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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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zu den Männern, als ob sie eine Erlaubnis einholen wollte,
dann kam sie hinter dem Tresen hervor und steuerte ihren Tisch an. Sie war jung
und hübsch, mit einer bemerkenswerten Taille, Leo sah ihr mit Wohlgefallen entgegen.
    »Was darf
es sein?«
    »Einen Cappuccino,
bitte.«
    »Ein Cola
Zero.«
    Pestallozzi
musste sich ein Grinsen verkneifen. Irgendwo hatte er gelesen, dass Cola Zero extra
für die männlichen Kunden eingeführt worden war, die Cola light für Weiberkram hielten.
Aber er wollte jetzt nicht vom Thema abschweifen. Die Stille begann sich nur langsam
wieder mit Stimmen zu füllen, die Männer sprachen wieder miteinander, aber es war
eine gekünstelte Unterhaltung, Pestallozzi merkte ihnen die Anstrengung und die
Anspannung dahinter an. Die junge Frau werkte an der Kaffeemaschine, dann kam sie
mit einem Tablett wieder an ihren Tisch, sie stellte den Cappuccino und ein Glas
Wasser vor Pestallozzi, füllte Leos Glas bis zur Hälfte mit Cola, in dem Glas waren
Eiswürfel und eine Zitronenscheibe. Aufmerksamer Service, dachte Pestallozzi. Oder
war das jetzt eine Sonderbehandlung? Die junge Frau lächelte ihm zu und wollte sich
entfernen, aber Pestallozzi hielt sie zurück.
    »Hätten
Sie einen Moment Zeit für uns?«
    Sie wandte
sich ihm wieder zu, auf ihrem Gesicht lag ein erwartungsvoller Ausdruck, der Pestallozzi
ebenso vertraut war wie das Schweigen bei ihrem Eintreten.
    »Sie wissen
doch bestimmt, was hier gestern passiert ist?«
    Die junge
Frau nickte und nestelte an ihrer neckischen kleinen Schürze. »Zuerst sind die Polizeiautos
oben an der Straße vorbeigerast, ich habe die Sirenen bis ins Lokal hören können.
Dann …« Sie verstummte. Dann war der Teufel los gewesen, so ein gutes Geschäft hatte
sie schon lange nicht gemacht, und die Trinkgelder waren ebenfalls ungewohnt üppig
ausgefallen. Aber das ging den Chefinspektor bestimmt nichts an.
    Er lächelte
ihr freundlich zu. »Wir sind bei den Ermittlungen auf jedes kleinste Detail und
jede winzige Beobachtung angewiesen. Ist Ihnen gestern oder auch an den Tagen zuvor
irgendetwas aufgefallen? Ein Gast vielleicht oder eine Veränderung im Ort?«
    Gedankenversunken
zerknüllte sie die Schürze, auf ihrem hübschen Gesicht spiegelte sich jede Überlegung,
die ihr durch den Kopf ging. Nur nicht aus der Gemeinschaft ausscheren, die Männer
im Hintergrund konnten jedes Wort mithören. Aber andererseits war sie plötzlich
mitten im Zentrum des Geschehens, wurde befragt und als wichtige Zeugin eingestuft.
Es schmeichelte ihr ungemein. Kokett warf sie den beiden Männern einen Blick zu.
    »Mir ist
niemand aufgefallen. Nur die Touristen eben und die anderen Gäste, aber das sind
fast immer die dieselben aus dem Ort. Aber es ist niemand da gewesen, dem ich …«
Sie verstummte.
    Pestallozzi
wusste, worüber sie jetzt nachdachte. Wem könnte sie eine solche Tat zutrauen? Das
Misstrauen war über den Ort gekommen, jeder würde sich so seine Gedanken machen,
uralte Fehden und Nachbarschaftszwistigkeiten würden wieder hochkochen. Irgendwann
würden sie den Täter dingfest machen, hoffentlich, aber es würde nichts mehr so
sein wie vorher. Er hasste diesen Teil seiner Arbeit, das Zwietracht säen, um Antworten
zu bekommen. Aber es war so wichtig wie die Spurensicherung, es führte kein Weg
daran vorbei.
    Er lächelte
ihr wieder zu. »Sie kommen aber nicht von hier, oder?«
    Sie lächelte
erleichtert zurück.
    »Ich komme
aus Schwerin. Bei uns findet man kaum noch Arbeit, dann habe ich im Internet nachgeschaut
und gesehen, dass hier eine Stelle frei ist. Im Winter bin ich oben auf der Skihütte
vom Chef. Das ist schon mein zweites Jahr da.«
    Sie strich
die Schürze glatt, jetzt war sie wieder auf sicherem Terrain.
    »Gefällt
es Ihnen?«
    Sie nickte
begeistert. »Sehr, hier ist immer was los!« Dann wurde sie verlegen. »Das habe ich
jetzt nicht so gemeint, ich …«
    »Suse, zahlen!«,
rief einer der Männer.
    »Schon gut!«
    Er nickte
ihr zu, und sie ging zu den Männern zurück. Pestallozzi nahm einen Schluck vom Cappuccino,
Leo hatte sein Cola schon ausgetrunken. Die Männer an der Theke bezahlten unter
lauten Scherzen, dann stapften sie an Pestallozzi und Leo vorbei nach draußen, einer
von ihnen kam Pestallozzi bekannt vor. Er dachte kurz nach und rief der jungen Frau
zu: »Wir zahlen dann auch!«
    Sie tippte
in einen Computer hinter dem Tresen, kam an den Tisch und legte eine ausgedruckte
Rechnung, inklusive Mehrwertsteuer, vor die beiden Männer.

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