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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Wanderstiefeln.
    Arsenault verknipste einen Film mit der Leiche, und dann gingen Delorme, Szelagy und der Coroner näher heran. Dr. Barnhouse hielt sein Diktiergerät in der Hand, in das er unentwegt hineinsprach, während er sich über die Leiche beugte: gut genährte Frau, Anfang dreißig, Verfärbung an der Kehle, was auf Strangulierung hindeutet.
    »Da sind ihre Kleider«, sagte Delorme. Sie lagen seitlich ein Stück entfernt als stummer Zeuge von Gewalt. Die Eiskruste ließ keine genauere Untersuchung zu, doch es gab abgerisseneKnöpfe, einen gedehnten Halsausschnitt an einem Sweater.
    »Sieht so aus, als wäre sie hier getötet worden«, sagte Szelagy.
    »Möglich. Aber sehen Sie sich diese rötliche Verfärbung hier an«, sagte Barnhouse und wies mit einem latexbehandschuhten Finger auf die rötliche Einfärbung des zuunterst liegenden Arms und Beins. »Das Blut ist der Schwerkraft gefolgt – die Unterseite ihrer Schulter und der Beine. Sie ist nicht in dieser Stellung gestorben. Möglicherweise wurde sie hier getötet und nach ihrem Tod von jemandem bewegt. Vielleicht wurde sie aber auch woanders getötet und anschließend hierher gebracht.«
    »Aber die Kleider …«, sagte Delorme.
    »Ja, sicher. Zweifellos gibt es eine Erklärung dafür, aber ich bezweifle, dass sie medizinischer Natur ist.«
    »Können Sie uns einen ungefähren Anhaltspunkt geben, wann der Tod eingetreten ist?«
    »Sie ist von Eis bedeckt, daher muss sie offensichtlich schon hier gelegen haben, als es regnete – bevor der Regen gefror. Andererseits gibt es kaum Zersetzung. Demnach hat sie während der warmen Periode nicht lange hier gelegen. Ich würde daher sagen, sie wurde hier Montagnacht, Dienstagmorgen abgelegt. Aber Sie wissen natürlich, dass es bei dem Kühlungseffekt hier draußen schwer sein wird, den Todeseintritt ohne weitere Indizien genauer zu bestimmen. Wenn mir jetzt bitte jemand helfen würde? Ich will die Leiche herumdrehen.«
    Delorme, die sich ebenfalls Handschuhe angezogen hatte, griff mit der Hand unter das angewinkelte Knie und hob es an. Die Eishaut auf den Gliedern zersplitterte mit einem knisternden Laut und glitt zu Boden. Das dunkle Haar lag steif gefroren über dem halben Gesicht.
    »Blutergüsse in der Vaginalregion weisen auf mögliche Vergewaltigunghin. Auch im Bereich der Kehle sind Kontusionen festzustellen. Strangulation ist eine mögliche Erklärung. Sie werden sie öffnen müssen – und nach petechialen Blutungen in der Lunge suchen. Dann wollen wir mal sehen, wen wir da haben.« Das gefrorene Eis knackte, als Barnhouse es beiseite schob. »Na, so was«, sagte er. »Ich kenne diese Frau.«
    »Ich geh mal davon aus, dass wir uns sparen können, diese Handzettel zu verteilen«, sagte Szelagy.
    Delorme betrachtete die vereisten Gesichtszüge, den milchigen Schimmer der halb geöffneten Augen. Sie dachte an all die Patienten, denen diese junge Dr. Cates geholfen hätte – Tausenden vermutlich –, wenn sie hätte leben dürfen. Sie fragte sich, was für ein Mensch ihr das angetan hatte. Ihre Gedanken eilten voraus zu den Dingen, die es als Nächstes zu tun galt, zuallererst einmal die Benachrichtigung ihrer Eltern.
    Sie sah Barnhouse an. »Wir wissen, dass Dr. Cates Montagabend um 23.30 Uhr zu Hause war. Eine Freundin hat mit ihr telefoniert. Aber wir wissen von ihrem Anrufbeantworter, dass sie am Dienstagmorgen nicht mehr ans Telefon gegangen ist.«
    »Das würde mit dem übereinstimmen, was ich hier sehe. Zweifellos wird der Pathologe Ihnen mehr sagen können.«
    »Was schätzen Sie, wie lange die Gerichtsmedizin mit den Untersuchungsergebnissen brauchen wird?«
    »Nun, da haben Sie Glück. Haben Sie bei denen schon mit Dr. Lortie zusammengearbeitet?«
    »Nein.«
    »Er ist einer ihrer führenden Pathologen. Wie’s der Zufall will, ist er gerade hier in der Stadt, um die regionalen Erfordernisse zu sondieren. Es dürfte mir, glaube ich, nicht schwer fallen, ihn dazu zu bewegen, den Fall gleich hier vor Ort zu übernehmen. Würde dem Steuerzahler bares Geld sparen und so weiter.«
    »Es würde uns jedenfalls viel Zeit sparen«, sagte Delorme.
    »Weiß Gott«, sagte Dr. Barnhouse und nickte in Richtung der toten Frau. »Das ist das Wenigste, was wir für sie tun können.«
    Sie verfielen in Schweigen. Aus dem glitzernden Wald war nichts zu hören außer dem Knacken im Geäst.

15
     
    W ährend das Team der Spurensicherung sich im Wald an seine Arbeit machte, fuhr Delorme nach Sudbury, achtzig Meilen

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