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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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hören konnten. Dann wandte sie sich an Hagrim und flüsterte ihm zu. »Tue lieber, was sie sagen.«
    Hagrim lachte auf. »Warum sollte ich das wohl tun, nur weil er einen alten morschen Baum mit einem Schlag fällen kann?«
    »Deswegen.« Sie packte sein Kinn und drehte es Richtung Osten. Hagrim erkannte mehrere sich bewegende Silhouetten. Die Fremden waren noch über eine Meile entfernt, doch sie hielten direkt auf sie zu.
    »Orks?«, fragte der Geschichtenerzähler.
    »Hüttenbauer«, erklärte Gnunt. »Ork laufen andere Richtung, wenn fehen Oger.«
    Das leuchtete ein, gestaltete die Situation aber nicht einfacher.
    Sie hatten bereits ihr Lager aufgeschlagen - was nicht besonders lange gedauert hatte bei der mangelnden Verpflegung und der dürftigen Ausrüstung, die sie bei sich trugen -, als die Männer sie schließlich erreichten. In breiter Front, mit starren Blicken und stumm, kam der kleine Trupp auf ihr Lager zu. Cindiel war sich sicher, dass es sich um Krieger handelte. Fragte sich nur, welchem Herrn sie dienten.
    Sechs kräftige Männer, gepanzert mit den unterschiedlichsten Rüstungen und einem regelrechten Waffenarsenal, konnten nur Krieger sein, oder besser gesagt: Söldner. Solche Männer nördlich des Gebirges zu schicken, konnte die unterschiedlichsten Gründe haben, aber bezahlen konnten sie nur die wenigsten. Das sie den Weg quer durch Nelbor, über den Pass und weit hinein in den roten Sumpf gemacht haben sollten, nur um hier ihr Glück zu suchen, schien mehr als unglaubwürdig. Keiner dieser Männer würde auch nur einen Fuß aus der Kneipe setzen, ohne dafür Gold zu verlangen.
    Cindiel kannte diese Sorte Krieger. Sie waren bereit, jeden, der ihnen half, großzügig zu entlohnen. Nicht selten war es vorgekommen, dass einer von ihnen an ihre Tür in Osberg klopfte und nach Tränken und Salben fragte. Konnte sie solche entbehren, trennte sie sich davon und bekam mehr als ausreichend Gold dafür gezahlt. Dennoch scheute sie sich auch nicht davor, mal einen Söldner zurückzuweisen, wenn ihre Heilkunst dringender bei friedfertigeren Menschen benötigt wurde. Sie wusste, dass jede Hilfestellung, die sie diesen Männern leistete, einem anderen das Leben kosten würde. Sie versuchte sich einzureden, dass es Mörder, Diebe und Frauenschänder waren, die den Schwertern der Söldner erlagen - eine Lüge, mit der es sich aber zuweilen besser leben ließ. Im Moment konnte sie nur hoffen, dass diese Männer sie nicht eines besseren belehrten.
    Gnunt wollte sich erheben, um die Hüttenbauer willkommen zu heißen, doch Tastmar knurrte ihn nur an und bedeutete ihm, sich wieder zu setzen. Anscheinend hegte Gnunt überhaupt keinen Zweifel an der Rechtschaffenheit der Männer. Wobei er auf Nachfragen sicherlich auch Eliah nett gefunden hatte.
    Mit jedem Schritt, den die Söldner näher kamen, wanderte auch Tastmars Hand weiter dem Griff seiner Axt entgegen. Doch bevor seine Finger auch nur die Waffe berührten, blieb der Trupp stehen.
    »Prios zum Gruße«, rief einer von ihnen. »Habt ihr etwas dagegen, wenn wir uns ein Weilchen zu euch gesellen?«
    Prios zum Gruße, dachte Cindiel, das fängt nicht gerade verheißungsvoll an. Söldner waren nicht gerade dafür bekannt, besonders gefestigt im Glauben zu sein. Ihre Angelegenheiten ließen es nicht zu, auf den Willen der Götter zu warten, ihre Auftraggeber waren ungeduldige Menschen, und die Entlohnung war umso höher, je schneller der Auftrag ausgeführt wurde.
    »Den Göttern zum Gruße«, antwortete Cindiel, nachdem ihr klar wurde, dass niemand anderes die Frage des Söldners beantworten würde. Sie fragte sich, wie es wohl weitergegangen wäre, wenn nicht sie die Stimme erhoben hätte. Die Antwort erschloss sich ihr, als sie Tastmars Hand nach dem Axtstiel greifen sah.
    »Kommt her und gesellt euch zu uns«, sagte sie schnell, bevor der Oger das Gespräch in ein Gemetzel verwandeln konnte.
    Tastmar blieb ruhig sitzen, aber er war angespannt wie eine Bergkatze beim Belauern ihrer Beute. Er hatte die Fremden noch nicht eines Blickes gewürdigt, und doch sah man, dass er ihren Tod herbeiwünschte. Gnunt hingegen schien die Freude in Person. Er grinste breit und tastete in seinem Beutel nach einigen besonderen Leckerbissen. Für Cindiel stand es außer Frage, dass er den Söldnern, sobald sie näher gekommen waren, etwas davon anbieten würde.
    Die Söldner tauschten verstohlene Blicke untereinander aus. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, traten sie ins Lager.

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