Blutiges Echo (German Edition)
natürlich davon aus, dass wir hier was essen, in der Mensa, aber wir gehen zu ihrem Auto – und jetzt kommt das Verrückte: Ich verschwende nicht einen Gedanken an schlimme Stellen. Nicht ein einziges Mal. Ich denke die ganze Zeit an sie. Hänge förmlich an ihren Lippen.
Und sie ist klug, Tad. Hab ich das schon erwähnt? Richtig intelligent. Das merkt man daran, wie sie redet. Sie ist keine taube Nuss.
Aber wir steigen in ihr Auto – ein ziemlich cooles Geschoss übrigens, brandneu – und essen Lunch bei CECIL’S. Kennst Du bestimmt. Ganz nett dort. Nicht unbedingt schick, aber das Essen ist gut, und hinterher mache ich mir Sorgen wegen der Kohle, dabei reicht sie gerade für uns beide, aber dann sagt sie: »Lass mal. Ich schulde dir immer noch was für deinen Treppensturz. Du kannst das nächste Mal übernehmen.«
Und dann zahlt sie, Tad.
Tja, danach gibt es nicht mehr viel zu erzählen.
Sie hat mich bei meinem Auto abgesetzt und gesagt: »Bis dann«, aber es war kein endgültiges »Bis dann«, weil ich ihren Namen und ihre Telefonnummer habe, und jetzt verrate ich Dir, wie sie heißt. Sie heißt Talia McGuire. Ist das nicht der coolste Name überhaupt?
Talia.
Ich spreche ihn gerne aus, und ich schreibe ihn genauso gerne hin. Talia.
Und jetzt will ich kein Säufer mehr sein wie Du.
Du sollst auch kein Säufer mehr sein wie ich.
Ich will, dass wir beide damit aufhören. Ich will, dass Du mir zeigst, wie ich meine innere Mitte finden kann, während Du Deine eigene wiederfindest.
P.S.: Ich hoffe, dieser Brief ist Dir nicht allzu peinlich. Beim nochmaligen Durchlesen wurde mir jedenfalls ein bisschen mulmig.
Hilfe!
Kapitel 18
Noch am selben Abend fuhr Harry zu Tad, parkte an der Bordsteinkante und schritt zur Haustür. In der Tür gab es einen Briefschlitz. Er holte einen zusammengefalteten Umschlag aus der Gesäßtasche und betrachtete ihn.
TAD, hatte er in Großbuchstaben vorne draufgeschrieben.
Er schob den Brief durch den Schlitz und wandte sich zum Gehen.
Drinnen hörte Tad, der gerade ein Bier aus der Dose trank, wie der Brief auf dem Boden landete.
Er ging zur Tür und schaute durch den Spion.
Nichts.
Er stellte sich ans Fenster. Nun sah er Harry schnell davongehen.
Tad machte einen Schritt auf die Tür zu, um ihn zurückzurufen.
Doch dann ließ er es bleiben.
Er wollte nicht beim Saufen unterbrochen werden.
Stattdessen legte er den Umschlag auf den Tisch, setzte sich wieder hin und schlürfte weiter sein Bier, während er überlegte, wann er den Whiskey vorholen sollte, vielleicht auch die Kleenex-Packung, und sich einen von der Palme wedeln.
Ach was. Bei seinem Pegel würde er doch keinen hochkriegen.
Er könnte ja ein bisschen fernsehen.
Allerdings war er eben schon mal aufgestanden, um zur Tür zu gehen und nachzusehen, wer draußen war. Sich ein zweites Mal zu erheben, das musste wohlüberlegt sein.
Man sollte es nicht übertreiben, das mit dem Aufstehen. Nicht, wenn man vorhatte, sich die Kante zu geben.
Außerdem lag die Fernbedienung ziemlich weit weg. Er hatte sie in der Küche liegen lassen. Warum er die Fernbedienung in der Gegend herumschleppte, war ihm schleierhaft, aber vom Esstisch aus konnte er sie auf der Küchentheke liegen sehen, wo sie auf ihn wartete.
»Hol mich, Tad«, rief sie.
Wenn er sie holte, musste er natürlich erst noch den Fernseher finden.
Er ließ den Blick zum Briefumschlag auf dem Tisch schweifen.
Wenn er ihn aufmachte, könnte er sich am Papier schneiden. Am besten ließ er ihn liegen, rief das Papierschnitt-Sondereinsatzkommando und ließ sich das Teil von denen öffnen.
Gab es so was?
Sollte es jedenfalls.
Ein ganzes Team, mit Handschuhen bewehrt, sodass sie Briefe öffnen konnten, ohne sich zu schneiden; es müsste einfach ein paar Leute geben, die so was für andere erledigten, denen das Risiko zu groß war.
Eine Papierschnittwunde, so was konnte unglaublich nervig sein.
Unter bestimmten Umständen konnte sie sich sogar entzünden, und dann starb man daran.
Tad tätschelte den Brief und ließ ihn liegen.
Er nahm einen großen Schluck Bier, hielt die Dose in die Höhe und sagte: »Jaaa. Ist das Leben nicht toll.«
Kapitel 19
Später am Abend ging Harry zu Joey hinüber. Er staunte über sich selbst, aber dieses hübsche Mädchen hatte ihm Mut geschenkt. Dennoch nahm er sich vor, bei Joey nicht aufs Klo zu gehen und dafür zu sorgen, dass er einigermaßen beduselt war, bevor er aufbrach. Schließlich wollte er sich sein neu
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