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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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wirkungsvoll versuchte er das zu verbergen, indem er sein verbleibendes Haar in langen Kammsträhnen über die Halbglatze zog. Manchmal erinnerte er sie mit seiner schmalen Nase an den Reiher, der auf der kleinen Insel am Kesselwasen fischte. Genau wie seine zuverlässige Art hatte er sein Aussehen an seine älteste Tochter Sybille vererbt, zum Glück ohne den Haarausfall und mit einer moderateren Version seiner Nase. Leonie kam mehr nach ihrer Mutter, der exzentrischen Künstlerin mit den verrückten Einfällen und dem hellbraunen Teint, den sie sich sogar im Winter bewahrte.
    »Und was macht mein Freund Max, der Mops?« Als er angesprochen wurde, wackelte der Hund langsam heran und ließ sich von Gottfried Hausmann die Ohren kraulen. »Braver Junge.«
    »Nicht ganz. Er hat heute Morgen ein Snickers aus Sebastians Schulrucksack geklaut und gefressen«, sagte Leonie vorwurfsvoll. » Mit Verpackung.«
    Ihr Vater zog die Augenbrauen hoch. »Was höre ich da? Hast du deine gewohnten Pralinen von Frau Deringer vermisst?« Schuldbewusst sackte der Mops ein Stück tiefer, legte sein schwabbeliges Kinn auf die Vorderpfoten und begann zu winseln. In seinem Nacken reihten sich mindestens fünf Speckrollen hintereinander auf, was selbst für einen Hund seiner Rasse zu viel war. Hausmann betrachtete ihn nachdenklich.
    »Bei seinem Übergewicht ist das ein eindeutiger Fall für einen Spaziergang am Neckar.«
    »Eine Runde Jogging würde euch beiden auch guttun. Der Mops würde abspecken und du kämst in Form.«
    »Genau!« Emine nickte lebhaft, worauf sie sich einen spöttischen Blick von ihrem Arbeitgeber einhandelte. Irgendwo klingelte ein Handy, so leise und verdeckt, als hätte es jemand im Schrank unter dem Wäschestapel vergraben.
    »Ist das deins?«, fragte Leonies Vater verwundert.
    »Nein, warte mal!« Das penetrante Läuten drang aus Sebastians Rucksack, der noch immer an der Wand neben dem Küchenschrank lehnte. »Ich geh schnell dran.« Sie wühlte so lange in dem Chaos darin herum – war das etwa eine vergammelte Bananenschale? –, bis sie das Handy in den Fingern hielt.
    »Ja?«
    »Sebastian?« Die Stimme am anderen Ende grollte laut und streng und kam ihr irgendwie bekannt vor.
    »Nein, hier spricht Leonie Hausmann, Sebastians Schwester.«
    »Ach Leonie, Sie sind’s. Hier Bauer, Sebastians Klassenlehrer.«
    Leonie verdrehte die Augen zur Decke und wappnete sich. Den strengen Mathebauer, der unnachsichtig die Hausaufgaben und die Anwesenheit der Oberstufenschüler kontrollierte, kannte sie noch aus ihrer eigenen Schulzeit. Kaum je war Leonie in seinem Unterricht über stolze vier Punkte hinaus gekommen.
    »Und wo ist Sebastian? Ich muss ihn unbedingt sprechen.«
    »Keine Ahnung.« Sie fragte sich, was das seinen Lehrer am Samstag anging.
    »Ja aber, Leonie. Hat Ihnen Ihr Bruder nicht erzählt, dass heute Anwesenheitspflicht besteht? Wir haben Projekttag. Zum Thema »Eine Welt«. Die Elftklässler betreuen die Unterstufe bei ihren Aufgaben.«
    Einen Moment lang verschlug es Leonie die Stimme. Dann wurde sie unglaublich zornig auf Sebastian, der sie mit seinem Handy und den Konsequenzen seiner Schulschwänzerei allein gelassen hatte.
    »Ich habe keine Ahnung, wo Sebastian ist«, sagte sie gepresst. »Das mit dem Projekttag hat er uns verschwiegen.« Das stimmte nicht ganz. Sie wusste genau, wo Sebastian steckte. Schließlich war heute eine große Stuttgart-21-Demo angesagt, auf der er sich mit Sicherheit herumtrieb. Leonie schaute auf und sah, dass die Blicke ihres Vaters und der Putzfrau gebannt an ihr hingen.
    »Sagen Sie Sebastian, dass er eine Chance hat, wenn er heute noch in der Schule auftaucht und sich entschuldigt. Sonst gibt es einen Eintrag und einen Besuch beim Rektor am Montag. Und das fällt nur so milde aus, weil ich selbst Stuttgart-21-Gegner bin.«
    »Ja«, antwortete Leonie beschämt, ärgerte sich einen Moment später furchtbar über das Gefühl und legte auf.
    »Und einen für den Propheten Mohammed, für die Mama und den Opa.« Emine hatte ein Gläschen für Leander warmgemacht und begann, ihn damit zu füttern, geduldig, Löffel für Löffel.
    »Nun?«, fragte ihr Vater. Er sah plötzlich sehr müde aus.
    »Er schwänzt den Projekttag«, sagte Leonie und zuckte die Schultern. »Dieser kleine Mistkerl. Ich hätte es wissen müssen.« Sie fasste einen schnellen Entschluss. »Könntest du Leander übernehmen, wenn ich ihn dir frisch gewickelt gebe? Ich fahre nach Stuttgart und suche ihn am

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