Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
Hüttenbauers, in der Hoffnung, ihn nur zu betäuben. Der junge Krieger lag in dem Erdloch und rührte sich nicht mehr. Rator warf ihn sich über die Schulter und machte sich auf den Weg zurück zu der Höhle des Gottesbruders.
Auf halbem Wege ließ der Hagelschauer langsam nach. Rator musste die Höhle erreichen, bevor die anderen Verfolger aus ihren Verstecken kamen und das Verschwinden ihres Kameraden bemerkten. Er blickte zurück, um zu sehen, ob man seine Spuren verfolgen konnte, aber die Wucht, mit welcher der Hagel auf den Boden schlug, machte alle Spuren zunichte.
Rator schaffte es, mit seinem Gefangenen die sonderbare Höhle zu erreichen, noch bevor der Schauer endete. Er setzte den jungen Krieger behutsam in den überdimensionierten Stuhl und wartete ab. Übersät mit blauen Flecken und Platzwunden an Kopf, Nacken und Händen, saß der Mensch zusammengesunken vor Rator. Er lebte, und aller Wahrscheinlichkeit nach war er sogar wach, wenn er die zusammengekniffenen Augen und die zu Fäusten geballten Hände richtig deutete. Rator gab ihm Zeit, sich mit der geänderten Situation abzufinden. Es brachte nichts, ihn zu hetzen. Sie mussten ohnehin bis zum nächsten Tag darauf warten, dass seine Kameraden weiterzogen oder umkehrten. Wenn sie sich bei der Suche nach ihrem Gefolgsmann als so hartnäckig erwiesen wie zuvor bei seiner Verfolgung, gaben sie sicherlich nicht so schnell auf.
Rator knurrte gelangweilt, verächtlich. Vorsichtig schielte der menschliche Krieger durch das nicht zugeschwollene Auge.
»Wenn rufen Hilfe, Rator dich töten«, warnte Rator ihn, bevor sich der Mensch entschied, eine Dummheit zu begehen.
Der junge Krieger drehte ihm den Kopf zu und spuckte vor Rator aus. Von Angst war bei dem Kerl keine Spur zu erkennen. Es schien ihm wieder besser zu gehen, obwohl er recht lädiert aussah und sein Speichel sich mit Blut vermengt hatte. Rator war diese Geste nicht unbekannt, doch wusste er immer noch nicht genau, welchen Zweck sie erfüllte. Sie sollte anscheinend so etwas wie Missachtung darstellen, wobei Rator eher eine kriegerische Geste gewählt hätte, um jemandem zu zeigen, wie wenig man von ihm hielt. Spucken war etwas für Frauen und Kinder, die ihrem Gegenüber nicht gewachsen waren. Genau genommen war der junge Krieger ihm auch nicht gewachsen, aber Rator hätte von jemandem, der ein Krieger sein wollte, mehr Selbstbewusstsein erwartet. Wer sich wie ein Kind benahm, würde es auch bleiben. Rator war nie ein Kind gewesen.
»Warum ihr folgen Rator?«, fragte er.
Der Krieger antwortete nicht, sondern wandte seinen Blick ab.
»Wer leben in Höhle?«
Immer noch zeigte der Fremde keine Reaktion. Rator wollte ihn nicht erneut schlagen, da der Mann ohnehin am Ende seiner Kräfte war. Wenn es schlecht lief, konnte ihn ein Schlag womöglich sogar umbringen. Außerdem war Rator nicht sonderlich geübt im Verteilen von Ohrfeigen. Seine Auseinandersetzungen wurden mit dem Schwert oder der Axt ausgetragen und endeten in der Regel tödlich.
Rator wiederholte seine Frage, bekam aber dennoch keine Antwort. Wütend sprang er vor und zerrte an dem Mann herum. Er riss ihm die übergeworfenen Felle vom Oberkörper und schüttelte den Menschen. Dann trat der Oger verblüfft einen Schritt zurück. Unter den Fellen war der Mann nackt. Genauer gesagt handelte es sich um einen Jungen auf dem Weg zum Mann. Er trug keinerlei Rüstung oder Ähnliches. Seine Muskeln waren noch nicht völlig ausgeprägt, und er zeigte auch noch keinen Ansatz von Brustbehaarung.
»Du nicht Krieger, du Kind«, rief Rator aus.
»Ich bin kein Kind. Ich bin ein Tropak aus dem Stamm der Nuseken. Mein Name ist Gelp, Sohn des Nasib.«
Rator war halbwegs beruhigt. Zumindest schien das fremde Kind ihn zu verstehen, jedenfalls besser als Rator ihn.
»Was sein Tropak?«, brummte Rator.
»Tropaks werden diejenigen in meinem Volk genannt, die nach ihrer Prüfung zum Krieger ernannt werden und mit den anderen in die ewige Schlacht ziehen.«
»Ewige Schlacht«, knurrte Rator. Dieser Ausdruck war ihm ganz und gar nicht fremd, nur was hatten die Menschen mit der ewigen Schlacht zu tun? Die ewige Schlacht versprach Tabal, der Gott der Oger, Trolle und Orks, denen, die sich würdig erwiesen, aber doch nicht einem Kind der Hüttenbauer.
»Du nicht gehen ewige Schlacht!«, brüllte er. »Rator gehen und andere Krieger von Tabal. Für Hüttenbauer kein Platz im Heer von Tabal.«
Gelp schien wenig beeindruckt. Der Wutausbruch des Ogers hätte
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