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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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See
entlang, Enten schwammen aufgeregt zum nächsten Steg, voller Hoffnung auf Kuchenkrumen.
Aber die Männer hatten ihre Hände in die Jackentaschen vergraben und starrten beide
auf den Uferweg.
    »Was glaubst
du: Ist es wirklich das Mordmesser?«, fragte Leo zögernd. »Oder ist mit diesem Pickelgesicht
die Fantasie durchgegangen?«
    Pestallozzi
nickte langsam und bedächtig.
    »Jetzt müssen
wir erst einmal die Untersuchung im Labor abwarten. Obwohl ich wenig Hoffnung habe,
dass die noch etwas bringen wird. Das Messer ist bestimmt schon mehrmals durch den
Geschirrspüler gelaufen. Und die Lisa muss sich unbedingt noch einmal den Einstichkanal
vom Gleinegg anschauen und mit diesem Jausenmesser vergleichen. Ich weiß, es ist
nur so ein Gefühl. Aber irgendetwas sagt mir, dass der Loibner Fabian die richtige
Ahnung gehabt hat.«
    Sie gingen
weiter, beide ins Grübeln versunken, beinahe wären sie mit dem Paar zusammengestoßen,
das ihnen auf der Uferpromenade entgegenkam. Leo sah den Mann an, den kannte er
doch aus der Zeitung. Das war doch …
    Pestallozzi
blieb abrupt stehen. »Herr Gleinegg?«
    Raffael
Gleinegg und die Frau neben ihm blieben ebenfalls stehen. Die Frau war so attraktiv,
dass es Leo beinahe den Atem raubte. Sie trug Jeans und einen grauen Pullover, der
ihr nachlässig über die eine Schulter gerutscht war und nackte Haut preisgab, ihre
langen Beine steckten in Reitstiefeln. Ihr Haar war kurz geschnitten, was Leo normalerweise
an Frauen nicht allzu sehr schätzte, aber diesem Klasseweib standen die schwarzen
Fransen einfach fantastisch. Ihre Augen waren ganz eindeutig grün, das hatte er
bis jetzt noch nie in natura gesehen, grüne Augen, die schräg standen wie bei einer
Katze. Ihre Backenknochen …
    »Guten Tag,
Herr Gleinegg!«, sagte Pestallozzi. »Ich bin Chefinspektor Artur Pestallozzi und
das ist mein Kollege Leo Attwenger. Wir ermitteln im Fall Ihres Vaters, wie Sie
wahrscheinlich wissen. Endlich lernen wir uns persönlich kennen. Erlauben Sie, dass
ich Ihnen unser Beileid ausspreche.«
    Raffael
Gleinegg rang sich ein höfliches Lächeln ab. Der sah ja aus, als ob er in seinen
Klamotten geschlafen hätte, fand Leo. Ein verknautschter Rocker in Lederjacke, mit
schulterlangen Locken und Stiefeln, die von Staub überkrustet waren. Den einzigen
Sohn vom alten Gleinegg, einen sogenannten Baron, hatte er sich jedenfalls anders
vorgestellt.
    »Danke.
Meine Schwestern haben mir schon von Ihnen erzählt, die Henriette und auch die Helene
und die Monika. Sie scheinen Ihre Untersuchungen auf eher ungewöhnliche Art zu führen,
Herr Pestallozzi.«
    »Es handelt
sich auch um einen ungewöhnlichen Fall«, sagte Pestallozzi sanft. Dann sah er die
grünäugige junge Frau an und machte eine kleine Verbeugung.
    »Oh, Verzeihung«,
sagte Raffael Gleinegg. »Darf ich vorstellen? Meine Cousine Chiara Ritolo, eine
Nichte meiner verstorbenen Mutter. Bei uns trifft gerade die ganze Familie ein.
Wir machen einen kleinen Spaziergang, die Chiara und ich. Sie versteht leider kein
Deutsch.«
    »Hello«,
sagte Leo lässig, leider klang es ein wenig undeutlich, er hätte sich besser vorher
räuspern sollen. Diese Chiara Ritolo bedachte ihn mit einem unergründlichen Blick,
der sein Herz kurz stolpern ließ und auch unterhalb seines Gürtels gewisse Reaktionen
provozierte. Dann sah sie wieder den Chef an.
    »Meine Schwestern
haben mir gesagt, dass Sie auch mit mir noch sprechen wollen«, sagte Raffael Gleinegg.
»Leider bin ich derzeit …«
    »Das ist
kein Problem mehr«, sagte Pestallozzi. »Ich denke nämlich, dass wir mittlerweile
bereits auf dem richtigen Weg sind. Aber wenn Sie uns etwas mitteilen wollen, so
stehe ich selbstverständlich jederzeit zu Ihrer Verfügung.«
    Chiara Ritolo
ließ ein Geräusch hören, als ob eine Kaugummiblase in ihrem Mund platzen würde.
Die beiden Männer starrten sich an.
    »Dann ist
es ja gut«, sagte Raffael Gleinegg langsam. »Bedeutet das, dass Sie bereits einen
Verdächtigen haben? Wenn ja, dann würde ich das gerne wissen.«
    »Dafür ist
es noch zu früh. Aber die einzelnen Teile ergeben ganz langsam ein Bild.«
    Es war dem
jungen Gleinegg – der in Wirklichkeit gar nicht mehr so jung war, in seiner Hippiefrisur
zeigten sich die ersten grauen Fäden – deutlich anzusehen, dass ihm diese Antwort
nicht schmeckte. Leo holte tief Luft, aber er spannte seinen Körper nicht an wie
vorher, als der Chef den Edi Schmutz aufgefordert hatte, die Hemdärmel hochzukrempeln.
Dieser Raffael

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