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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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gewonnenes Selbstvertrauen nicht gleich wieder von einem klappernden Klodeckel ruinieren lassen.
    Eigentlich war Joeys Wohnung nicht viel schlimmer als seine eigene. Sie lag am Ende einer finsteren Seitengasse hinter einigen Gebäuden, die aussahen, als würde dort der Tod selbst zum Sterben hingehen. Die Straße stank nach Pisse und Erbrochenem, und an der Mauer lag immer ein Besoffener oder ein Obdachloser oder ein besoffener Obdachloser auf einem Stück Karton. Die Pappe auf dem Betonstreifen war sein Zuhause. Bei Regen steckte er irgendwo anders, aber wenn es warm war, lag er abends meistens hier.
    Wie kam es dazu, dass ein Mann in einer dunklen Gasse auf einem Stück Pappe schlief? Wie konnte so etwas passieren?
    Harry ging an ihm vorbei und stieg vorsichtig die wackelige Außentreppe zum ersten Stock hinauf, wo Joeys Apartment lag. Hier oben gab es eine Art Veranda, und vor der Eingangstür glomm schummriges Licht, in dem sich Insekten tummelten. Drinnen brannte die Glühbirne, und ein messerdünner Schlitz von Licht schien unter der Tür hervor. Harry klopfte.
    »Wer ist da?«, fragte Joey. Die Wände waren so dünn, dass es klang, als stünde er draußen neben Harry auf dem Treppenabsatz.
    Harry antwortete, und Joey ließ ihn rein. Die Wohnung war nichts Besonderes, und genau wie in seiner eigenen Bude gab es nicht einmal ein richtiges Bett. Joey besaß ein Ausziehsofa, das er seit Monaten nicht mehr auszog. Inzwischen schlief er einfach auf dem Sitzpolster, genau wie Harry. Ein eigenartiger Geruch lag in der Luft. Eine Mischung aus Tütensuppe, Alkohol und Wichse. Aus dem Badezimmer drang auch ein komischer Gestank. Ein Grund mehr, diesen Ort zu meiden.
    Die Glühbirne, ein einsamer verstaubter Krieger inmitten des Raumes, warf schlieriges Licht, und dadurch bekam das Zimmer die Atmosphäre einer Gefängniszelle.
    Joey trug nur Unterwäsche. Sein kurzer, magerer Körper wirkte noch ausgemergelter als sonst. Die Rippen stachen durch seine Haut, als gehörten sie eigentlich auf die Außenseite. Das schwarze Haar stand ihm vom Kopf ab wie ein Hahnenkamm.
    Joey ließ sich auf das Sofa fallen und kratzte sich im Schritt. »Was steht an?«
    »Nichts, ich wollte einfach nur mal vorbeischauen.«
    »Um Mitternacht?«
    »Mist, ist es schon so spät? Hab ich überhaupt nicht mitgekriegt. Ehrlich, ich dachte, es wäre acht oder vielleicht neun.«
    »Nein, es ist Mitternacht, verdammt.«
    »Alles klar, ich dampfe wieder ab.«
    »Nee, brauchst du nicht. Kann eh nicht schlafen. Eigentlich wollte ich mir gerade einen runterholen, aber irgendwie wollte mir keine heiße Braut dazu einfallen. Setz dich.«
    Es gab zwei Stühle und einen Tisch mit Zuckertütchen unter einem Bein, damit er nicht wackelte. Harry nahm sich einen der Stühle und setzte sich vorsichtig darauf.
    »Du bist doch nicht mitten in der Nacht hergekommen, um einfach nur hier rumzuhängen, oder? Scheiße, du warst schon ewig nicht mehr bei mir. Wir sind immer entweder bei dir oder in der Bar. Da fällt mir ein, wollten wir uns nicht dort treffen?«
    »Hatten wir nicht ausgemacht.«
    »Normalerweise gehst du immer abends nach dem College was trinken, schläfst an deinem freien Tag aus und arbeitest nachmittags. – Wie ist denn der Job eigentlich so?«
    »Für zehn Stunden in der Woche ist es okay. Ich mag Buchläden. Aber ich hätte gern mehr Stunden.«
    »Tja, ich hab mehr Stunden als du, viermal so viel, und mir gefällt es nicht besonders. Wenn man genügend Trailer zusammengeschraubt hat, kommt man irgendwann an den Punkt, wo man sie irgendwo stehen sieht und sie am liebsten mit Hundescheiße bewerfen würde. Ich hasse diese Teile. Wenn du wüsstest, wie billig die gebaut sind, würdest du sie auch hassen.«
    »Tja, na ja, ich könnte ein paar Zusatzschichten gebrauchen.«
    »Du, du bringst das College hinter dich und machst was aus dir. Ich werde genau wie die anderen Alkis weiter Trailer bauen. Mich erwartet in meinem Betrieb bloß noch die Rente, und ich bin erst zweiundzwanzig. Weißt du, was das für eine Zukunft ist?«
    »Du könntest auch ein paar Kurse auf dem College belegen.«
    »Mit Unterricht hab ich ungefähr so viel am Hut wie du mit Frauen.«
    »Manchmal ändern sich die Dinge.«
    »Du schneist hier um diese Uhrzeit rein, mit so einem weggetretenen Ausdruck im Gesicht – da kommt mir langsam der Verdacht, dass du vielleicht tatsächlich flachgelegt wurdest«, sagte Joey nachdenklich. »Treffer, versenkt?«
    »Gar nicht … so ist das

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