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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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Pestallozzi unterdrückte
ein Grinsen, keiner der Männer hatte eine Rechnung bekommen, aber er war nicht von
der Steuerfahndung. Sondern von der Mordkommission.
    »Lass nur«,
bedeutete er Leo, und legte einen Zehner auf den Tisch. »Stimmt so.«
    »Danke«,
sie wirkte ehrlich erfreut. So ein Mord war wirklich gut fürs Geschäft.
    »Können
Sie uns vielleicht noch etwas über den Herrn Gleinegg erzählen? Haben Sie ihn gekannt?«
    »Ich? Wo
denken Sie hin! Am Sonntag habe ich ihn einmal vor der Kirche gesehen. So ein hohes
Tier, der gibt sich doch nicht mit einer kleinen Serviererin ab. Obwohl ….«
    Sie blickte
Pestallozzi und Leo auffordernd an. Pestallozzi tat ihr den Gefallen. »Obwohl?«
    »Na ja …«
Sie senkte die Stimme, wenngleich außer ihnen niemand mehr im Lokal war. »Der hat
schon einen Ruf gehabt, von früher noch. Vor dem war keine sicher, das habe ich
immer wieder gehört. Angeblich soll es mehr als ein Kuckuckskind vom Herrn Baron
in der Umgebung geben. Das heißt, die sind jetzt natürlich alle schon erwachsen,
das ist ja schon viele Jahre her.«
    Ein fast
unhörbarer Unterton schwang in ihrer Stimme mit, wie Bedauern. So eine Affäre mit
einem Herrn Baron, das wäre schon eine Überlegung wert gewesen. Noch dazu, wo es
doch längst die Pille und die Dreimonatsspritze gab, also ein Kind hätte sie sich
ganz bestimmt nicht andrehen lassen.
    »Vielen
Dank, Sie haben uns sehr geholfen!«
    Pestallozzi
strahlte die Serviererin Suse aus Schwerin an, als ob sie ihm den Mörder auf einem
Silbertablett geliefert hätte. Das kann er, dachte Leo widerwillig-bewundernd. Mit
Frauen kann der Chef umgehen, na ja, wenigstens im Job. Privat ist er ja eher ein
Loser.
    Sie gingen
nach draußen, die Hitze des Spätsommers hatte sich bereits über den Platz gelegt.
Der Mann, der Pestallozzi bekannt vorgekommen war, stand bei einem der Kutscher
und klopfte ihm gerade auf die Schulter, dann lachten beide laut und schallend.
    »Herr Loibner!«,
rief Pestallozzi.
    Der Mann
drehte sich um, zögerte kurz, dann kam er die wenigen Schritte herangeschlendert.
    »Ich war
gestern auf Ihrem Hof, aber das wissen Sie ja. Leider konnte ich nicht mit Ihnen
sprechen, weil Sie draußen auf dem Traktor gesessen sind. Ich bin Chefinspektor
Artur Pestallozzi, und das ist mein Kollege Leo Attwenger.«
    Der Mann
stand abwartend da, in einem Mundwinkel kaute er auf einem Zahnstocher herum.
    »Unsereins
muss eben arbeiten«, sagte der Mann.
    Pestallozzi
nickte bedächtig.
    »Waren Sie
den ganzen Vormittag am Feld?«
    »Um fünf
war ich im Stall. Um sieben war ich auf dem Feld. Als kleiner Nebenerwerbsbauer
muss man das Wetter nützen. Da gibt’s keinen Dienstbeginn um acht und keinen Feierabend
um vier.«
    Leo wollte
etwas sagen, aber Pestallozzi schüttelte den Kopf. Er sah keine Veranlassung, dem
Loibner etwas über seine eigene 80-Stunden-Woche zu erzählen. Über die vielen Wochenenden,
die er an Tatorten und im Büro verbracht hatte, und wie seine Ehe daran zerbrochen
war. Dem Loibner war die Bitterkeit ins Gesicht gemeißelt, der würde ihm nicht einmal
zuhören, geschweige denn Glauben schenken.
    »Haben Sie
den Gleinegg gekannt?«
    »Und ob!«
    Der Loibner
sah aus, als ob er am liebsten ausgespuckt hätte.
    »Und?«
    »Und was?
Soll ich Ihnen was sagen, Herr Hauptoberchefinspektor? Wenn Sie den finden, der
das getan hat, dann möcht’ ich Sie bitten, dass Sie mir das mitteilen, noch bevor
Sie den nach Salzburg bringen. Damit ich ihm die Hand schütteln kann. Aus Dankbarkeit.«
    »Sie waren
also kein Freund vom Herrn Gleinegg?«
    Der Loibner
gab ein Geräusch wie Raucherhusten von sich.
    »Der hat
keine Freunde gehabt! Unter den Großkopferten vielleicht, aber nicht da bei uns
herunten. Da können Sie jeden fragen!« Er machte eine weit ausholende Bewegung mit
dem Arm, die den Ort und den ganzen See umschloss.
    »Gab’s dafür
einen bestimmten Grund? Ich meine jetzt, was Sie persönlich betrifft!«
    Loibner
deutete hinauf zu dem Berg, der vom gegenüberliegenden Ufer des Sees in grünen Kuppen
hochstieg bis zum steinernen Grat.
    »Dort oben
besitzt meine Familie ein Stück Wald, schon seit über 300 Jahren. Das haben wir
damals ehrlich erworben, von einem, der keine Erben gehabt hat. Rundherum ist nur
der Grund vom Gleinegg, dem gehört alles bis rüber zum Dachstein. Vor fünf Jahren,
wie die großen Unwetter waren, ist fast der ganze Südhang Windbruch gewesen, alles
war vernichtet. Damit wir wieder haben aufforsten können,

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