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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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andere Menschen vor Ehrfurcht erstarren lassen, doch der Junge blinzelte Rator nur durch die verschwollenen Augen an.
    »Die ewige Schlacht ist nicht nur für dich und die anderen Gottlosen. Ihr seid nur die, die sich uns entgegenstellen.«
    Rator brauchte einen Moment, um zu verstehen, was der Junge da erzählte. Rator hatte sich noch nie darüber Gedanken gemacht, aber natürlich: Eine Schlacht brauchte auch Feinde. Der Junge wusste von der Schlacht und sah Rator als Feind an, somit war klar, gegen wen die Oger und Trolle im letzten Krieg Tabals kämpfen würden - gegen diesen Jungen und sein Volk.
    »Wie viele Krieger haben Volk von Gelp?«, fragte Rator.
    »Ihr Heer reicht von der Küste im Westen bis zu den Bergen der Bleichen.«
    »Wie viele?«, wiederholte Rator.
    »Fünftausend Mann.«
    Rator lachte verächtlich. »Rator gekämpft in größeren Kriegen. Feinde doppelt so viele. Nicht sein ewige Schlacht. Fünftausend Hüttenbauer nicht genug. Wenn Horn klingen am Morgen, Hüttenbauer tot, bis Sonne untergehen. Ihr nicht sein Krieger, ihr sein Bauern.«
    Diesmal schien Rator die richtigen Worte gefunden zu haben. Hass spiegelte sich in den Augen des Jungen wider. Er versuchte, mit bloßen Fäusten auf den Kriegsoger loszugehen, doch Rator drückte ihn einfach wieder zurück in den Stuhl.
    »Du wirst sehen«, drohte der Junge. »Suuls Heer ist unbesiegbar. Die ewige Schlacht ist schon im Gange und wird auch vor dir keinen Halt machen.«
    »Gut«, brummte Rator. »Zuerst suchen Platz, wo finden Tabal.«
    »Tabal? Wer soll das sein, noch so ein hässlicher Riese?«
    »Tabal sein Gott von Oger!«, brüllte Rator erneut und packte den Jungen an der Kehle.
    »Es gibt nur eine Göttin, und ihr Name ist Suul. Dein Gott ist schon lange tot«, krächzte Gelp.
    Rator schlug zu, und Gelp sackte im Stuhl zusammen.

9
Hin und wieder zurück

    Ein weiteres Mal hatte Mogda die weiten Lande mit der roten Erde und den salzig modrigen Tümpeln durchquert. Immer noch war er fasziniert von der Wandlungsfähigkeit der Wüste. Jedes Mal, wenn er sie erneut betrat, hatte sie ihr Erscheinungsbild verändert. Wo man damals im Treibsand versunken wäre, käme man heute in Schlammkuhlen um. Dünen wurden von Flüssen ersetzt, und anstatt der verblichenen Gerippe verendeter Tiere stieß man jetzt auf stachelige Büsche, die - egal, wann man sie sah - niemals ein Blatt oder eine Blüte hervorbrachten und dennoch lebten. Zwei Dinge aber blieben immer gleich: Der rote Sand und die Feindseligkeit, mit der einem die Landschaft begegnete.
    Der Oger hatte den Eindruck, die rote Erde selbst hasste alles Lebende. Es gab eine Zeit, da war der rotbraune Sand so pulvrig wie Asche. Man versank darin bis zu den Knöcheln, und der feine Staub setzte sich bei jedem Atemzug in die Lungen. Ein anderes Mal war die Erde hart wie Stein, sah aus wie zersplitterter Ton, und schon nach wenigen Meilen schmerzten einem die Gelenke. Heute war aus der Erde ein Sumpf geworden, der drohte, jeden zu verschlucken, der ihn betrat - entweder von dem Sumpf selbst oder von einem seiner Bewohner.
    Eigenartigerweise beschlich Mogda erst jetzt, wo er das Land der Oger verließ und Nelbor betrat, ein ungutes Gefühl. Das Land, das Mogda früher sein Zuhause nannte, und die Menschen, die er kennen gelernt hatte, waren ihm fremder denn je. Vor ihm erhob sich der Pass über den Bergrücken, der die Welt der Oger mit jener der Menschen verband. Seit Jahren wurde hier schon kein Handel mehr getrieben. Das Band zwischen den beiden Völkern war zwar noch nicht ganz gerissen, aber es war spröde geworden. Vielleicht konnte es einem Menschen noch Halt geben, aber das Gewicht eines Ogers trug es mit Sicherheit nicht mehr.
    Mogda erinnerte sich gut an die Treffen mit den Händlern. Damals tauschten sie den roten Marmor aus dem Drachenhorst gegen Lebensmittel ein. Genauso klar wie die Erinnerung in ihm war auch die Erkenntnis, dass diese Zeiten endgültig vorbei waren.
    Mit jedem Schritt, den Mogda den Pass hinaufstieg, wurde ihm mulmiger. Der salzige Gestank des roten Sumpfes wich langsam dem Duft von Nadelbäumen und Moos. Das Tannenverlies war nicht mehr weit, aber ob es ihm noch den Schutz gewährte, den es ihm damals geboten hatte, war mehr als ungewiss.
    Es wurde bereits dunkel. Mogda hatte gehofft, die Passhöhe noch im Hellen zu erreichen, doch der steile Aufstieg zerrte an seinen Kräften und hatte länger gedauert als erwartet. Er hoffte, seine Verfolger inzwischen abgeschüttelt

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