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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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und sagte, er solle sich so viel Zeit nehmen, wie er brauche; die Familie ginge jetzt vor. Als ob das Cardinal entgangen wäre.
    Also beschloss er, zu Hause zu bleiben. Er rief das Bestattungsinstitut an und traf die ersten Vorkehrungen. Dann rief er seinen Bruder in British Columbia an. Catherine benachrichtigte Kelly.
    Die Walcotts hatten es irgendwie geschafft, die Ereignisse der letzten Nacht zu verschlafen, selbst das Kommen des Krankenwagens. Kaum hatte Catherine es ihnen gesagt, zückten sie ihre Bücher und widmeten sich der Lektüre. Die anderen waren freundlich, besonders Mrs. Potipher, und selbst die kleinen Mädchen wahrten den angemessenen Ernst. Doch schon nach einer Stunde bekam Cardinal das Gefühl, dass er in diesem Zimmer nur Totenwache hielt und sich anderswo nützlicher machen konnte. Seine Gedanken wanderten zu Paul Laroche und dem Aktenberg, der an diesem Morgen mit dem Hubschrauber eingeflogen werden sollte.
    Als Cardinal das Büro betrat, begrüßte Delorme ihn mit einer innigen Umarmung. »Es tut mir so leid«, sagte sie. »Wenn ich irgendwie helfen kann, müssen Sie es mir sagen.«
    Ihr Mitgefühl trieb Cardinal die Tränen in die Augen, aber er brachte ein Nicken zuwege.
    Chouinard war überrascht, Cardinal zu sehen, doch wo er schon mal da war, wollte er ihn und Delorme auch zum Einsatz bringen. Er versuchte, sie für das Haus-zu-Haus-Kommando mit einzuplanen, doch Cardinal wollte nichts davon hören. Er nahm Chouinard mit in das Konferenzzimmer, das sie für die Akten in Beschlag genommen hatten. Die Ontario Provincial Police hatte fünf Aktenkisten aus den Ermittlungen des CAT-Teams zu den FLQ-Entführungen herübergeflogen. Jetzt waren die Kisten wie offene Schubladen im Konferenzzimmer aufgereiht.
    »Okay, Sie haben also einen Berg Papier durchzuarbeiten. Tun Sie es so schnell Sie können, und dann brauche ich Sie wie alle anderen auf der Straße.«
    R. J. Kendall steckte den Kopf herein. »Ich brauche jetzt jeden unten. Wieso sind Sie noch hier?«
    Chouinard schritt ein. »Öm, Chief – Sie wissen es vielleicht noch nicht, aber Cardinals Vater ist letzte Nacht gestorben.«
    R. J. sah Chouinard an, als wäre er gerade mit einem Raumschiff gelandet. Dann sah er wieder Cardinal an. »Ist das wahr?«
    »Ja, Sir.«
    »Mein Beileid«, sagte R. J., ohne welches zu vermitteln. »Aber wenn Sie nicht nach Hause gehen, möchte ich, dass Sie runterkommen. Wir haben hier einen ausgewachsenen Notstand.« Dann schien er ein wenig nachgiebiger zu werden. »Tut mir leid, das mit Ihrem alten Herrn«, sagte er und legte Cardinal eine Hand auf die Schulter. »Nehmen Sie sich so viele Tage frei, wie Sie brauchen. Seinen Vater zu verlieren, das ist ein echter Schlag.«
    »Danke, Chief. Im Moment wäre es mir ebenso lieb, an diesen Akten weiterzuarbeiten.«
    »In Ordnung. Arbeiten Sie, woran Sie wollen. Aber jetzt willich, dass die Truppe vollständig antritt«, sagte Kendall und ging hinaus.
    »Jemand von den Elektrizitätswerken Ontario ist da, um uns zu sagen, was Sache ist«, erklärte Chouinard. »Ist gar nicht mal so schlimm. Wenigstens gibt es Donuts.«
    »Wieso immer Donuts?«, fragte Delorme auf ihrem Weg nach unten. »Seh ich so aus, als würde ich Donuts essen? Versprechen Sie mir, dass Sie mich erschießen, wenn es je dazu kommt.«
    Cardinal holte sich einen schwarzen Kaffee und pflanzte sich so nah wie möglich am Ausgang hin.
    Der Mann von den Elektrizitätswerken war Paul Stancek, ein früherer Klassenkamerad an der Highschool. Das Einzige, woran sich Cardinal noch erinnerte, war, dass Stancek ihren Geschichtslehrer, Mr. Elkin, perfekt nachahmen konnte, inklusive australischem Akzent. Das war zu der Zeit, als Stancek – ebenso wie er selbst vermutlich – noch eine dünne Bohnenstange ohne den geringsten Anflug von pfirsichfarbenem Flaum auf den Wangen war. Jetzt war er über eins achtzig mit einem langen Schnauzbart, der einem Western-Sheriff Ehre gemacht hätte.
    »Ich weiß, Sie haben zu tun«, sagte Stancek. »Also komme ich sofort zur Sache. Das Stromnetz von Ontario ist so ausgelegt, dass es alles übersteht außer einem Jahrhundertereignis. In Algonquin Bay ist im Moment dieser Eisregen genau dieses Ereignis.
    In Algonquin Bay speist sich der Strom aus zwei separaten Quellen. Damit die ganze Stadt dunkel wird, müssen diese beiden Quellen ausfallen. Sie kennen alle die Masten, die von Osten hereinführen. Sie kommen aus den Bergen, den Highway 17 entlang, etwa oberhalb Corbeil. Sie

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