Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
es aussah, hatten diese vier ihre ganz eigene Art, mit Neuankömmlingen umzugehen. Die Spitzen ihrer Hellebarden bewegten sich drohend in Armlänge vor Finnegan und seinen Männern.
»Wir sind Söldner aus Osberg und im Auftrag von Lord Tyvell unterwegs. Wir bringen diese beiden Oger zum Verhör in die Stadt«, verkündete Finnegan, diesmal nicht ganz so überzeugend wie noch zuvor. Auch die rührselige Ansprache über ihre schweren Verluste musste er sich verkneifen, da Hagrim und Cindiel zwar mitgenommen, aber nicht tot aussahen.
»Söldner aus Osberg? Bring mich nicht zum Lachen, Junge«, grunzte der Krieger. »Du mit deinen zwanzig Jahren träumst wohl noch davon, ein Söldner zu sein. Euer ganzer Trupp ist doch nicht mehr als ein Haufen Strauchdiebe, die versuchen, im blutigen Geschäft einen Platz zu finden, damit sie sich nicht mehr nachts aus den Stadtmauern flüchten müssen. Ihr seid es wahrscheinlich leid, euch vor den Stadtwachen verstecken zu müssen, und hofft, mit diesem Fang eure Begnadigung erkaufen zu können. Einen richtigen Söldner rieche ich eine Meile gegen den Wind. Ihr jedoch riecht nur ein wenig nach billigem Fusel, wenn man nah genug herankommt.«
Finnegan verließ der Mut, seine Geschichte weiter auszubauen, doch jedenfalls ließ er sich nicht so weit verunsichern, um klein beizugeben. Er zog es vor, einfach den Mund zu halten. Hagrim war diese Gabe nicht gegeben.
»Wenn ihr so stolz darauf seid, schon so viele Jahre unter uns zu weilen, frage ich mich, warum ihr das jetzt alles aufs Spiel setzen wollt. Mir sind ja schon so einige Großschnauzen aus Turmstein und Lorast untergekommen, doch keine, die es so nötig hatten, in den Boden gestampft zu werden, wie ihr. Hätte euch eure Mutter beigebracht, wie man zählt, würde euch auffallen, dass wir zwei zu eins überlegen sind. Ich gebe euch den guten Rat: Trollt euch zu den anderen und nehmt Platz an ihrem Feuer, bevor wir dafür sorgen werden, dass eure Gebeine hier im Dunklen auskühlen, ehe man sie findet.«
Dem Söldner stand die Wut ins Gesicht geschrieben. Er schnappte nach Luft und wollte gerade mit einer passenden Antwort kontern, da fiel Hagrim ihm erneut ins Wort.
»Bevor du glaubst, du müsstest jetzt mit einer deiner Heldengeschichten aus der Zeit der Trollkriege angeben, solltest du wissen, dass die junge Frau neben mir eine Feuermagierin ist, die wenig für Geschichten übrig hat, die deinem dumpfen und überaus hässlichen Kopf entspringen. Sie hat wahrscheinlich mehr Menschen ihren Flammen zum Fraß vorgeworfen, als du überhaupt kennst. Der Junge, wie du ihn genannt hast, hat wirklich noch nicht viele Jahre hinter sich gebracht, doch wenn du nicht ständig besoffen wärst oder dich in Hurenhäusern herumtreiben würdest, hättest du vielleicht den Namen Finnegan schon einmal gehört. Er ist der Finnegan.«
Hagrim schaute den Söldner trotzig an. Der Mann hatte aufgehört, etwas erwidern zu wollen, und stierte jetzt nur noch mit fragendem Blick sein Gegenüber an.
»Du weißt nicht, wer Finnegan ist?«, polterte Hagrim heraus. »Er ist das Mündel der Schwestern des schwarzen Briefes. Die drei Frauen haben ihn im Alter von zwei Jahren aus dem Waisenhaus geholt und ihn in den Künsten der Assassine unterrichtet. Er ist ein Meister ihrer Zunft geworden, bevor er sein sechzehntes Lebensjahr erreicht hatte. Man sagt, er töte seine Opfer so schnell, dass er schon wieder verschwunden ist, bevor ihnen auffällt, dass sie tot sind. Und was meine Wenigkeit betrifft, kann ich nur sagen, dass es einen Grund dafür gibt, dass wir nur nachts reisen.«
»Jetzt formte der Söldner bereits Worte mit dem Mund, ohne dass ein Laut hervordrang. Hagrim kannte diese Geste, und es zeigte ihm, dass der Kopf des Mannes mit den vielen Worten und Namen nicht mehr zurechtkam und deshalb versuchte, sie mit dem Mund nachzuformen. Er durfte jetzt nur nicht nachlassen, gleich würde alles vorbei sein.
»Aber eines muss ich Euch zugestehen«, lenkte er ein. »Im Grunde genommen habt Ihr Recht. Wir haben zwei Oger gefangen genommen, wovon nur einer sprechen kann. Der faselt zwar genauso wie ein dreijähriges Kind, doch für ein Verhör wird es sicherlich reichen. Ich persönlich bewache lieber nur einen von diesen hässlichen Ungetümen, und selbst das wird schwer genug werden, wenn wir durch das Tannenverlies müssen.«
Hagrim wandte sich Tastmar zu und ging zu ihm hinüber. Er packte den Oger und zog ihn an den Handfesseln hinter sich
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