Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
zwei Mal andere Lebewesen gesehen. Das erste Mal war es ein einzelner weißer Bär gewesen, der einen weiten Bogen um sie machte, das zweite Mal eine Hand voll Barbaren, die rund eine Meile südlich an ihnen vorüberzogen und sie keines Blickes würdigten, genau wie Trumbadin es vorhergesagt hatte. Mogda hoffte, der Aufstieg zum Tor würde ähnlich leicht verlaufen, und so war es auch.
»Wir haben Glück«, sagte Trumbadin. »Das Tor steht offen. Man braucht vierzig Zwerge, um nur einen Flügel zu bewegen, wenn das Tor nicht verriegelt ist. Wenn es von den Zahnrädern des Schlosses erst einmal verriegelt ist, würde eine ganze Armee es nicht schaffen, hier durchzubrechen.«
»Das nenne ich wirklich Glück«, stimmte Mogda zu. »Was hätten wir getan, wenn es verschlossen gewesen wäre?«
»Wir hätten geklopft«, sagte Trumbadin und zeigte auf einen bronzenen Ring von der Größe eines Wagenrades.
»Irgendwann solltet ihr Zwerge lernen, Dinge in eurer Größe zu bauen«, erwiderte Mogda.
Als sie durch das Haupttor von Bleichenstadt traten, gab es keinen Zweifel mehr, dass die einstige Heimat der bleichen Zwerge verlassen war. Der Wind hatte den Schnee durch das offen stehende Tor getrieben und ihn zu drei Fuß hohen Wehen aufgetürmt. Vor Jahren musste die Eingangshalle ein wahres Kunstwerk aus Licht und Farben gewesen sein. Sonnenlicht fiel durch große ovale Schächte in der Decke und bündelte die Strahlen über einem Monument aus weißem Marmor. Die Bildhauerkunst stellte eine Gruppe Zwerge dar, die über einen erlegten Eisbären mit drei Köpfen hinwegkletterte. Jeder der Zwerge hielt seinen Schild in die Höhe und reflektierte das Licht auf verschiedene Punkte in der Halle. Irgendwie hatten es die Zwerge geschafft, jedem Strahl eine andere Farbe zu geben, und so wirkte das Spiel aus Licht und Farben wie ein geborstener Regenbogen. Zwei waren kurz über ihren Hüften abgebrochen und die Trümmer lagen verstreut in der Halle, ein dritter Zwerg stand am Rand, seine Arme waren abgeschlagen worden.
Ein halbes Dutzend Löcher im Fußboden der Halle ließen Mogda ahnen, was hier geschehen sein musste. Lose Erde und zersplitterte Bodenfliesen sammelten sich um die Löcher, die etwa drei Fuß Durchmesser besaßen und in endlos tiefe Schwärze hinabreichten.
»Hier tauchten sie das erste Mal auf«, erzählte Trumbadin. »Angezogen von der Wärme, suchten sich die Götterfrost zunächst den leichtesten Weg in unser Heim. Wir waren nicht darauf vorbereitet, uns in unseren eigenen Wänden gegen Feinde wehren zu müssen. Pfeile und Bolzen können diesen Kreaturen nicht viel anhaben, somit versuchten wir sie mit Feuer zu bekämpfen - danach wurde es erst richtig schlimm. Sie kamen in unsere Gemächer, bohrten sich durch die Böden der Küchen und Schmieden. Für jeden Wurm, den wir erlegten, starben fünf unserer Krieger und zwei weitere dieser Bestien tauchten auf. Als es dann so weit war, dass sie nicht nur aus den Böden hervorschossen, sondern auch aus den Wänden und Decken, gab König Arbalosch den Befehl, Bleichenstadt zu verlassen. Seitdem haben nur noch einige wenige Bleiche diese Hallen betreten. In regelmäßigen Abständen schickt der König Späher hierher, um ihm Bericht zu erstatten. Doch es scheint so, als wenn der Frost hier für immer Einlass gefunden hätte.«
»Dann haben eure Kundschafter sie gesehen?«, fragte Mogda verblüfft. »Wer ist diese Suul? Ist sie eine Frau, ein Dämon? Irgendetwas müssen sie doch berichtet haben. Konnten eure Spione sie angreifen? Haben sie versucht sie zu töten oder ihr den Schild wegzunehmen?«
Trumbadin schüttelte stumm den Kopf. »Nein, sie hatten Befehl, nur zu beobachten. Nach unserem Wissen können wir nichts gegen die Macht von Suul ausrichten. Dem König genügte es zu wissen, wo sich der Schild befand. Hätten wir ihn gestohlen und mit zum Riss genommen, hätten wir ihre Vergeltung zu spüren bekommen. Suul hätte ihr ganzes Volk vor unsere Tore gesandt. Die Portale halten zwar viel aus und die Wasserspeier können einige Feinde zurückdrängen, doch wenn sich tausende vor den Toren versammeln, würde uns nur Nassfal helfen können. Da wir aber nur den Schild gehabt hätten, wäre uns selbst seine Hilfe versagt worden. Nur wenn alle drei Artefakte zusammenkommen, wird sich die Prophezeiung erfüllen. Die Zeit war noch nicht reif. Was Suul selbst angeht, wissen wir über sie nicht mehr als Ihr. Die meisten Kundschafter beobachten Bleichenstadt nur aus
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