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Blutiger Spessart

Blutiger Spessart

Titel: Blutiger Spessart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Huth
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Disziplinlosigkeit anprangern.
    »Verdammte Scheiße!«, knurrte er, dann machte er sich langsam zu Fuß auf den Weg. Klebrige Feuchtigkeit aus dem Graben war in seine teuren italienischen Schuhe eingedrungen. Bei jedem Schritt quietschte es, als ob er durch Sumpf laufen würde. Der kurze Moment, in dem die Wirkung des Alkohols durch den Schock zurückgedrängt worden war, verging wieder. Der Vorhang senkte sich erneut über seinen Geist. Vielleicht war es der Alkohol, vielleicht der Schock, vielleicht auch beides zusammen, jedenfalls wurde ihm langsam schlecht.
    Als er das Waldstück hinter sich gelassen hatte, wurde die Übelkeit so stark, dass er sie nicht mehr unterdrücken konnte. Instinktiv wich er hastig nach rechts vom Weg ab, weil er sich übergeben musste. Übergangslos sah er sich plötzlich von irgendwelchen hohen Pflanzen umgeben, die ihn regelrecht einschlossen. Während er sich an ein paar Stängeln festhielt, erbrach er würgend seinen Mageninhalt. Jetzt erst erkannte er, dass er in ein Maisfeld geraden war. Ohne zu überlegen, wankte er innerhalb des Maisackers ein Stück zwischen zwei Saatreihen weiter. Einzelne der mehr als mannshohen Maispflanzen brachen laut knackend unter seinen Sohlen, wenn er schwankend die Richtung verlor. Wieder bäumte sich sein Magen auf.
    Als dieser neuerliche Ansturm vorüber war, suchte er verwirrt nach dem Wirtschaftsweg, aber irgendwie hatte er völlig die Orientierung verloren. Überall waren diese gottverdammten Maisstängel, die ihn regelrecht gefangen hielten. Er versuchte, mit den Händen die Pflanzen zu teilen, aber die scharfen Ränder der lanzenförmigen Blätter schnitten unangenehm in seine Hände und sein Gesicht. Um seine Augen zu schützen, kniff er sie bis auf einen schmalen Schlitz zusammen. Dadurch konnte er aber fast nichts mehr sehen. Stolpernd bewegte er sich vorwärts. Mehrfach stürzte er dabei, weil er an den teilweise oberflächigen Wurzeln der Pflanzen hängen blieb. Schon lange hatte er jegliches Zeitgefühl verloren.
    Plötzlich durchbrach er unvermutet die letzte Pflanzreihe und stand im Freien. Verwirrt blickte er um sich. Wo war er? Der helle Mond beleuchtete eine Wiese. Übergangslos kam mit großer Heftigkeit der nächste Ansturm von Übelkeit. Er sackte auf die Knie, stützte sich mit den Händen ab und kotzte sich laut würgend die Seele aus dem Leib.
    Der plötzliche Schmerz in der Seite war unbeschreiblich, und der Schock verschlug ihm den Atem. Seine Augen quollen hervor, als wollten sie ihren Höhlen entfliehen. Unwillkürlich öffnete er den Mund zu einem Schrei, aber dem weit geöffneten Kiefer entfuhr kein Laut. Sein ganzer Oberkörper wurde von einer sengenden Glutwelle überflutet, die ihm den Atem raubte. Wie von einem riesigen Hammer getroffen, brach er schlagartig zusammen. Einen Augenblick zuckten seine Extremitäten in unkontrollierbaren Krämpfen, dann blieb er reglos in seinem eigenen Erbrochenen liegen. Sein Blut versickerte langsam zwischen den Grasbüscheln der Wiese.

11
    Simon Kerner war dann doch irgendwann etwas eingeschlummert. Er befand sich dabei in einer Art Dämmerschlaf, der zwar entspannend wirkte, aber sein Unterbewusstsein nicht völlig ausschaltete. Der Jäger konnte sich darauf verlassen, dass ihn jedes auffällige Geräusch in seiner Umgebung aus dem Schlaf reißen würde.
    Irgendwann in der Nacht wachte er auf. Von einer Sekunde zur anderen war er voll da. Er setzte sich aufrecht und lauschte hinüber zum Maisfeld. Von dort drang das Knacken brechender Maisstängel an sein Ohr, das ihn im Unterbewusstsein alarmiert hatte.
    Kerner schüttelte kurz den Kopf, um die letzte Benommenheit zu vertreiben, und rieb sich die Augen; dann lauschte er erneut in die Nacht. Jetzt war das Geräusch nicht mehr zu hören. Hatte er vielleicht doch nur geträumt? Der Jäger hob sein nachtstarkes Fernglas an die Augen und musterte die Seitenlinie des Maisackers. Dummerweise hatten sich gerade einige Wolken vor den Mond geschoben, sodass die Sicht nicht mehr optimal war.
    Plötzlich hielt er inne und konzentrierte sich auf eine Stelle knapp unterhalb des Maisrandes. Millimeterweise drehte er an der Feineinstellung des Glases. Sein Herz begann heftiger zu schlagen. Es gab für ihn keinen Zweifel, dort, vielleicht sechs, sieben Meter vom Rand des Maisfeldes entfernt, stand auf der Wiese eine einzelne Wildsau! Wie es aussah ein prächtiges Exemplar. Offenbar hatte die Sau vor, dort nach Würmern und Engerlingen zu

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