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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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und
sah dabei hoch konzentriert auf die Tassen, Leo fragte sich, ob sie ihn überhaupt
schon bemerkt hatte.
    »Bitte,
greifen Sie doch zu, Herr Chefinspektor, und Sie auch, Herr Inspektor!«, sagte Kathi
Luggauer.
    Pestallozzi
und Leo bedankten sich und angelten jeder nach einem Stück. Sie bissen in den flaumigen
Kuchen, der Haselnussteig zerging fast auf der Zunge.
    »Fantastisch«,
lobte Pestallozzi. »So was kriegt man nicht in der besten Konditorei von Salzburg!«
    Leo nickte
mit vollem Mund. Ihre Gastgeberin lächelte zufrieden und nahm sich selbst ein Randstück.
Die Nichte saß vor einer Tasse schwarzem Kaffee und einem leeren Teller.
    »Und, wie
war er so mit der Familie?«, fragte Pestallozzi freundlich.
    Kathi Luggauer
warf ihrer Nichte einen wimpernschlagkurzen Blick zu, dann sah sie wieder Pestallozzi
voll ins Gesicht.
    »Davon haben
wir unten im Ort nur wenig gewusst. Die Frau von ihm, die war ja aus dem Italienischen,
eine Contessa, die hat man fast nie gesehen. Nur die Kinder, die sind sogar in die
Volksschule im Ort gegangen, bevor sie aufs Internat gekommen sind. Ich weiß nicht,
wie er als Mann oder Vater war, davon haben wir nichts gehört. Aber ich denk mir
halt, dass vieles leichter ist, wenn man einen vollen Bauch hat und in einem warmen
Bett schlafen kann. Und daran hat’s denen da oben bestimmt nicht gefehlt.«
    »Aber vielleicht
…«
    Ein Handy
klingelte von der Holzbank her, wo eine zerknautschte Tasche zwischen den bunten
Kissen lag. Anna Luggauer sprang auf und hätte beinahe den Milchkrug umgestoßen.
»Entschuldigen Sie bitte!«
    Sie hastete
zu der Tasche und kramte in ihren Tiefen, das Handy klingelte und klingelte, Anna
Luggauer zerrte Spiegel und Täschchen und Tücher hervor, ihr Haarknoten löste sich
gerade endgültig auf. Unglaublich, was Frauen für ein Chaos in ihren Handtaschen
anrichten, dachte Leo. In diesem Punkt waren sie alle gleich, sämtliche seiner Verflossenen
hatten ihn mit ihrem ewigen Herumkramen beinahe um den Verstand gebracht. Und jetzt
… Anna Luggauer hielt endlich das Handy in der Hand, sie starrte auf das Display
und drückte auf die Empfangstaste. »Hallo, wo bist du …«, hörte Leo sie flüstern,
dann war sie auch schon zur Tür hinaus und polterte die Holzstiege in den ersten
Stock hinauf.
    Ihre Tante
sah ihr nach und lächelte dann Pestallozzi um Verstehen heischend an, aber Leo hatte
das Gefühl, dass die Vertrautheit der vergangenen halben Stunde vorüber war.
    »Frau Luggauer,
wir wollen Sie wirklich nicht länger aufhalten«, sagte Pestallozzi. »Vielen Dank
für das Gespräch und natürlich ganz besonders für die Jause. So was Gutes haben
wir noch nie vorgesetzt bekommen, stimmt’s Leo?«
    »Stimmt«,
pflichtete Leo dem Chef bei. Plötzlich fiel ihm auf, dass dies das erste Wort war,
das er seit Betreten des Hauses gesprochen hatte. Die mussten ihn ja für völlig
beschränkt halten! Er grübelte nach einer lässigen Bemerkung, aber sein Gehirn war
so weich wie Kuchenteig.
    »Also dann!«
    Pestallozzi
erhob sich und griff freundlich nach dem Arm der alten Kathi, Leo schob seinen Sessel
zurück. Langsam durchquerten sie die kleine Stube, wie eine feierliche Prozession,
Pestallozzi und Kathi Luggauer vorneweg, Leo hinterdrein. Als sie an der Haustür
standen, kam auch die Nichte wieder die Treppe hinab. Sie versuchte ganz eindeutig,
freundlich und gelassen dreinzuschauen, aber Leo fand, dass ihr die Anstrengung
anzusehen war. Allerdings minderte dies keineswegs ihre sexy Ausstrahlung, im Gegenteil.
Genau wie Julia Roberts in ›Pretty Woman‹ war auch diese Anna gerade dann besonders

    »Ein wichtiger
Anruf?«, fragte Pestallozzi und strahlte Anna Luggauer an.
    »Ein … ein
Freund!«
    »Ah ja!
Es ist übrigens sehr nett, dass Sie sich so um Ihre Tante kümmern! Sie wohnen ja,
glaube ich, nicht ständig hier, oder?«
    »Ich wohne
in Salzburg. Aber natürlich bin ich gleich gekommen, wie ich gehört habe, was passiert
ist. Morgen muss ich leider zurück. Aber ich komme schon in den nächsten Tagen wieder,
spätestens am Wochenende.«
    »Sehr schön.
Wir bedanken uns für die Jause, mein Kollege Leo Attwenger und ich. Auf Wiedersehen.
Und wann immer Sie uns sprechen wollen, ich habe unsere Karten für Sie auf den Tisch
gelegt.«
    Ein letztes
Händeschütteln, dann waren sie draußen und gingen an der Hecke vorbei zur Straße
zurück.
    »Nettes
Mädel«, sagte Pestallozzi.
    »Wer?«,
fragte Leo. Pestallozzi befand das für keiner Antwort

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