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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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die Glocken läuteten gerade sieben. Die Wege und die Wiesen waren voller Menschen, Stuttgart-21-Gegner, Jogger, Spaziergänger, Teenies, Penner, alles durcheinander, nur Alessio war fort. Die Gruppe Straßenkinder kampierte nahe am Lager der Parkschützer, und der Junge mit dem regenbogenfarbigen Hahnenkamm, den die Kollegen Henne nannten, starrte auf das Foto, das ihm Fabian unter die Nase hielt.
    »Wer soll das sein?«, fragte er.
    Wieso war sich Fabian so sicher, dass er log? Alessio war hier gewesen, noch heute Nachmittag. Genauso sicher, wie er heute Morgen seiner Wohnung in Mettingen einen Besuch abgestattet hatte.
    Die anderen Kinder beobachteten die Polizisten misstrauisch. Sie rochen nach Bier und ungewaschenen Haaren.
    »Alessio Cortese«, sagte Keller geduldig. »Er kommt aus Esslingen, hat allerlei ausgefressen und allen Grund, sich bei euch zu verstecken. Habt ihr ihn gesehen?«
    »Ne, Mann.« Henne schüttelte den Kopf, dass der Hahnenkamm wippte. »Sag ich doch.«
    »Und ihr anderen?« Fabians Blick blieb an dem Mädchen mit den blauen Haaren hängen, das aussah wie das wandelnde schlechte Gewissen. Prompt wurde sie knallrot.
    »N-nein«, stotterte sie.
    Ihr Hund legte den Kopf auf die Pfoten und fing an zu winseln. Die Kleine war höchstens fünfzehn, zierlich, mit dünnen Armen und Beinen. Unwillkürlich fragte er sich, wo sie heute Nacht schlafen würde.
    »Komm mal mit!« Fabian griff nach ihrem Arm und zog sie sanft zur Seite. Er ertappte sich dabei, dass er so vorsichtig mit ihr umging, als sei sie aus Porzellan. »Wir wissen, dass ihr heute Morgen in Mettingen wart, du und Alessio. Man hat euch gesehen.«
    Sie wehrte sich, zappelte so lange, bis er sie losließ. »Ich kenn keinen Alessio.«
    »Ich auch nicht«, sagte ein Junge mit Glatze und verschieden großen Sicherheitsnadeln im Ohr. »Wir haben mit Esslinger Schlägern nichts am Hut.« Henne wandte sich derweil an einen der beiden Stuttgarter Schutzpolizisten.
    »Sie haben uns doch schon vorgestern vernommen, Herr Wachtmeister. Und auch da konnten wir Ihnen nicht weiterhelfen. Also lassen Sie uns in Ruhe!«
    »Ich hatte dich für vernünftiger gehalten, Hans-Georg.« Der angesprochene Polizist schüttelte missbilligend den Kopf. »Dieser Alessio hat einen anderen Jungen ins Koma geprügelt.«
    »Was andere machen, geht uns nichts an«, sagte Henne. »Wir mischen uns nicht ein.«
    Verdammt! Die Bande hielt zusammen wie Pech und Schwefel, und Alessio hatte es auf Anhieb geschafft, ihre Solidarität zu gewinnen.
    »Wir bestellen euch aufs Präsidium, allesamt. Morgen«, drohte Fabian mit leiser Stimme. »Oder sollen wir euch gleich in Gewahrsam nehmen?«
    Das Mädchen mit den blauen Haaren sah aus, als würde es gleich in Tränen ausbrechen. Ihre Unterlippe zitterte.
    »So hat das keinen Sinn«, sagte Keller begütigend und wandte sich an die Gruppe. »Dieser Junge, Alessio, steckt in Schwierigkeiten. Wir suchen ihn auch, damit wir ihm helfen können. Und ihr überlegt am besten über Nacht, ob ihr uns etwas zu sagen habt.«
    Er drückte Henne seine Visitenkarte in die Hand, drehte sich um und ging auf den blauen Streifenwagen zu, den sie auf dem Parkplatz des Planetariums abgestellt hatten.
    »Aber Fritz.« Fabian eilte ihm hinterher. »Du kannst sie doch nicht davonkommen lassen. Das Mädchen mit den blauen Haaren muss seine Freundin sein.«
    »Lass sie!«, sagte Keller. »Sie haben ihren Ehrenkodex. Natürlich schützen sie Alessio. Und die Kleine muss erst einmal verdauen, dass er in Gefahr ist und sie ihm hilft, wenn sie ihn verrät. Die kommen schon von selbst.«
    »Aber wieso in Gefahr?«
    »Das habe ich im Gefühl«, sagte der Alte. »Seine Freunde werden ihn nicht im Stich lassen. Die müssen sich nur noch klarwerden, was am besten für ihn ist.«
    Fabian nickte betreten. Keller überraschte ihn immer wieder. »Also gut, warten wir ab.« Ihre zwei Stuttgarter Begleiter folgten ihnen und öffneten die Zentralverriegelung des Streifenwagens.
    »Ich hätte Henne wirklich für klüger gehalten.« Der Größere der Kollegen setzte sich hinters Steuer.
    »Schick mal morgen nen Streetworker vorbei, Martin!«, meinte Keller. »Ich glaube schon, dass die uns was zu sagen haben, vor allem die kleine Blaue.«
    Die beiden Esslinger Kommissare kletterten auf die Rückbank, und Martin lenkte den Streifenwagen langsam aus dem Schlossgarten.
    »Die ist doch höchstens so alt wie Alessio«, begann Fabian. »Sie ist sicher von zu Hause abgehauen.

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