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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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die Sturmwind zu. Auf jedem der Boote prangte nun ein Langschild am Bug. Die fremden Seeleute schienen damit zu rechnen, von Bogen- oder Armbrustschützen attackiert zu werden. Die Frage nach ihren Absichten stellte sich somit nicht mehr. Nur wie sie es bewerkstelligen wollten, an Bord zu kommen, gab Mogda ein Rätsel auf.
    »Verteilt euch an der Reling«, brüllte Londor seinen Befehl. »Wartet, bis sie längsseits liegen, und dann werft alles, was nicht niet- und nagelfest ist, auf sie herunter. Keuchel, bring das heiße Wasser nach vorn, und Tinnert, mach die Fässer los. Jeder Mann und jeder Oger, der eine von diesen Nussschalen versenkt, bekommt von mir hundert Goldstücke.«
    Jetzt kam die dezimierte Mannschaft der Sturmwind in Wallung. Keuchel schob einen Topf nach dem anderen, gefüllt mit heißem Wasser, durch die Kombüsenluke auf Deck. Die leeren Fässer wurden losgebunden und mit überflüssigem Zeugs gefüllt, damit sie mehr Gewicht bekamen. Mo schnitt die schweren Umlenkrollen aus der zerstörten Takelage und wog sie zufrieden in der Hand.
    »Wer davon eins an den Schädel kriegt, hat erst mal Landurlaub auf dem Grund des Meeres«, rief er stolz.
    »Jeder Mann hat ein Messer bei sich«, schrie Londor dazwischen. »Ich will nicht einen Enterhaken an der Reling meines Schiffes sehen, an dem noch ein Strick dranhängt. Wo ein Strick hängt, zeigt sich auch bald ein Hals, schneidet am besten beides durch. Mit den Haken zerfetzt ihr ihre Segel, habt ihr gehört?«
    Das dumpfe Signal aus einem Horn ließ für einen kurzen Augenblick alle Aktivitäten an Bord ersterben. Der lang anhaltende Ton schien direkt aus dem Meer zu kommen. Er hörte sich an wie das erstickende Flehen ertrinkender Männer, doch er kam aus einem Horn von einem der Segelboote, nicht aus den Tiefen des Meeres. Neugierig beugten sich alle an Deck über die Reling, um zu sehen, welche List die Fremden wohl ausgeheckt haben mochten.
    Kurz vor der Sturmwind teilte sich die kleine Flotte. Erst in letzter Sekunde, als die Jollen drohten vom Bug der Sturmwind erfasst zu werden, scherten sie aus. Boot für Boot lenkte entweder auf die Back- oder Steuerbordseite der Bark. Dicht an der Bordwand glitten sie vorbei. Die Spitzen ihrer Segel reichten gerade einmal hoch bis zur Reling.
    »Versenkt sie«, schrie Londor von seinem Platz hinter dem Ruder.
    Im selben Moment flog der erste Ballast über Bord. Fässer, gefüllte Säcke mit Sand und die Trümmer vom Mastbruch hievten die Männer über die Reling und ließen sie auf ihre Angreifer niederregnen. Bralba stieß mit ihrem Speer in die Segel der Jollen, Gortolk versuchte, die fremde Takelage mit seinem Schwert zu erreichen. Die Wurfgeschosse prallen an den kräftigen Verstrebungen der Jollen ab, verhedderten sich oder wurden vom Segeltuch gebremst. Nur die wenigsten fanden ihr Ziel in der geduckt liegenden Mannschaft der kleinen Boote. In Windeseile halfen die Kameraden ihren getroffenen Freunden, befreiten sie von dem herabgestürzten Unrat und warfen ihn abermals über Bord. Mogda kam die ganze Situation sehr befremdlich vor. Keine Kriegsrufe, kein Lärm von aufeinanderprallenden Klingen war zu hören, und von ihren Gegnern war immer noch nicht mehr zu sehen als die breiten Rücken, die sich schützend in den Rumpf ihrer Schiffe drängten.
    Die Sturmwind machte kaum noch Fahrt, und trotzdem waren die Jollen zu schnell an ihnen vorbeigezogen, um sie wirklich attackieren zu können. Als die ersten Boote das Heck der Bark erreichten, dröhnten dumpfe Schläge durch den Rumpf. An das Achterdeck hatte sich kaum einer der Oger oder der Mannschaft gestellt. Die Aufbauten dort reichten noch sechs bis sieben Fuß höher als das Deck, und von dort waren die niedrigen Jollen kaum zu erreichen.
    Londor stürmte an die Reling. »Sie schlagen Spreizkeile in die Zwischenräume der Bohlen«, schrie er. »Rafft die Segel, werft den Anker.«
    Nur die wenigsten an Bord schienen zu begreifen, was es mit den Spreizkeilen auf sich hatte, dennoch reagierten sie sofort. Klirrend ratterte die Ankerkette durch die Klüse. Das lärmende Geräusch wurde einzig und allein begleitet von den dröhnenden Schlägen am Heck, wenn wieder eine der Jollen die Bark passierte. Die kleinen Boote wendeten hinter ihnen wieder und begannen mit der Aufholjagd.
    Mogda konnte die alten ledergegerbten Gesichter der Angreifer sehen, als sie sich beim Wendemanöver von einer Seite zur anderen legten. Lange, strähnige, fast graue Haare und volle

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