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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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Gleinegg hatte nun mal eine exzellente Erziehung genossen, ungeputzte
Stiefel hin oder her. Der würde keine Probleme machen.
    »Dann wollen
wir Sie nicht länger aufhalten«, sagte Raffael Gleinegg und griff nach der Armbeuge
seiner Cousine. Der sarkastische Unterton in seiner Stimme war nur schwer überhörbar.
»Alles Gute für Ihre Arbeit, Herr Chefinspektor. Ich hoffe, ich werde es erfahren,
wenn Sie den Mörder meines Vaters gefunden haben.«
    »Sie werden
unter den Ersten sein«, sagte Pestallozzi. Keiner lächelte mehr, nicht einmal aus
purer Höflichkeit. Dann gingen der junge Gleinegg und seine Cousine weiter, Pestallozzi
und Leo sahen ihnen nach.
    »Und das
soll der Sohn vom alten Gleinegg sein?«, fragte Leo, als die beiden sicher außer
Hörweite waren. »Der schaut ja aus wie ein Anwärter für die Obdachlosenschlafstelle
hinter der Kajetanerkirche.«
    »Nach der
Testamentseröffnung wird er unter den zehn reichsten Männern im Land sein«, sagte
Pestallozzi. »Das ist in einem Nachruf auf seinen Vater gestanden.«
    Raffael
Gleinegg, der zukünftige elfte Baron Gleinegg, fühlte, wie ihm noch immer das Herz
pochte. Auf alles war er gefasst gewesen, bloß nicht auf diese Begegnung. Seine
einzige Sorge war es gewesen, dass sie der Anna begegnen könnten. Die rief ständig
an, und er hielt sie bloß hin. Er war so ein erbärmlicher Feigling. Irgendwann würde
er die Sache mit der Anna klären müssen. Er hatte sie wirklich gern, so gern wie
eine Schwester. Na ja, wahrscheinlich doch um einiges mehr, wenn er zum Vergleich
an die Helene oder die Moni dachte. Aber trotzdem, mit der Anna ins Bett zu gehen,
das wäre ihm einfach unanständig vorgekommen, fast obszön, wie Inzest, einfach grauslich.
Aber die Anna sah das anders, davor konnte er jetzt nicht länger die Augen verschließen.
Ihre wenigen Beziehungen waren immer schon nach kurzer Zeit gescheitert, und dann
war sie jedes Mal zu ihm gekommen und hatte sich ausgeweint. Und hatte ihn so angesehen,
als ob sie sich mehr als Trost erwarten würde und dass er nur den Arm um sie legte.
Wenigstens schien die Chiara keine solchen Gedanken zu hegen, na ja, zumindestens
hoffte er das inständig. Obwohl sie auch irgendwie so lasziv geworden war. Die fohlenbeinige
Chiara, der er vor wer weiß wie vielen Jahren das Schwimmen beigebracht hatte. Auf
jeden Fall hatte sie so getan, als ob sie nicht schwimmen könnte, und sie hatten
einen Sommer lang im Wasser herumgebalgt und waren auf dem Steg gelegen, um sich
zu trocken. Dann war sie vorgestern mit ihren Eltern und zwei Brüdern aufgetaucht,
mitsamt einem ganzen Pulk Verwandtschaft vom Comer See, und sah plötzlich aus wie
ein Fotomodell, angeblich jobbte sie sogar für die ›Vogue‹, das hatte sie ihm jedenfalls
ganz stolz erzählt, als ob ihn das beeindrucken würde. Und jetzt lief sie neben
ihm her und warf ihm schräge Blicke von der Seite zu, er hatte also weiß Gott genug
am Hals. Und dann stand da plötzlich dieser Chefinspektor wie aus dem Nichts vor
ihm, der noch viel schlimmer war, als die Henriette und die Helene und die Monika
geschildert hatten. Das heißt, die hatten diesen Pestallozzi ja gar nicht als schlimm
geschildert, ganz im Gegenteil, die Stimme von der Henriette hatte richtig verklärt
geklungen, als sie ihm von dem Gespräch berichtet hatte. Aber er wusste es besser,
schließlich war er ein Mann, der auf Blicke und das ganze Getue nicht hereinfiel.
Ein ganz abgefeimter Hund war das, dieser Pestallozzi. Der konnte ihm …
    Die massige
Gestalt stand so plötzlich vorm ›Kaiserpark‹, wo sie einen Espresso trinken wollten,
dass er beinahe das Gleichgewicht verlor, als er im letzten Moment ausweichen wollte.
Verdammt, was war denn heute nur los … dann sah er dem Mann ins Gesicht und hätte
ihn am liebsten umarmt, bis ihnen beiden die Luft ausgehen würde. Aber das hatten
sie nie getan, also boxte er ihm einfach nur gegen den Brustkorb, aber das mit aller
Kraft. Männer zeigten ihre Zuneigung eben auf komische Art. »Edi, alte Schnapsnase!
Endlich!«
    Der andere
grinste über das ganze Gesicht. »Raffi, alter Sack! Herumtreiber!« Sie tauschten
noch ein paar Hiebe aus, dann wurden sie im gleichen Augenblick ernst.
    »Tut mir
echt leid.«
    »Schon gut.«
    Sie schwiegen
beide.
    »Das ist
die Chiara«, sagte Raffi und deutete auf seine grünäugige Cousine.
    Edi Schmutz
stippte sich wie salutierend an die Schläfe, dann sah er wieder Raffi an. »Wie geht’s
bei euch oben jetzt weiter?«
    »Sie

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