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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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dass Shackley es auch dort gekauft hatte.
    Die Frage des Preises brachte ihn darauf, sich die Kleider einmal genauer anzusehen. Er zog einen Brooks-Brothers-Blazer heraus, der an den Ellbogen glänzte und an den Ärmelenden fadenscheinig war. Die beiden Hemden trugen ebenfalls gute Markenetiketten und waren extrem abgetragen, als ob Shackley sich seit zwanzig Jahren nichts Neues mehr gekauft hätte. Cardinal zog eine Socke mit einem Loch an der Ferse heraus. Offensichtlich knauserte die CIA bei ihrer Altersversorgung.
    Erneut wünschte er sich, sie würden den verdammten Wagen finden. Er konnte entscheidende Hinweise bergen. Tatsächlich war es durchaus denkbar, dass Shackley in diesem Auto ermordet wurde. Wieso hätte der Mörder sich sonst die Mühe gemacht, ihn zu verstecken oder zu entsorgen? Roter Escort? Avis-Aufkleber? Wieso war er immer noch nicht aufgetaucht?
    Er zog das Flugticket des Toten aus der Kiste: RückflugscheinNew York–Toronto, American Airlines, fünfhundert Dollar. Shackley hatte den Flug vor einem Monat gebucht, also lange im Voraus; wieso hatte er dann so viel für Economy Class bezahlt?
    Cardinal sah sich die Codes genauer an. Ach so, ja, keine Beschränkungen. Shackley wollte sich die Möglichkeit offen lassen, das Datum seines Rückflugs zu ändern. Was vermutlich besagte, dass er sich nicht sicher war, wie lange er bleiben würde. Das, woran er arbeitete, hatte für ihn einen ungewissen Ausgang.
    Und wieso hatte er mit Montreal telefoniert? Hatte es dort irgendetwas gegeben, das ihn nach Algonquin Bay führte?
    Cardinal rieb sich die Stirn. Er hatte das Gefühl, dass an dieser Stelle ein wichtiger Schluss nahe lag, den jemand mit einer schnelleren Auffassungsgabe längst gezogen hätte. Aber er kam nicht drauf. »Ich weiß es nicht«, murmelte er.
    »Führen Sie wieder Selbstgespräche?«, fragte Delorme. Sie setzte sich neben ihn.
    »Hmm, aber es hilft nicht.«
    »Was ist mit den Telefonrechnungen? Sagten Sie nicht, dass er ein paar Anrufe nach Montreal gemacht hat?«
    »Sie waren allesamt nicht verzeichnet. Die einzige Nummer, zu der ich durchgekommen bin, war etwas, das sich Beau-Soleil-Tagesstätte nannte.«
    »Ein dreiundsechzigjähriger New Yorker, der eine Tagesstätte in Montreal anruft?«
    »Ich weiß. Musgrave hat seine Leute in Montreal auf die anderen angesetzt.«
    Er erzählte Delorme von dem Negativ, das er in Shackleys Wohnung gefunden hatte, als Paul Arsenault hereinkam. Cardinal rief quer durchs Büro: »Hey, Arsenault, haben Sie meine Negative entwickelt?«
    »Was ist los mit Ihnen? Sehen Sie nie in Ihr Postfach?« Arsenault schnappte sich einen braunen Umschlag aus CardinalsFach für bürointerne Post und warf ihn gezielt auf seinen Schreibtisch. »Und bevor Sie fragen: Nein, es waren keine Fingerabdrücke auf dem Negativ.«
    Cardinal öffnete die Lasche des Umschlags und zog zwölf Abzüge desselben Fotos heraus, von denen er einen Delorme in die Hand drückte. Schwarzweiß. Ein Gruppenbild mit Dame, alle jung, eine Frau, drei Männer. Zwei der Männer trugen lange Koteletten und Schnurrbärte; der dritte einen Vollbart. Cardinal hielt es ans Licht. Die vier sahen glücklich und selbstbewusst aus. Sie standen vor zwei gardinenlosen Fenstern und grinsten breit in die Kamera. Durch die Fenster waren Bäume und ein Kirchturm zu erkennen, der in der Sonne glitzerte.
    »Ganz schön lange Haare«, bemerkte Delorme. Sie blinzelte kurzsichtig auf ihren Abzug. »Und sehen Sie sich mal die Hemden der Kerle an, diese Kragen.«
    »Könnte aus den Siebzigern stammen«, sagte Cardinal.
    »Außer dem Mädchen sehen sie aus wie Holzfäller.«
    »Hey, alle mal herhören!« Ken Szelagy steckte den Kopf in die Tür und brüllte quer über die Kabinen hinweg. Er hatte ein Handy an einem Ohr. »Sattelt die Pferde! Wie’s aussieht, haben wir den Wagen.«
     
    Der rote Ford Escort befand sich am Grund eines ehemaligen Steinbruchs ganz in der Nähe des Highway 17. Ein begeisterter Radsportler namens Vince Carey hatte ihn gefunden. Er hatte einen völlig kahl rasierten Schädel und ein kleines Adlertattoo am Halsansatz.
    »Ich war empört«, erzählte er Cardinal. »Also, man schmeißt doch nicht einfach ein Auto mitten im Wald weg, nicht mal in einen ehemaligen Steinbruch.«
    »Wieso fahren Sie hier mitten im Winter mit Ihrem Fahrrad durch die Gegend?«
    »Na ja, es sieht so schön aus, alles mit Eis überzogen. Undich fand diese Gegend irgendwie cool. Muss so vor drei Jahren gewesen sein,

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