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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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drehte sich dem Feuer am Boden zu. Irgendwo musste der Herr des Feuers sein. Ohne seine Axt, nur mit einem Messer bewaffnet, galt es, äußerste Vorsicht walten zu lassen.
    Rator ging nicht davon aus, dass Tabal ihn mit offenen Armen empfing. Man marschierte nicht einfach zu seinem Gott - er rief einen zu sich. Tabal hatte wahrscheinlich Vorkehrungen getroffen, um unliebsame Besucher fernzuhalten. Vielleicht musste man auch erst eine Prüfung ablegen, bevor man zu ihm vordringen konnte. Egal worum es sich handelte, eine Waffe brauchte man bestimmt.
    Rator war nicht so weit gekommen, um sich jetzt wehrlos aus dem Hinterhalt meucheln zu lassen. Doch sosehr er seine Sinne auch anstrengte, niemand war zu sehen oder zu hören. Ein dumpfes Rauschen wie aus dem Inneren einer Muschel erstickte jedes Geräusch, das einen potentiellen Angreifer hätte verraten können. Rator entschloss sich, das Risiko auf sich zu nehmen, und kletterte auf den Boden der Schlucht. Schließlich gab es nicht viele Wesen, die Feuer machen und ihm gefährlich werden konnten.
    Erst jetzt fiel Rator auf, wie wenig kalt es hier unten war. Es herrschte beinahe Windstille, und die Temperatur lag eindeutig über dem Gefrierpunkt. Die halbwegs erträgliche Witterung konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schlucht dunkel, eng und unwegsam war. Rator bewaffnete sich mit einem herumliegenden Felsbrocken.
    Das Licht des Feuers flackerte, und es drohte auszugehen. Rator wollte die wenigen Chancen, sich zur Wehr zu setzen, nicht auch noch verlieren, indem er nichts mehr sehen konnte. Kurz entschlossen riss er eine der aufgenähten Stofftaschen von seiner Hose und kletterte über die Felsen hinüber zum Feuer. Er hielt den Fetzen so lange in den Fingern, bis er sicher war, dass dieser Feuer gefangen hatte. Dann legte er ihn vorsichtig auf die verbleibende Glut, um anschließend zwischen den Felsen nach Reisig, Moos und trockenen Ästen zu tasten. Die Ausbeute fiel mager aus, reichte jedoch, um das Feuer weiter am Brennen zu halten. Die Schlucht hatte sich nach unten hin weiter verengt und maß hier eine Breite von gut zwanzig Schritt. Weite Teile der Schlucht konnten nicht breiter sein als zwei Armlängen, wenn man davon ausging, dass hier das Zentrum lag.
    Rators Glauben an das Reich Tabals schmolz dahin wie Schnee in der Sonne. Wo sollte er hier seinen Gott finden? Dies war kein Platz für den Vater aller Schlachten, den Herrn des Chaos und Altvorderen aller Stämme. Alles, was sich hier unten fand, waren Steine und das, was tot in die Schlucht stürzte. Sein Weg hatte ihn in eine Sackgasse geführt. Alle seine Hoffnung war dahin. Tabal hatte diese Welt anscheinend verlassen, und alles, was er hinterlassen hatte, war ein Riss in der Erde.
    Das Feuer flackerte abermals und drohte wieder auszugehen. Rator reagierte diesmal zu spät. Bevor er neuen Zunder zur Hand hatte, erlosch es und tauchte den Spalt in Dunkelheit. Rator war nicht wirklich böse darum, denn es gab nichts an diesem Ort, was er sich noch ansehen wollte. Außerdem war es nach langer Zeit endlich mal wieder richtig dunkel. Und hier unten war es warm genug, um auch ohne Feuer nicht erfrieren zu müssen. Rator war unendlich müde.
 
    Das Heulen eines Wolfes ließ Rator aufschrecken und seine Hand nach dem Dolch an seinem Gürtel greifen. Noch immer war es stockfinster. Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, aber die Kälte war aus seinen Gliedern gewichen.
    »Wölfe«, knurrte Rator und zog seinen Dolch aus dem Hosenbund.
    Im Grunde genommen waren sie für einen Oger nichts anderes als Hunde. Sie liefen auf vier Beinen, waren voller Fell, und wenn man ihnen eine Keule auf den Rücken schlug, waren sie tot. Eine Kleinigkeit gab es jedoch, die sie von ihren Artgenossen unterschied und die momentan den Ausschlag dafür gab, dass Rator unruhig wurde: Sie konnten im Dunkeln sehen. Was er gerade nicht gebrauchen konnte, war eine Meute hungriger Hackenbeißer, die in diesem finsteren Loch über ihn herfielen, weil sie dachten, sie könnten ihren Hunger mithilfe des Ogers für die nächsten Monate bekämpfen.
    Rator tastete sich zurück zu der Steinkette, was sich allein schon schwierig gestaltete. Gerade als er die große ovale Form des ersten Rings zu packen bekam, bemerkte er einen schwachen Lichtschein an der groben Felswand keine zwanzig Schritt von ihm entfernt.
    Erst das Feuer, nun dieses Licht. Versuchte ihn jemand mit diesen Irrlichtern zu locken? Wenn es nur darum ging,

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