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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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in ihre Hand rutschen. Kaum merklich begann der Stein im Rhythmus ihres Herzschlages mit einem blassen Licht zu pulsieren. Cindiel umschloss den Götterfunken mit beiden Händen und konzentrierte sich auf das, was sie tun wollte. Wenn er dem Hohepriester Ochmalat so einfach geholfen hatte, warum dann nicht auch ihr?
 
    Tastmar rannte auf den Durchbruch in der Zwergenmauer zu. Hinter sich hörte er das Dröhnen der Pferdehufe und die Rufe der Söldner, die ihre Tiere zum Äußersten trieben. Ein Oger konnte einem berittenen Mann nicht davonlaufen, schon gar nicht einer ganzen Meute, doch das wollte Tastmar auch gar nicht. Es würde reichen, wenn er sie einfach nur dazu brächte, hinter ihm herzulaufen, bis er die Mauer erreicht hatte. Die Möglichkeit, dass sie aufgeben würden, ihn zu jagen, bestand nicht, doch sie konnten ihn vorher einholen, zu Fall bringen oder ihm den Weg abschneiden. Er musste es bis zur Zwergenmauer schaffen, das hatte er dem dünnen Mann versprochen.
    Tastmar wusste, dass er ihn beobachtete. Wahrscheinlich hatte er sich wieder unter die Reiter gemischt, die ihn verfolgten. Der dünne Mann hatte sich wie einer der Söldner gekleidet, und beinahe hätte er ihn erschlagen, als er sich an Gnunt und ihn herangeschlichen hatte. Der dünne Mann hatte kein bemerkenswertes Aussehen, fand Tastmar, aber seine Stimme und der merkwürdig gebogene Dolch hatten ihn verraten. Der dünne Mann hatte ihm schon damals gegen den Mann ohne Schuhe geholfen. Und der dünne Mann hatte ihn einmal in einem fairen Kampf überwältigt, ihn, Tastmar, der zehn Mal so viel wog wie der Hüttenbauer. Der dünne Mann hatte ihn verschont, und als der Mann ohne Schuhe ihm die Klinge durch den Hals gerammt hatte, war es auch der dünne Mann gewesen, der seine Blutung gestillt hatte. Die anderen hatten ihn nicht gesehen. Sie waren zu sehr mit ihrem Feind beschäftigt gewesen, doch Tastmar erinnerte sich an seine Stimme. Er hatte ihm ins Ohr geflüstert. »Du kannst noch nicht sterben. Du bist mir noch einen Gefallen schuldig.« Heute war es so weit, und Tastmar hatte vor, sein Versprechen zu halten.
    Er rannte, obwohl er am Ende seiner Kräfte war. Normalerweise wäre er stehen geblieben und hätte sich seinen Feinden gestellt. Mit der Waffe in der Hand zu sterben und so viele Feinde zu töten wie möglich, solch ein Ende hätte er sich gewünscht. Aber so weit war es noch nicht, seinen Tod hatte Tabal noch nicht gefordert.
    Tastmar spürte die Hufschläge eines Pferdes, das direkt hinter ihm war. Die Söldner kämpften mit Schwertern oder Morgensternen, somit konnte ihn der Reiter nicht angreifen, ohne neben ihn zu ziehen. Eine Attacke über den Pferdekopf hinweg konnte das Tier verletzen. Tastmar drehte bei und gab seinem Verfolger so die Möglichkeit, mit ihm gleichzuziehen. Der Söldner nutzte seine Chance, und Tastmar sah neben sich den Pferdekopf auftauchen. Die Pferde schienen trainiert im Kampf mit den Kindern Tabals. Das Tier starrte geradeaus und hatte nicht einen Blick für den Oger übrig. Drei Fuß fehlten noch, dann würde er in die Reichweite der gegnerischen Waffe gelangen, doch das hatte Tastmar nicht vor.
    Pferde sind dumm, hatte Rator ihm beigebracht. Wenn sie neben einem Oger herliefen und keine Angst hatten, waren sie darauf abgerichtet, um die Wette zu laufen, ohne darauf zu achten, mit wem sie liefen. Er würde dem Pferd eine Lektion erteilen. Eine richtige Attacke würde ihn zu langsam werden lassen, aber ein Pferd war auch kein Ritter. Tastmar beobachtete den Gaul aus dem Augenwinkel. Noch ein kleines Stück musste er näher kommen.
    Dann war das Tier nah genug heran. Tastmar ballte die Hand zur Faust und spannte den Arm an. Mit einem Schlag zur Seite war es geschehen. Seine Faust donnerte auf die braunweiße Pferdeblesse nieder. Genau zwischen Nasenrücken und Augen rammte er seine Fingerknöchel auf den harten Schädel. Es war genau, wie Rator ihm gesagt hatte, das Pferd schaffte es übergangslos vom vollen Galopp in die Bewusstlosigkeit. Die Vorderbeine knickten weg, das Tier rollte über den Hals ab, und der Söldner wurde im hohen Bogen aus dem Sattel gerissen. Hinter sich hörte Tastmar das Wiehern anderer Pferde und warnende Rufe der Söldner.
    Er schaffte es. Sein Vorsprung würde ausreichen, die Mauer zu erreichen. Tastmar hielt auf die Lücke zwischen den Quadern zu. Als er nur noch einen Steinwurf entfernt war, sprang Gnunt aus seinem Versteck. Sein bulliger Mitstreiter hielt die Keule in einer

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