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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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schneien, nur diesmal war es kälter als zuvor. Die herabfallenden Schneeflocken bildeten eine matschige Schicht auf dem Wasser, die mit den Wellen an die Küste getragen wurde. Von der Sturmwind II waren nur noch die Positionslichter zu sehen, und auch diese würden gleich verschwunden sein. Von ihr zurückgelassen wurden ein Rettungsboot, zwei Sack Verpflegung und vier Gefährten, wie sie ungleicher nicht sein konnten.
    Das Schneetreiben zog in die Meerenge und ergoss sich in das dahinterliegende Land. Das fahle Mondlicht konnte nur gelegentlich zwischen den schweren, tief hängenden Wolken hindurchscheinen, aber in diesen kurzen Momenten ließ es die fallenden Schneeflocken aussehen wie Diamanten, die vom Himmel regneten.
    Cindiel stand trockenen Fußes auf einem Stein und schaute der Sturmwind nach, während das halb gefrorene Wasser sie umspülte. Gnunt hatte sich hinter sie gestellt, und das eiskalte Wasser schwappte über seine fast nackten Füße. Doch obwohl sie auf einem Stein stand, überragte er sie immer noch um gut drei Fuß.
    Die Positionslichter waren verschwunden, als Cindiel sich umdrehte. Gnunt sah immer noch hinaus aufs Meer, als ob sein Blick weiter reichte wie der der jungen Hexe.
    »Hilfst du mir herunter?«, fragte Cindiel.
    Gnunt sah sie erschrocken an, setzte aber einen Herzschlag später sein fast allgegenwärtiges Lächeln auf. Er nickte zufrieden, packte Cindiel sanft an der Hüfte, hob sie hoch und stellte sie neben sich in das knöcheltiefe Wasser.
    Cindiel versuchte, einen Aufschrei zu unterdrücken, trotzdem entfuhr ihr ein schauderndes »Huhu«.
    Verwundert sah Gnunt sie an. Er musterte sie und schien sich zu fragen, ob er ihrer zierlichen Gestalt wehgetan haben könnte. Erst als sie sein Lächeln erwiderte und seinen Blick auf ihre Füße lenkte, verstand er - jedenfalls so gut er konnte.
    Gnunt nickte verständnisvoll. »Gehen weg von Waffer«, sagte er. »Füfe naff, flecht für Laufen.«
    »Ich werde es mir merken«, sagte Cindiel und balancierte auf Zehenspitzen zum Ufer.
    Sie war bereits ein Stück vorausgelaufen, als sie sich umdrehte und bemerkte, dass Gnunt immer noch im Wasser stand und dem Schiff nachsah.
    »Komm mit, Gnunt, wir müssen Hagrim und Tastmar wieder einholen, sonst verlieren wir sie in der Dunkelheit. Es ist zu gefährlich, wenn wir getrennt werden.«
    »Gnunt fich merken«, antwortete Gnunt, warf einen letzten Blick hinaus aufs Meer und folgte ihr.
    Gnunt war Cindiel etwas unheimlich, doch sie wollte es ihn auf keinen Fall spüren lassen. Mogda hatte ihr erzählt, dass Gnunt es gewesen war, der Eliah im Elfenwald getötet hatte. Ihm war es zu verdanken, dass überhaupt einer der Oger lebendig zurückgekehrt war. Ganz allein und nur durch seine Beobachtungen hatte er herausgefunden, dass Eliah nicht durch Kraft oder Mut besiegt werden konnte. Schwerter und Äxte prallten einfach an ihm ab, die schweren Faustschläge der Oger konnten ihn nicht zurückdrängen, und Pfeile und Bolzen brachen an seiner Brust wie morsche Äste.
    »Mann ohne Fuhe fein wie Waffer«, hatte Gnunt erklärt, als er diesen gepackt und einen abgebrochenen Ast langsam und ohne grobe Gewalt durch dessen Körper getrieben hatte. Es ergab Sinn. Eliah - oder Illistantheè , wie die Nesselschrecken ihn genannt hatten - war ein Dämon aus den Tiefen der Meere. Er brauchte das Wasser zum Leben wie die Menschen die Luft zum Atmen. Sein Körper war aus Wasser, und er verhielt sich auch so. Je stärker man darauf einschlug, desto härter wurde es. Jedem Kind war dies bekannt, und dennoch wäre nicht einmal einem Gelehrten diese Idee gekommen.
    Gnunt war kein Gelehrter, er war ein Oger, aber auch von seinesgleichen unterschied er sich. Mogda hatte seine Intelligenz durch ein magisches Amulett bekommen, doch was außer einem langen einsamen Leben in Gefangenschaft hatte Gnunt vorzuweisen, um seine Andersartigkeit zu rechtfertigen?
    Tastmar, Cindiels anderer hünenhafter Begleiter, war nicht minder sonderlich. Er hatte eine lange Narbe am Hals, dort, wo Eliah ihm im Kampf ein Schwert hineingerammt hatte. Seit diesem Tage war er stumm. Außer einem zustimmenden Brummen oder einem knurrenden Widerspruch hatte sie von ihm noch nie etwas vernommen. Als Hagrim vor Kurzem eine Fackel entzünden wollte, um ihnen den Weg zu leuchten, hatte er sie ihm aus der Hand gerissen und sie ins Wasser geworfen. Die Miene des Ogers war dabei eisig und starr gewesen - wie stets. Selbst was er auch ohne Worte hätte

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