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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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doch er war zu sehr damit beschäftigt, seine Flucht einzuleiten. Im Krebsgang bewegte er sich rückwärts und versuchte, den Eingang zum Turm nicht zu verfehlen. Seine Hoffnung verflog, als er mit dem Kopf unsanft gegen die Mauer stieß. Der Käfer verfolgte ihn weiterhin und hatte es auf ein erstaunliches Tempo gebracht, die Vorderbeine aufgerichtet und den Kopf gesenkt. Das Horn zeigte wie eine kampfbereite Lanze auf Mogda. In vollem Tempo hielt der Käfer auf ihn zu.
    Mogda blieb nur eins, die Augen zu schließen und zu hoffen, dass es schnell vorbei war.
    Das Mauerwerk des Turmes erbebte, als das Rieseninsekt mit voller Wucht sein Ziel erreichte. Mogda verspürte keinen Schmerz, was ein gutes oder aber ein ganz schlechtes Zeichen sein konnte. Ganz vorsichtig blinzelte er mit einem Auge.
    Das Horn des Käfers steckte keinen Fuß entfernt von seinem Kopf zwischen den Steinen der Wand. Der Riesenkäfer warf seinen Kopf aufgebracht hin und her und stemmte sich mit seinen Beinen ab, um wieder loszukommen. Mit einem Krachen, das wie das Bersten von Knochen klang, riss sich der Hüter los. Die Spitze des Hornes brach dabei ab. Doch das schien den Käfer nicht zu stören. Er machte kehrt und stellte sich wieder vor die Schlammkuhle, um in aller Seelenruhe sein Mahl weiter zu genießen.
    Die aggressive Stimmung des Hüters schien wie verflogen. Mogda ließ den Kopf zur Seite fallen. Sein Blick fiel auf den Rest des Hornes, der in der Wand steckte. Form, Farbe und Größe kamen ihm seltsam bekannt vor. Er streckte die Hand aus, um danach zu greifen. Wie von selbst fiel die Hornspitze in seine Hand. Mogda traute seinen Augen nicht. Es war der schwarze Splitter, den Mogda vor zwei Jahren Gnunt geschenkt hatte - der Kristall, der übrig geblieben war, als er mit dem Runenschwert die beiden Funken der Götter trennte.
    Als Mogda schließlich wieder den Turm betrat, um nach Gnunt zu sehen, stand ihm der Schweiß immer noch auf der Stirn. Seine Beine drohten nachzugeben, und er fühlte sich, als ob er die ewige Schlacht schon hinter sich gebracht hätte.
    Gnunt lächelte ihn mit seinem lückenhaften Gebiss an. »Du gefehen Hüter. Er Mogda geben farfen Ftein.«
    Mogda war zu erschöpft, um zu sprechen. Er nickte nur.
    »Können gehen, bringen Hüttenbauer heim«, erklärte Gnunt.
    Mogda konnte und wollte dem Koloss nicht widersprechen. Sobald er wieder dazu in der Lage war, gab es genügend Fragen, die ihm sein Kumpan beantworten musste. Er hoffte nur, dass die Antworten ergiebiger ausfielen als bisher.

14
Am Abgrund

    Rator ging der junge Krieger nicht mehr aus dem Kopf. Er fragte sich, warum ihn ein paar Bauern aus einem winzigen Dorf mitten im Nirgendwo ohne Grund gesteinigt hatten. Von dem Jungen war keine Gefahr ausgegangen. Er war verletzt und unbewaffnet gewesen. Dennoch hatten die Einheimischen keinen Moment gezögert, ihn zu töten. Sie töteten einen Jungen, den sie vermutlich nicht einmal kannten, nur weil er aus einem anderen Dorf stammte. Rator wurde aus den Hüttenbauern nicht schlau. Und wie bei allem, was ein Oger nicht verstand, war es besser, diesem fernzubleiben.
    Von Zeit zu Zeit musste Rator innehalten, um seinen Weg neu zu bestimmen. Seitdem er das kleine Dorf hinter sich gelassen hatte, gab es kaum noch markante Punkte, an denen er sich orientieren konnte. Die eisige Steppe zeigte sich von ihrer trostlosesten und eintönigsten Seite. Manchmal blieb dem Kriegsoger nur der Blick zurück auf seine eigenen Fußspuren, um zu sehen, ob er die Richtung beibehielt. Der weiße Schleier, der seine Sicht behinderte, hatte sich weitestgehend verzogen, doch dafür war ein eisiger Wind aufgekommen. Noch nie in seinem Leben hatte Rator so gefroren. Seine Finger und seine Füße waren taub, und sein Gesicht schmerzte bei jedem Atemzug. Ohne etwas zu essen und einen warmen Platz durfte er nicht einmal daran denken, eine Rast einzulegen. Sein Körper wäre innerhalb von Minuten ausgekühlt und er zum Sterben verdammt gewesen.
    Umso zufriedener war Rator, als er in einiger Entfernung eine Gebirgskette und mehrere üppige Waldflächen ausmachen konnte. Von einem Gebirge hatte ihm der junge Krieger zwar nichts erzählt, doch wenn der Spalt in der Erde so riesig war wie beschrieben, musste man ihn von dort aus gut sehen können. Mit etwas Glück konnte Rator in dem Wald auf Jagd gehen und endlich wieder seinen Hunger stillen. Mit einem Mal sah alles wesentlich viel versprechender aus als zuvor. Die Aussicht, etwas zu essen zu

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