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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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wirkten nach all den Jahren immer noch wie blank poliert. Die Schmiedekunst der Zwerge und jene Magie aus dem Quell selbst hatten sie zu dem werden lassen, was sie war - die Wächterkette.
    Die Glieder ragten aus dem Tümpel Richtung Norden, dem Spalt entgegen. Vielleicht war der Wächter jagen gegangen, und Trumbadin hoffte, dass der Oger einen der Wölfe erlegt hatte, um seinen Hunger nach Fleisch zu stillen. Mit welchem Wesen Nassfals man auch zu tun hatte - es war immer besser, wenn sie satt waren.
    Trumbadin hing immer noch zwei Schritt über dem Boden, als er hörte, wie ein Ende der Kette hinter ihm zu Boden geworfen wurde. Er wirbelte herum, presste sich mit dem Rücken gegen das Gestänge des Käfigs, derweil sich seine Finger um das kalte Metall verkrampften. Doch es war bereits zu spät. Der Oger war unbemerkt herangekommen, riss an dem Käfig und schleuderte ihn quer durch die Halle. Die Kettenglieder knarrten verächtlich, aber sie hielten.
    Trumbadin raste mit dem Käfig durch die Dunkelheit. In einem weiten Bogen kreiste er durch die Halle. Die schroffen Felsen einer Wand kamen näher, und der Zwerg sah sich bereits - in einem Wust aus Metall und Stein - zerquetscht am Boden liegen. Doch bevor der Käfig die Wand erreichte, drehte er ab und schwang zurück. Wieder verfehlte er nur haarscharf den groben Fels der andern Höhlenseite. Der Käfig schoss wenige handbreit über eine Gruppe von Felsen hinweg und rauschte weiter durch die Dunkelheit.
    Nur die blauen Flammen dienten Trumbadin als Orientierung und zeigten, wie weit und schnell er sich bewegte. Nach kurzer Zeit schon wurde ihm schwindelig, und er schloss die Augen. Erst als er das Gefühl hatte, das Taumeln hätte ein Ende, öffnete er sie wieder und sah, wie er geradewegs auf das blaue Feuer zusteuerte. Dahinter stand der Oger, der letzte Wächter. Das Licht beschien dessen Körper und ließ es aussehen, als ob die dunklen Tätowierungen über seine Haut krochen.
    Aufrecht stehend, würde Trumbadin ihm kaum bis zur Hüfte reichen, und das auch nur, weil die Beine des Unholds ungleich kürzer im Verhältnis zu seinem Oberkörper schienen. Auf den Zeichnungen, die Trumbadin in den Schriften gesehen hatte, wirkten die Oger irgendwie lächerlich, doch dieses Exemplar hier war weit von dem entfernt, was sich ihm auf dem vergilbten Pergament gezeigt hatte. Der letzte Wächter schien mit jedem Muskel, mit jeder Bewegung und - was am Schlimmsten war - mit seinem Gesicht zu sagen: »Komm näher, Zwerg, gleich bist du nur noch ein blutiger Fleck an der Wand.«
    Trumbadins Hände verkrampften sich stärker um die Stäbe, und seine Füße stemmte er gegen das Gitter im Boden. Der Käfig hielt mit dem Tempo eines galoppierenden Ponys genau auf den Oger zu.
    Als sie zusammenstießen, krallte sich die Ogerhand in die Gitterstäbe. Der Hüne winkelte den Arm an und warf sich seitlich mit der Schulter gegen den Korb. Die Wucht des Aufpralls konnte den Oger nicht zurückdrängen. Stattdessen verbogen sich die Gitterstäbe und rissen aus den Querstreben. Trumbadin wurde nach vorn geschleudert. Seine Füße rutschten ab, das Eisen der Stäbe wurde aus seiner Umklammerung gerissen. Er flog nach hinten und krachte auf der anderen Seite gegen die Stäbe.
    Der Maester schien kurz das Bewusstsein verloren zu haben, denn als er die Augen öffnete, lag er bereits am Boden, zu Fuße des Throns. Zwei seiner Fingernägel waren ausgerissen, und der Rest seiner Finger war taub. Seine Schulter schmerzte, und einige Rippen waren geprellt, gaben aber gleichzeitig Aufschluss darüber, wie er aus dem Käfig gelangt war - im freien Fall. Weiterhin gab es ein Dutzend Prellungen und Quetschungen, die seinen Körper übersäten, und wenn er es richtig deutete, hatte ihm der Zusammenprall wenigstens zwei Rippen gebrochen.
    Trumbadin zuckte zusammen, als er die Füße des Ogers vor sich sah. Die Kreatur war keine Armlänge von ihm entfernt und schien nun auf dem Thron zu sitzen. Die groben, mit Hornhaut überzogenen Füße steckten in einfachen Sandalen, die mit Lederbändern bis hinauf zum Knie geschnürt waren. Die von Dreck verkrusteten Fußnägel glichen eher den Krallen eines Bären als denen eines Humanoiden. Man hätte eine Schmiedefeile benötigt, um sie zu stutzen.
    Sein bronzenes Schwert kam ihm in den Sinn, doch er verwarf den Gedanken sogleich wieder. Es hatte keinen Zweck, sich gegen den Oger zu stellen oder weiterhin so zu tun, als ob er bewusstlos wäre. Trumbadin

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