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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Bücherei mit dem Titel New York und die New Yorker auf der Seite mit einem Bild vom East Village aufgeschlagen.
    Cardinal legte sich neben ihr ins Bett und machte das Licht aus. Er lauschte auf ihre regelmäßigen Atemzüge, Inbegriff von Frieden, Liebe und Geborgenheit. Und dann musste er wieder an die Karte denken.

5
     
    D etective Sergeant Daniel Chouinard versuchte immer noch, den Geist seines Vorgängers aus dem Büro zu bannen. D. S. Dyson war nicht nur ein Schlitzohr, sondern auch ein Pedant gewesen, und so hatte Chouinard das Bedürfnis, in seinem Büro für permanentes Chaos zu sorgen. An den Fenstern hingen halb eingebaute Jalousien bedenklich schief nach unten, auf dem Boden neigten sich Türme von juristischen Schwarten und Prozesshandbüchern in prekärem Gleichgewicht zur Seite, und an der Wand lehnte ein Verschlag aus Bücherregalen. Auf seinem Schreibtisch tummelten sich Schraubenzieher in unterschiedlicher Größe neben einem Hammer und einem Schreibblock, auf dem er gewöhnlich unleserliche Notizen machte.
    Als der Posten eines Detective Sergeant frei wurde, hatte man ihn Cardinal angeboten. Er war immerhin einer der dienstältesten Beamten und hatte ein paar der bedeutendsten Fälle in der Kriminalgeschichte von Algonquin Bay gelöst. Doch Cardinal hatte abgelehnt, obwohl die Beförderung mehr Geld und geregeltere Arbeitszeiten mit sich gebracht hätte. Er war sogar drauf und dran gewesen, seinen Dienst ganz zu quittieren – was Delorme im letzten Moment verhindert hatte –, da er fest davon überzeugt war, keine Beförderung zu verdienen. Außerdem war nicht zu leugnen, dass ein Detec tive Sergeant einen reinen Schreibtischjob hatte – für Cardinal einfach undenkbar. Draußen auf der Straße zu sein, sich mit Menschen aus Fleisch und Blut auseinander zu setzen, das war das Beste an der Polizeiarbeit, das Einzige, was ihm das Gefühl gab, sich nützlich zu machen.
    Das Einzige, was Cardinal überhaupt einen Moment hatte zögern lassen, war die Angst, der Job könnte an Ian McLeod gehen. McLeod, der gerade in Urlaub war, als die Entscheidunganstand, hatte ein Talent, Zwietracht zu säen, und wäre daher eine einzige Katastrophe gewesen. Am Ende hatte Chief Kendall die Stelle Daniel Chouinard angeboten, der genügend Dienstjahre auf dem Buckel hatte, um zu wissen, was die Kriminalbeamten brauchten und was nicht. Er hatte lange genug mit den anderen unter den Launen von D. S. Dyson gelitten, und er besaß solide organisatorische Fähigkeiten. Vor allem aber kannte er jeden einzelnen der acht Detectives gut genug, um zu wissen, wessen Stärken wessen Schwächen ausgleichen konnten.
    Als er von der Ernennung hörte, hatte McLeod einfach behauptet, Chouinard habe den Posten nur bekommen, weil er Frankokanadier war, er solle das bilinguale Aushängeschild des Kommissariats sein, worum es in Wahrheit überhaupt nicht ging. Doch niemand sonst sah einen Grund, sich über Daniel Chouinard aufzuregen. Wenn es überhaupt etwas an ihm auszusetzen gab, dann allenfalls, dass er ein bisschen farblos war – besonders für einen Frankokanadier. Na schön, er war langweilig. Er war so langweilig, dass man ihn eigentlich nur durch die Eigenschaften beschreiben konnte, die ihm abgingen – wie zum Beispiel jedes Gespür für Ironie oder im Grunde genommen jedweder Humor. Er hegte keinerlei persönlichen Groll, hatte keine politischen Ambitionen und keine nennenswerten psychischen Probleme. Er neigte weder zu Wutausbrüchen noch zu Rachefeldzügen. Der Mann hatte nicht einmal einen Akzent. Trotz des Chaos in seinem Büro war der neue D. S. einfach nur, na ja, annehmbar.
    »Fassen wir zusammen«, sagte Chouinard. Delorme und Cardinal standen in Rührt-euch-Haltung vor Chouinards Schreibtisch, da seine Stühle mit Stapeln von schalldämpfender Deckenvertäfelung belegt waren. »Wir haben einen männlichen Amerikaner Ende fünfzig, Anfang sechzig, der im Wald gefunden wurde, nachdem er teilweise von einem Bären gefressen wurde.«
    »Von Unbekannten ermordet und danach von einem Bären gefressen«, stellte Delorme richtig.
    »Da er Amerikaner ist, müssen wir die Mounties einschalten; jeder internationale Fall ist ihr Revier. Das heißt, wir werden mit Malcolm Musgrave zusammenarbeiten. Daher können wir, glaube ich, vorerst Delorme bei diesem Fall entbehren.«
    »Eigentlich«, sagte Cardinal, »wäre keiner besser geeignet, um mit Musgrave zusammenzuarbeiten. Es wäre nicht das erste Mal, und sie kommen gut

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