Blutiges Eis
»Diskutieren Sie keine Politik mit Paul, Detective Cardinal. Er gehört zu den wichtigsten Männern hinter Premier Mantis.«
»Natürlich. Sie haben seinen hiesigen Wahlkampf organisiert«, sagte Cardinal.
»Und das ist auch der Grund für dieses Treffen«, sagte Kendall. »Die Konservativen haben für das kommende Wochenende einen der einflussreichsten Fundraiser eingeladen, und Paul bittet um ein besonderes Polizeiaufgebot.«
»In Zivil? Sollten Sie da nicht besser mit Chouinard reden?«
»Chouinard hat schon seine Erlaubnis gegeben. Wir haben zwei Beamte im Auge – Delorme und Sie.«
»Es wird nicht allzu schwierig werden«, sagte Laroche. »Es soll in unserem neuen Skiclub – dem Highlands? – stattfinden, und das Dinner wird opulent sein, so viel kann ich Ihnen versichern. Abgesehen davon, dass Sie nach verdächtigen Personen Ausschau halten sollen, werden Sie sich amüsieren.«
»Sie brauchen mehr als zwei Beamte, um eine solche Veranstaltung zu sichern.«
»Wir haben natürlich auch noch unseren eigenen Sicherheitsdienst. Die werden an den Türen und hinter der Bühne stehen und so weiter. Aber offen gesagt denke ich, dass – seit dem 11. September – ein privater Sicherheitsdienst nicht mehr ausreicht. Mir wäre wesentlich wohler bei der Sache, wenn ich wüsste, dass wir zwei Profis direkt drinnen an der Tafel haben. Premier Mantis ist eine sehr prominente Persönlichkeit.«
»Wir werden auch noch drei, vier Streifenpolizisten draußen aufstellen«, sagte R. J.
»Werden wir für die Liberalen oder die NDP denselben Aufwand treiben?«, fragte Cardinal Kendall.
»Sicher. Wenn sie darum bitten.«
»Das werden sie sicher nicht«, sagte Laroche. »Ihre politischen Aussichten sind derzeit so bescheiden, dass irgendeiner ihrer Fundraiser von der Öffentlichkeit kaum bemerkt werden wird. Schließlich sind wir die einzige Partei, die einen Ministerpräsidenten zu ihren Kandidaten zählt.«
Das Essen kam, und der Rehbraten schmeckte genauso gutwie anderswo. Er hätte gerne den Bordeaux dazu probiert – der Chef hätte nichts dagegen gehabt –, doch er brauchte am Nachmittag einen absolut klaren Kopf.
Sie besprachen verschiedene Sicherheitsmaßnahmen für den Fundraiser-Besuch. Cardinal versuchte, seine Ungeduld zu verbergen. Die technischen Details eines Personenschutz-Einsatzes waren das Letzte, woran er denken wollte, während er einen Mord aufzuklären hatte. Laroche hatte einen Grundriss des neuen Clubs mitgebracht, und sie sprachen über die Verteilung des Sicherheitspersonals drinnen, der Streifenpolizisten draußen und der zwei Detectives unter den Gästen.
Als sie beim Kaffee waren, sagte Laroche zu Cardinal: »Dann mochten Sie also Bürgermeister Wells nicht besonders? Wissen Sie, er war ein großartiger Bürgermeister.«
»Nun ja – wenn Sie über die Kleinigkeit hinwegsehen, dass er die Wahlurnen mit gefälschten Stimmzetteln gefüllt hat. Oder glauben Sie etwa, er hätte wirklich so viele Stimmen bekommen?«
Laroche musterte Cardinal von oben bis unten – und ließ sich Zeit dabei. »In unserer Gesellschaft hat man entschieden, dass es kriminell sei, Wahlurnen mit gefälschten Stimmen zu füllen. Erst dadurch ist es eine kriminelle Handlung. Andernorts ist es das nicht, oder man sieht darüber hinweg. Es ist nicht an sich verwerflich. Und man sollte nicht vergessen, was Bürgermeister Wells alles für diese Stadt getan hat.«
»Er hat den Flughafen gebaut. Er hat die Überführung gebaut. Dann hat er eine Wahl gestohlen.«
»Wir wollen ihn nicht gleich zu einem Richard Nixon hochstilisieren«, sagte Kendall.
»Jeder Mensch ist eine Mischung aus Gut und Böse, meinen Sie nicht?«, sagte Laroche. »Sie haben zum Beispiel die Stadt von einer Mordserie befreit, aber ich möchte wetten, es gibt auch Dinge in Ihrem Leben, die sich auf Seite eins des Toronto Star nicht ganz so heldenhaft ausnehmen würden.«
»Da haben Sie recht«, sagte Cardinal. Er dachte an die Grußkarte. Wir wissen, wo Sie wohnen.
»Und Wells war ein Original. Es wird oft unterschätzt, was das bei einem führenden Mann ausmacht. Deshalb könnte ich niemals selber kandidieren, so gerne ich es täte. Einfach zu farblos.«
»Aber Sie sind sehr beeindruckend«, sagte Cardinal. »Wir haben uns gerade erst kennen gelernt, und schon sitze ich da und bin beeindruckt. Damit ist die Schlacht schon halb gewonnen, oder irre ich mich?«
Laroche lachte, so dass seine makellosen Zähne zu sehen waren.
»Ich bin der
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