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Blutiger Sand

Blutiger Sand

Titel: Blutiger Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kneifl
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nicht mehr begegnen.
    Claires Geständnis hat mich sehr aufgewühlt. Orlando und ich haben also Schwein gehabt. Aber wo ist mein Freund abgeblieben?
    Als ich mich dem Stand, an dem Simon nach wie vor mit dem alten Heiler redet, nähere, erblicke ich auch Orlando. Er steht neben ihnen am Geländer und schaut dem bunten Treiben unten in der Arena zu.
    „Das ist echt krass“, sagt er. „Gerade hat einer von diesen Burschen einen Rap hingelegt, so was hast du noch nicht gesehen. Und davor hat eine Indianerin ‚Maria‘ aus der West Side Story gesungen. ‚Maria, Maria, Maria ‘ “, trällert Orlando. „Dieser Pow Wow ist echt das Geilste, was ich je erlebt habe.“
    Leider kann ich seine Begeisterung nicht mehr teilen. Ungeduldig warte ich darauf, dass Simon endlich sein Gespräch mit dem Alten beendet. Ich muss ihm unbedingt erzählen, was ich gerade von Claire erfahren habe.
    „Du wirst es nicht glauben, Rolling Thunder kennt wahrscheinlich den Mann, den wir suchen“, sagt Simon in diesem Augenblick.
    Die Highway-Piraten und Claires Probleme können warten, beschließe ich.
    Der Alte sagt etwas in der Sprache der Navajo zu Simon.
    „Er möchte, dass ich euch von dem Mann, den er ‚The Snake‘ getauft hat, erzähle.“
    Rolling Thunder nickt die ganze Zeit mit seinem Kopf, der einem Totenschädel ähnelt.
    „Er hat vor vielen Jahren einen Weißen nach einem Schlangenbiss behandelt. Es war ein kleines Wunder, dass der Mann den Biss überlebt hat. Deshalb hat er ihn ‚The Snake‘ genannt“, sagt Simon. „Der Mann ist von einer hochgiftigen Mojave-Klapperschlange gebissen und erst viele Stunden später von einem Freund zu Rolling Thunder gebracht worden.“
    „Von Dick Carson?“
    „Schon möglich. Rolling Thunder kann sich nicht mehr an den anderen erinnern. Er hat ihn nur kurz gesehen. Der Unterschenkel des Mannes war jedenfalls stark angeschwollen und gerötet. Auch die Lymphknoten in der Umgebung der Bissstelle waren geschwollen. Er hat fantasiert. Etwas von Heckenschützen und Giftgas gestammelt. Rolling Thunder hat befürchtet, dass sein Nervensystem angegriffen sei, dennoch hat er ihn auf traditionelle Art behandelt.“
    Ein verschmitztes Lächeln erscheint in dem faltigen Gesicht des alten Medizinmannes, als er plötzlich in perfektem Englisch sagt: „Natürlich haben ihn weder die kühlenden Umschläge und Heilkräuter noch die Tänze und Trommeln meiner Stammesbrüder am Leben erhalten, sondern das Schlangen-Antiserum, das ich für solche Fälle immer parat habe. Ich habe nicht einmal seinen Unterschenkel amputieren müssen. Der Mann hat eine unwahrscheinlich gute Konstitution gehabt. Er war ein richtiger Krieger. Als er am Weg der Genesung war, hat er mir erzählt, dass er im Ersten Golfkrieg gekämpft hatte und verwundet worden war. Ein Kopfschuss hatte ihn außer Gefecht gesetzt. Er musste mehrere Operationen über sich ergehen lassen. Offensichtlich hatten ihn meine weißen Kollegen wieder gut hingekriegt, denn er wollte sich bald wieder als Söldner bewerben und zurück in den Mittleren Osten gehen.“
    „Haben Sie den Eindruck gehabt, dass er psychische Schäden davongetragen hat?“
    „Sie meinen von der Kopfverletzung?“
    „Ja.“
    „Kann gut sein. Die weißen Ärzte haben ihm eine Metallplatte eingesetzt. Irgendwo da oben.“ Er deutet auf die linke Seite seines Kopfes. „Ihm hat bestimmt ein wichtiges Zentrum im Gehirn gefehlt. Jedenfalls hat er sich sehr eigenartig benommen. Aber wir sind daran gewöhnt, dass sich Weiße uns gegenüber merkwürdig verhalten.“
    „In welcher Hinsicht eigenartig?“
    „Ich habe ihn gefragt, ob er sich wegen seiner Kriegserlebnisse einer Reinigungszeremonie unterziehen möchte. Er hat sehr aggressiv auf meinen Vorschlag reagiert. Ich habe mir seine Reaktion nicht erklären können. Ihm hätte so eine Reinigung vor allem wegen des ganzen Schlangengiftes in seinem Körper nicht geschadet. Besonders seine Nieren waren stark in Mitleidenschaft gezogen.“
    „Wie funktioniert so eine Reinigungszeremonie?“, fragt Orlando.
    Wahrscheinlich will er jetzt auch gleich so eine Zeremonie über sich ergehen lassen, obwohl ihn die arme kleine Schlange in Mesa Verde nicht einmal berührt hat, denke ich.
    „Wenn ein Indianer jemanden getötet hat, muss er sich einer Reinigungszeremonie unterziehen, das bedeutet sechzehn Tage in der Einsamkeit leben und fasten. Er darf nur reines Quellwasser trinken. Lasst euch das von Simon genauer schildern. Als er aus

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