Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
her.
»Den könnt ihr haben, wenn ihr wollt. Er bringt euch bestimmt hundert Goldstücke ein.«
Hagrim stellte Tastmar vor dem Söldner ab, und beim Weggehen zog er die Schlinge, mit der die Fesseln des Ogers verknotet waren, auf.
»Ihr müsst aber gut auf ihn aufpassen«, flüsterte er. »Er ist manchmal ein wenig eigensinnig und reagiert dann äußerst entfesselt.«
Noch bevor der Söldner begriff, was passiert war, packte Tastmar den Kopf des Mannes mit einer Hand und drehte ihn auf den Rücken. Das knackende Geräusch glich einem brechenden Ast, und trotzdem sorgte es bei Cindiel für einen kalten Schauer. Mit der anderen Hand packte Tastmar die Hellebarde des toten Söldners und stieß sie beiläufig und ohne große Anstrengung dem danebenstehenden Krieger durch den Hals. Mit der einen Hand umklammerte der sterbende Mann die Waffe an der Einstichwunde und mit der anderen dort, wo sie in seinem Genick wieder austrat. Tastmar ließ ihn einfach zur Seite fallen.
Den anderen beiden Söldnern war die Sicht durch die Pferde versperrt, und sie konnten nur durch die gurgelnden Geräusche vermuten, was geschehen war. Einer von ihnen tauchte einfach unter dem Pferd vor ihm hindurch, während der andere einen Schritt auf Gnunt zumachte und versuchte, den Oger zurückzudrängen. Gnunt ließ sich aber nicht einschüchtern und machte gleichfalls einen Schritt auf den Söldner zu, was bewirkte, dass die Spitze der Lanze nicht mehr auf ihn zeigte, sondern schon an ihm vorbeiragte. Die Pferde scheuten, als der Oger ihnen zu nahe kam, und begannen, auf der Stelle zu treten. Der Söldner, der gerade unter dem einen Pferd hindurchkroch, trat die Flucht nach vorn an. Auf allen vieren kam er unter dem Tier hervor und bemühte sich, den stampfenden Hufen nicht zu nahe zu kommen.
Hagrim trat auf die Hellebarde des Mannes und klemmte ihm damit die Finger ein. Sein Aufschrei ließ das Pferd weiter scheuen. Unter lautem Wiehern stieg die braune Stute hoch und trat mit den Vorderläufen. Der Söldner konnte seine Hand befreien und versuchte, sich mit einem Hechtsprung zu retten. Er hätte es beinahe geschafft, doch ein beschlagener Vorderhuf der Stute traf ihn an der Schläfe.
Halb benommen stürmte er vorwärts und zog sein Kurzschwert aus der Scheide. Cindiel stand vor ihm wie angewachsen. Die junge Frau sah wie in Trance dem heranstürmenden Söldner und der blitzenden Klinge entgegen. Dann tauchte Finnegan hinter ihr auf, stieß sie beiseite und ließ sein Schwert vorschnellen. Die über einen Fuß längere Klinge traf zuerst ihr Ziel. Der blanke Stahl schnitt mit Leichtigkeit durch Lederharnisch und Fleisch des Söldners. Die Spitze des Kurzschwertes kam einen Finger breit vor Finnegans Brust zum Stehen. Der Söldner starrte ihn mit großen ängstlichen Augen an. Er wusste, dass er starb, nur begriff er es noch nicht. Finnegan ließ den Schwertgriff los, und der Mann stürzte neben Cindiel zu Boden.
Gnunt hatte das scheuende Pferd am Zügel gepackt und zwang das Tier zu einem Kniefall. Die Nüstern der Stute blähten sich auf, und die weit aufgerissenen Augen starrten ins Leere. Noch immer waren Gnunts Hände gefesselt, doch zwischen seinen Armen hing der schlaffe Körper des letzten Söldners, aus dessen Mundwinkel ein dünnes Rinnsal Blut lief. Der linke Arm des Kriegers ruhte seltsam verdreht hinter seinem Hals und zeigte mit drei Fingern strafend auf Gnunts Kopf.
Keuchend kam Cindiel auf die Beine und betrachtete die Blutspritzer auf ihrem Kleid.
»Warum hast du das getan?«, schrie sie Hagrim an. Sie gab ihm die Schuld an dem Gemetzel. Die Oger hatten nur das getan, was sie immer taten, wenn die Situation für sie zu unübersichtlich wurde. Mogda hatte es einmal »ausdünnen« genannt, und das traf es auf den Punkt. »Sie hatten deine Geschichte schon fast geglaubt. Sie waren so eingeschüchtert, sie hätten uns ziehen lassen.«
»Meine Geschichte war erlogen und erstunken von Anfang bis Ende. Sie konnte keinen überzeugen. Sie verschaffte uns nur ein kleines bisschen Zeit, gerade mal so viel, wie ihr Staunen angehalten hätte. Bevor sich die Söldner abgewandt hätten, wären wir aufgeflogen. Selbst wenn es ihnen nicht aufgefallen wäre, hätten sie sicherlich mit ihren Kameraden am Pass gesprochen. Was meinst du, was passiert wäre, wenn die von einer kleinen Wildkatze, einem alten Mann und zwei Ogern gehört hätten?«
Cindiel sah zu Finnegan, in der Hoffnung, von ihm etwas Unterstützung zu bekommen. Der Blick
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