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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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achtete, sein Herrchen nicht zu verlieren.
    Hagrim strecke die Arme den Göttern zum Dank entgegen, als Cindiel und Gnunt sich wieder auf den Weg machten.
    Gnunt war noch eine Weile damit beschäftigt, sein Leiden zu pflegen. Bei jedem Schritt verzog er schmerzdurchflutet das Gesicht und bemühte sich, seinen Gang möglichst humpelnd aussehen zu lassen. Doch schon nach dem zweiten Sandhügel schien ihm sein Schauspiel selbst lästig zu werden, und er verfiel wieder in seine normale Gangart.
    »Na, es scheint schon wieder besser geworden zu sein«, neckte Cindiel ihn.
    Zufrieden nickte Gnunt, während er bei zwei Schritten sein Humpeln noch einmal ausprobierte. »Oger können viel in Beutel tragen«, erklärte er stolz.
    Cindiel nahm an, er wollte sagen, dass Oger viel einstecken konnten, doch anscheinend war seine Fähigkeit, Redewendungen zu benutzen, genauso gut ausgeprägt wie sein schauspielerisches Talent. Um nicht noch mehr Verwirrung zu stiften, beließ es Cindiel bei diesem sprachlichen Ausrutscher und verbesserte ihn nicht. Oft genug war sie mit Mogda deswegen aneinandergeraten und hatte auch dort keinen Dank geerntet. Sie musste schmunzeln bei der Vorstellung, was Gnunt wohl aus dem Begriff »Dank ernten« machen würde.
    Der Tag war bereits angebrochen, aber Tastmar bestand darauf, den Weg fortzusetzen, bis sie das Ende der Hügellandschaft im Osten erreicht hätten. Nach jeder Erhöhung, die sie hinter sich ließen, hoffte Cindiel, das Flachland zu erreichen und den Pass nach Nelbor endlich sehen zu können. Ein ums andere Mal wurde sie enttäuscht, bis die Sonne fast ihren Zenit erreicht hatte. Tastmar war immer eine Viertelmeile voraus. Als sie ihn vor sich auf einem der sandigen Hügel stehen sah, wie er seinen Arm hob und das Zeichen zum Rasten gab, ließ sie sofort ihr Gepäck fallen und hockte sich einfach dorthin, wo sie gerade noch gestanden hatte. Ein kräftiger Schluck aus ihrer Wasserflasche reichte, um ihren Durst zu stillen. Alles, was sie jetzt noch brauchte, war Schlaf. Um sich vor der Helligkeit zu schützen, legte sie sich ein Tuch über die Augen und legte ihren Kopf auf den Beutel, den sie bei sich trug.
 
    Es dämmerte bereits, als Cindiel aus ihrem Traum aufschreckte. Wie schon so oft in den Nächten zuvor träumte sie von Bocco Talis. Der Traum zog sich in ihrem Schlaf endlos hin, obwohl er sich immer nur mit der einen Frage beschäftigte: Was nahm Bocco als Bezahlung für ihre Antworten? Manchmal war der Albtraum erträglich, ja fast langweilig, und manchmal merkte Cindiel, wie ihr der Schweiß im Schlaf von der Stirn lief, weil allein die Vorstellung, das eine oder das andere zu verlieren, Panik in ihr weckte. Das Ende war immer gleich: Boccos Kopf fuhr herum, und die Vettel starrte mit ihrem hämischen Grinsen Hagrim an. Nach einem kurzen Moment fingen beide an zu lachen.
    Der jetzige Traum hatte eine kleine Änderung erfahren. Wieder hatten sich Hagrim und Bocco in die Augen gesehen, doch diesmal hatten beide gewiehert wie ein Pferd. Cindiel blieb keine Zeit, die Deutung im Traum weiter anzugehen, da dies ohnehin immer der Zeitpunkt war, an dem sie erwachte. Die Bilder in ihrem Kopf verschwanden - doch das Wiehern blieb, und Schreie und Rufe gesellten sich dazu.
    Cindiel riss sich das Tuch vom Gesicht und sah sich ängstlich um. Hagrim lag neben ihr - er musste sich irgendwann nach ihrem Einschlafen dazugesellt haben - und räkelte sich. Von Gnunt und Tastmar war keine Spur zu sehen. In den Tagen zuvor waren sie auch bereits immer schnell wieder auf den Beinen gewesen und hatten ihren weiteren Weg ausgekundschaftet, doch waren sie meist nie weit weg. Cindiel fielen die Söldner ein, die ihr Lager am ersten Abend besucht hatten und mit grimmigen Mienen davongezogen waren. Sie würden sicherlich nicht lockerlassen, solange sie Beute witterten. Sie waren den beiden Ogern zwar nicht weit überlegen, wenn es zu einem Streit kam, aber selbst einen ausgeglichenen Kampf konnten sie momentan nicht gebrauchen. Sie mussten so schnell und so unauffällig wie möglich den Stein in Sicherheit bringen.
    Cindiel sprang auf, rückte ihre Kleider zurecht und trat dann Hagrim sanft in die Seite, der sich daraufhin knurrend umdrehte. Erst ein neuerlicher Tritt, der auf seinen Hintern gerichtet war, brachte ihn dazu, sich in eine sitzende Position zu begeben.
    »Was ist das für ein Geschrei?«, stammelte er.
    »Durch Herumsitzen werden wir es nicht herausfinden«, fauchte sie ihn an. »Beweg deine

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