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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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immer nur um das eine – Ich, Ich, Ich. Großes I. Was anderes existiert für sie nicht. Und wenn etwas wie ein schallendes Nein sie zwingt zu begreifen, dass ihnen nicht das Universum gehört, dann ist es für sie gleich die völlige Vernichtung, und sie müssen zurückschlagen. Und genau das hat er getan.«
    Die Stimme des Professors wurde immer lauter. Seine Frau lehnte sich zu ihm vor und legte ihm die Hand auf den Arm, doch er merkte es nicht.
    »Dieser Wahnsinnige hat meine Tochter umgebracht, und ich will Gerechtigkeit, Detective Delorme. Ich will diesen mordenden Bastard für den Rest seines Lebens hinter Gittern schmoren sehen. Ich nehme an, er hat sie vergewaltigt?«
    Delorme hatte diese Frage befürchtet und war nun doch nicht darauf vorbereitet. »Es gibt leider Anhaltspunkte dafür.«
    Professor Cates zuckte so heftig von ihr zurück, als hätte jemand auf ihn geschossen. Er sank aufs Sofa und sackte mit dem Oberkörper nach vorn. Mrs. Cates erhob sich aus ihremSessel. Sie setzte sich neben ihn und legte ihm den Arm um den Rücken.
    »Das Seltsame bei Craig Simmons ist …« Mrs. Cates sprach leise, kaum noch hörbar. »Alles, was mein Mann sagt, stimmt. Craig hat sich wirklich so benommen. Und trotzdem hatte ich immer das Gefühl, dass er das irgendwo gelernt hatte.«
    »Sicher hat er das irgendwo gelernt«, sagte der Professor. »Er hat es aus Filmen gelernt, von seinen Eltern, als Kind, von Gott weiß woher – na und?«
    »So habe ich das nicht gemeint. Ich meinte, er hat es irgendwo gelernt, wie ein Schauspieler seine Rolle lernt. Als ob er irgendwo gelesen hätte, dass man sich so verhalten sollte, also, verdammt noch mal, benahm er sich auch so. Man hatte irgendwie den Eindruck, er wusste ganz genau, dass es unangebracht war, aber er tat es trotzdem, das war wirklich traurig.«
    »Hat Mr. Simmons Ihre Tochter je in irgendeiner Weise bedroht?«
    Mrs. Cates sah zur Decke hoch, damit die Tränen nicht überliefen. »Nie«, sagte sie. »Nicht ein einziges Mal.«
    Professor Cates saß so schnell kerzengerade, dass es unter anderen Umständen vielleicht komisch gewirkt hätte. »Was willst du damit sagen? Der Junge kreuzte alle naselang hier auf, ungebeten. Er stand vor der Tür, um sie zur Schule zu begleiten, was etwas anderes gewesen wäre, wenn sie miteinander gegangen wären, aber sie hatte mit ihm Schluss gemacht. ›Daddy, er ist schon wieder da‹, sagte sie dann, und ich musste rausgehen und ihm sagen, er soll abhauen. Nicht, dass es etwas genützt hätte. Eine Woche später war er wieder da.«
    »Ich glaube nicht, dass die Kommissarin darauf hinauswollte, Liebes.«
    »Wie viele unerwünschte Anrufe hat es gegeben? Hunderte? Tausende?«
    »Es stimmt schon, dass er ständig anrief«, sagte Mrs. Cates.»Anfangs hatte ich Mitleid mit ihm. Man konnte gar nicht anders. Er war so offensichtlich verzweifelt.«
    »Dass du ja nicht anfängst, diesem Bastard zu vergeben! Du solltest nicht einmal daran denken, ihm zu vergeben!«
    »Das tu ich auch nicht. Ich sag nur, wie es war. Er hat nie gedroht, Winter etwas anzutun. Er wollte nur mit ihr reden. Sie sehen. Das war einfach zu viel für eine Sechzehnjährige, wie Sie sich wohl denken können.«
    »Manchmal war er da draußen. Saß einfach nur in seinem Wagen.« Der Professor tippte mit dem Finger Richtung Straße.
    »Aber dann sind Jahre vergangen, in denen er sie nicht belästigt hat«, sagte Delorme. »Habe ich Sie da richtig verstanden? Am College?«
    »Das stimmt«, sagte Mrs. Cates. »Die ganze Zeit in Ottawa hat sie sich nicht über ihn beklagt. Allerdings muss man wissen, dass er da die meiste Zeit im Westen war. Er konnte sie nur ein-, zweimal besuchen. Er war im Mountie-Ausbildungslager in Regina, und danach haben sie ihn irgendwohin weit oben im Norden geschickt. Ich finde es beängstigend, dass jemand wie Craig Simmons als Polizist herumläuft. Und noch dazu bewaffnet.«
    »Und danach war Winter bereit, freundschaftlich mit ihm zu verkehren? Ich meine, nachdem sie mit dem Studium fertig war?«
    »Er hat ihr leid getan«, sagte Professor Cates. »Gott weiß, wieso. Ich hatte kein Mitleid mit ihm. Aber eins sollten Sie wissen. Winter wollte ihre Praxis gerne in Sudbury eröffnen. Der einzige Grund, warum sie es bleiben ließ, war er. Leider war Algonquin Bay nicht weit genug weg. Wahrscheinlich hätte keine Entfernung gereicht.«
    Delorme blieb noch eine Viertelstunde, in der sie nicht mehr viel Neues erfuhr. Professor Cates folgte ihr bis zur

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