber der Loibner war gerade erst so richtig
ins Erzählen gekommen. Pestallozzi kannte auch dieses Phänomen, schweigsame, verstockte
Zeugen, die gar nicht mehr aufhören konnten mit dem Reden, wenn sie erst einmal
einen Zuhörer gefunden hatten.
    »Ich hab
ja nie bei den Jagden vom Gleinegg mitgemacht, aber andere im Ort schon. Dann hat
er sogar anständig gezahlt, der Gleinegg, für die Treiber. Und die hohen Herrschaften
haben herumgeballert, einmal hat’s einen Unfall gegeben, das ist sicher schon zehn
Jahre her, wenn nicht länger. Angeblich sitzt einer seither im Rollstuhl, ein Gast
vom Gleinegg aus dem Italienischen unten. Aber die haben sich das untereinander
ausgemacht, die feinen Herren, da ist damals viel Geld geflossen, hat es geheißen,
aber es hat nie eine Anzeige gegeben.«
    Der Loibner
merkte plötzlich, dass er ganz gegen seinen Willen redselig geworden war. »Also
dann, ich muss jetzt wieder heim. Die Arbeit wartet.«
    »Vielen
Dank, Herr Loibner«, sagte Pestallozzi. »Sie haben uns wirklich geholfen.«
    Der Loibner
sah ihn misstrauisch an und wollte schon etwas erwidern, dann überlegte er es sich
anders und ging davon, mit einem knappen Nicken. Sie sahen ihm nach.
    »Das muss
ein richtiger Sympathieträger gewesen sein, der Gleinegg«, sagte Leo. »Was ist,
können wir nicht kurz in den See köpfeln?«
    Pestallozzi
lachte, es tat ihm gut. Er warf einen Blick hinüber zu den hölzernen Badestegen,
die überall am Ufer in der Hitze flimmerten. Kinder mit Schwimmflügeln sprangen
quietschend ins Wasser, Tretboote dümpelten weit draußen in den Wellen. Urlaubsstimmung
wie aus dem Bilderbuch, und mitten drin ein Mann, der abgestochen worden war wie
ein Schwein, das ein sadistischer Schlachter langsam sterben sehen wollte. Er sehnte
sich nach Kühle und Schatten, und er wusste bloß einen einzigen Ort, wo dies jetzt
zu finden war.
    »Wir fahren
rauf zum Schloss«, sagte er knapp.
    Sie gingen
wieder durch den Ort, vorbei am Hotel ›Kaiserpark‹, durch die krummen steilen Gassen,
Leo trug sein Jackett lässig über der Schulter. An einem kleinen Platz rannten sie
beinahe in eine Menschentraube, ein junger Reporter befragte die Passanten.
    »Das war
so eine imposante Persönlichkeit, der Herr Baron«, sagte eine Frau mit prall gefülltem
Einkaufsnetz gerade ins Mikrofon. »Einfach schrecklich, dass so etwas hier bei uns
…«
    Sie gingen
vorüber, zum Glück erkannte sie der Reporter nicht. Das große Lügen hat begonnen,
dachte Pestallozzi. Jeder würde sich nun überlegen, was er preisgab, am Stammtisch,
im Supermarkt, in der Öffentlichkeit. Und was er dem Herrn Chefinspektor erzählen
sollte, falls der Fragen stellte. Plötzlich war er unglaublich müde. Endlich waren
sie wieder am Parkplatz, Leo wollte gleich die

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