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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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»Ist alles okay?«
    »Natürlich. Erzählt weiter! Wie haben die Männer ausgesehen?«
    Leon warf seinem Bruder einen unsicheren Blick zu. »Einer war stark wie Supermann mit so richtig großen Muskeln.« Er demonstrierte die Behauptung anhand seines eigenen dünnen Oberarms. »Und der andere war …«
    »An dem war nichts dran außer ein guter Anzug, wie Papa auch einen hat«, vollendete sein Bruder, der sich neben sie in den Schneidersitz gehockt hatte. Sie schüttelte den Kopf und konnte sich vorstellen, wer der zweite Mann gewesen war. »Ich habe euch doch schon tausend Mal gesagt, dass ihr nicht mit Fremden mitgehen dürft. Ach, was sage ich, eine Million Mal.«
    »Aber sie sagten, sie kommen von dir«, wehrte sich Roman.
    »Da haben sie gelogen«, sagte Sabine leise.
    »Oh!« Leon steckte seinen Daumen in den Mund.
    »Und wo seid ihr hingefahren?«
    Roman war jetzt ganz zerknirscht. »Über die Autobahn, immer auf der linken Spur – wir haben voll gespritzt, Mann, so richtige Fontänen, und dann in irgend so ein tiefes Tal bei Leonberg, wo alles voller Wald ist. Und dann haben sie uns an der Straße abgesetzt.«
    Leon nahm seinen Daumen aus dem Mund. »Und ich soll dir einen Gruß bestellen.« Sabine zog sie an sich, einen nach dem anderen und drückte ihre dunklen, zerzausten Köpfe an ihre Schulter. »Von wem?«, fragte sie erstickt.
    »Das wüsstest du schon«, sagte Leon.

    Laura hatte geahnt, dass sie ihm auf Dauer nicht würde ausweichen können. Als es am Montagabend klingelte, war ihr Widerstand gebrochen. Zaghaft öffnete sie die Tür. Wie immer fand sie es erstaunlich, dass man ihm nicht ansah, was er war. Er trug ein blaues Hemd, schwarze Jeans und ein schwarzes Sakko. Gut angezogen, schoss es ihr durch den Kopf. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte die Luft zwischen ihnen geknistert.
    »Salve« , sagte er.
    Sie sprachen Italienisch.
    »Willst du reinkommen? Ich habe Kaffee und Dolce.« Niemals hätte sie allein die große Tüte Plundergebäck essen können, die sie im Café gekauft hatte. Es war, als hätte sie mit ihm gerechnet. Heute.
    Er schüttelte den Kopf. »Lass uns ein Stück gehen!«
    Nach dem Regen war es abgekühlt. Sie holte sich ihre weiße Strickjacke und ließ sie sich von ihm fürsorglich um die Schultern legen. Trotz des Altersunterschieds hätte man sie für ein Paar halten können, das an einem frischen Sommerabend nach dem Regen zu einem Abendspaziergang aufbrach. Sie wandten sich in Richtung des Flusses. Die Bebauung, Mehrfamilienhäuser, Straßengewirr und Industrie, verlief sich wie eine müde Welle im Gelände. Rundum lagen Gärten, Felder, sorgfältig bearbeitetes Land zwischen Fluss und Bahnlinie, das die Mettinger Gärtner seit Jahrhunderten beackerten. An den Feldrainen öffneten die Sonnenblumen ihre schweren Blütenköpfe.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte er leise.
    »Das fragst du mich?«
    »Ja«, sagte er, und seltsamerweise glaubte sie ihm.
    Der Fluss war braungrün und satt vor Sedimenten. Sie setzten sich am Uferweg auf eine Bank und hörten dem Lärm der Bundesstraße zu, die direkt auf der anderen Seite verlief. Unterhalb der bewachsenen Böschung trieb eine Entenfamilie im Wasser, vier Küken kurz vorm Flüggewerden folgten Ente und Erpel. Noch achteten die Eltern auf ihre halbwüchsigen Kinder und hielten die Familie zusammen. Das ist sein Job, dachte Laura spöttisch. Die Familie bändigen, eine Bande junger Zocker mit dem Hang zur Selbstüberschätzung, einige profitgeile Geschäftsleute und ein Haufen kalabrischer Bauernsöhne, die kaum ihren Namen schreiben konnten. Er war wirklich nicht zu beneiden.
    »Wie geht es Alessio?«
    »Super, er lebt sich sehr gut ein. Ist viel mit den Jungs zusammen. Besonders mit seinem Bruder.«
    Sie blinzelte. Irgendwie ließ das abendliche Geglitzer auf dem Fluss ihre Augen tränen. Auf dem Uferradweg herrschte viel Betrieb.
    Eine Reihe Radfahrer mit bunten Helmen und prall gefüllten Satteltaschen drängelte sich an der Bank vorbei und kollidierte beinahe mit zwei entgegenkommenden Halbwüchsigen auf Inlineskates. Gerade noch rechtzeitig befreiten sich die Radler aus den Pedalen, sprangen fluchend ab und verhinderten so einen Unfall.
    »Mistkerle«, schrie einer, aber die Jugendlichen hatten schon die Biege gemacht. Der Radweg war zu schmal für seine zahlreichen Benutzer, die darauf ihren Freizeitvergnügungen nachgingen.
    Die Radlergruppe saß auf, setzte sich schaukelnd in Bewegung und verschwand hinter der nächsten

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