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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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einzuverleiben, war aber an der robusten Hafenanlage gescheitert. Stattdessen hatte sie sich an der ungeschützten Küste ausgelassen. Es sah aus, als ob Sandleg immer weiter in das Meer hineinwuchs, doch in Wirklichkeit war es die See, die immer weiter ins Land vordrang. Wenn das Wasser schon der Stadt selbst nichts anhaben konnte ...
    Gnunt war der Erste, der ins Wasser stieg. Es schien ihm überhaupt nichts auszumachen. Er drehte sich nicht erschrocken um, als er mit dem Fuß ins Wasser tippte, rümpfte nicht die Nase oder betete still zu Tabal. Er nahm es hin wie jemand ... eigentlich wie jedermann, den Cindiel kannte, mit Ausnahme von Hagrim, der aber nicht das Wasser, sondern nur seine Benutzung scheute. Auch Mogda machte wenig Aufhebens, als er in das von Ogern gehasste Element stieg. Das Pferd hatte Hagrim angebunden, bevor sie zum Strand hinabgestiegen waren. Er wollte es ungern laufen lassen, da es sie verraten konnte, so hatte er ihr zumindest zugeflüstert. Cindiel hingegen wusste genau, dass er den Wert des Pferdes in Gedanken schon in Weinflaschen umgerechnet hatte.
    Das Wasser war eisig kalt und ließ Arme und Beine schon nach wenigen Augenblicken taub werden. Das sanfte Rauschen der Wellen übertönte ihre Schritte, als sie langsam durch die Fluten staksten. Drei Fuß tief war es bereits, und mit jedem Schritt führte es sie tiefer in das dunkle, kalte Nass. Als sie den nördlichen Wachturm erreichten, klammerte sich Cindiel halb benommen an das mit Muscheln und Tank bewachsene Fundament.
    »Komm her«, sagte Mogda mit ruhiger, sanfter Stimme und zog Cindiel zu sich hinüber. »Halt dich an mir fest, wir haben es bald geschafft.«
    Den Ogern reichte das Wasser gerade einmal bis über den Bauch. Auch Gnunt breitete die Arme fürsorglich Richtung Hagrim aus. Der Geschichtenerzähler zog es jedoch vor, ohne fremde Hilfe seinen Weg fortzusetzen. Er zitterte am ganzen Körper, und seine Zähne klapperten geräuschvoll gegeneinander, deshalb antwortete er mit einem bloßen Kopfschütteln. Gnunt nahm die Geste nicht persönlich, bot sich aber auch kein zweites Mal an.
    Die schweren geteerten Balken der Pier waren schnell erreicht, und auch eine Leiter, die sie an Land führte, war nicht weit entfernt. Kein einziges Schiff lag an der Kaimauer. Die drei Schiffe, die noch in Sandleg geblieben waren, zwei Schoner und eine Dreimastbark, lagen weit draußen in der Hafenbucht vor Anker. Die spärlichen Positionslichter deuteten darauf hin, dass niemand an Bord war.
    Bevor die vier das Ufer erreicht hatten, gellte plötzlich eine Stimme durch die Nacht. Der Redner schien weit entfernt, vielleicht auf dem Marktplatz, aber seine Stimme war klar und durchdringend.
    »Auf dass Prios unsere Worte erhört und unsere Gedanken in Taten verwandelt«, hieß es.
    Cindiel und Hagrim hatten diese Worte schon hundertfach gehört. Sie waren das Ende einer Gebetszeremonie der Priostempler. Diese Art von Gebeten wurde meist im größeren Kreis abgehalten. Die Kleriker riefen ihre Gläubigen zusammen, um gemeinsam Prios zu lobpreisen. Stets begannen sie mit denselben Worten: »Mächtiger Vater, Beschützer der deinen und Tafelherr der Götterschar, allgewaltiger Prios, erhöre unsere Worte und empfange unseren Dank.« Nach einigen Minuten des stillen Gebets schlossen die Priester dann mit den eben gehörten Worten.
    »Der Hohepriester Ochmalat ist auf jeden Fall noch hier«, schlussfolgerte Cindiel zitternd vor Kälte.
    Ein barbarisches Gebrüll folgte auf die Worte des Hohepriesters, und der brennende Karren einer Marktfrau flog wie ein Meteorit mit einem Schweif glühender Funken durch die Luft Richtung Stadtzentrum.
    »Hagmu auch«, gab Mogda zurück.
    Sie warteten, bis der feurige Ball krachend zu Boden ging. Dies war sicherlich nicht Hagmus erster Wutausbruch, denn die Menge, welcher der Angriff gegolten hatte, blieb ruhig. Die panischen Rufe blieben aus, nur vereinzelt hörte man Warnungen wie: »Zurück!« oder: »Passt auf, dort!«
    Dann kehrte wieder Ruhe ein, und mit ihr kam die Dunkelheit, die Mogda, Cindiel, Gnunt und Hagrim die Möglichkeit gab, zurück an Land zu klettern. Mogda war der Erste, der die Leiter erklomm. Er war ein Oger und kannte wahrscheinlich die meisten von denen, die sich Hagmu angeschlossen hatten, trotzdem war er vorsichtig.
    Hagmu war seit jeher einer der wenigen, die das Bündnis mit den Menschen nie gutgeheißen hatten. Trotzdem schloss er sich damals den Karawanen mit rotem Marmor an, um sie den

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