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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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da hatte ein Abfluss ein natürliches Wasserbecken gebildet, fast einen kleinen See, bis ungefähr dort.« Er zeigte auf einen moosgrünen Streifen an der Granitklippe.
    »Haben Sie heute in dieser Gegend noch irgendjemanden gesehen?«
    »Keine Menschenseele. Wunderbar ruhig.« Carey fuhr sich mit der Hand über den Kahlschädel. »Als ich sah, dass das Wasser weg war, hab ich gedacht, ich fahr mal den Felsrand hoch. Konnte ja nicht ahnen, dass da unten ein verdammtes Auto liegen würde. Fand ich ehrlich zum Kotzen. Deshalb hab ich nachher, als ich wieder zum Highway zurück bin, den Naturschutz angerufen, um ihnen Bescheid zu sagen, aber die haben gesagt, wenn es ein Fahrzeug ist, soll ich bei Ihnen anrufen. Und das hab ich gemacht.«
    »Okay, danke, Mr. Carey«, sagte Cardinal. »Wir rufen Sie an, wenn wir noch was brauchen.«
    »Gern geschehen.« Er sah den Steilhang hinunter, wo Szelagy, Arsenault und Collingwood um den umgekippten Wagen herumkletterten, und wandte sich wieder zu Cardinal um. »Ziemlicher Aufstand für ein Schrottauto, oder?«
    »Wir arbeiten gerne gründlich.«
    Cardinal stieg äußerst vorsichtig die eisglatte Felswand hinab und hoffte nur, dass sich das hier als eine Goldmine erweisen würde. Endlich wendete sich jetzt vielleicht das Glück zu seinen Gunsten.
    Der Wagen lag umgekippt, mit der Kühlerhaube zuunterst, in knapp einem Meter Wasser. Das Dach war größtenteils flach eingedrückt, und ein Rad fehlte vollständig.
    »Sieht vielversprechend aus«, sagte Arsenault. »Wir haben hier ein Austrittsloch, wo eine Kugel durch die Beifahrertür gedrungen ist.«
    »Und drinnen?«, fragte Cardinal. »Hat das Wasser alles vernichtet?«
    »So, wie es jetzt liegt, ist kaum Wasser eingedrungen. Wir wollen uns nur nicht allzu nahe dranwagen, damit wir nicht das Gewicht verlagern und das Prachtstück umkippen. Gut möglich, dass das Wasser Haare oder Fasern weggespült hat, aber falls sich an diesem Austrittsloch Blut befindet, müsste es eigentlich noch trocken sein. Das Schwierige wird sein, den Wagen überhaupt da rauszukriegen. Mit einem Abschleppwagen ist das nicht zu machen.«
    Cardinal sah von dem Wrack zum Klippenrand hoch – eine zwanzig bis fünfundzwanzig Meter hohe Wand aus zerklüftetem Granit. »Don Deckard«, sagte er. »Das ist unser Mann.«
     
    Sie hörten den Kran, bevor sie ihn sahen: zuerst das dumpfe Grollen im Untergrund, dann das Knirschen der Gänge und schließlich das Knattern eines gewaltigen Verbrennungsmotors, der den Berg hochächzte. Dann erschien die Maschine selbst, ein kolossales Fahrzeug, das fast vollständig aus Rädern bestand. Auf seiner Ladefläche trug es die Stahlpfeiler eines Krans, jetzt wie im Modellbaukasten eines Jungen zusammengeklappt. Der Koloss blieb auf der Kuppe stehen, und Don Deckard sprang aus der Kabine.
    Er sah wie ein Dinosaurier aus den Sechzigern aus, der irgendwie gegen seinen Willen ins nächste Jahrhundert katapultiert worden war. Er trug schwarze Jeans mit Silberbeschlägen an den Außennähten und eine perlenbesetzte Wildlederjacke mit aufwändigen Fransen. Sein angegrautes Haar war im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und seine Augen waren knallrot, als hätte er gerade einen Joint geraucht.
    »Hey, Mann.« Er klatschte Cardinal ab; sie hatten über die Jahre schon ein paarmal zusammengearbeitet. »Lange nicht gesehen. Was liegt an?«
    Cardinal führte ihn zu dem Wagen hinunter.
    »Wo habt ihr den denn aufgegabelt?«, sagte Szelagy zu Arsenault. »Woodstock?«
    »Kennen Sie etwa Deckard nicht? Der Kerl ist eine Legende. Sehen Sie das niedliche Ding da?« Arsenault wies auf den Kran. Selbst zusammengeklappt konnte er es fast mit einem kleinen Hochhaus aufnehmen. »Das ist eine halbe Million Dollar wert. Ist vor zehn Jahren im Lake Superior versunken – weiß nicht mehr, was sie damit gemacht haben. Na jedenfalls, die Firma, der es gehörte, hat es als Verlust abgeschrieben. Selbst die Versicherung hat es abgeschrieben. Aber Deckard ist mit ungefähr sechs Jungs und einem Lastkahn da rausgefahren und hat das Ding aus hundert Meter tiefem, eiskaltem Wasser geborgen.«
    Deckard brauchte knapp eine Stunde, um seinen Kran aufzustellen. Dann schwenkte der Arm weit über den Steinbruch und ließ ein Stahlseil mit einer Segeltuchschlinge hinunter. Gigantische Airbags, ursprünglich dazu gedacht, gesunkene Schiffe zu heben, wurden zwischen Auto und Felswand verkeilt und anschließend aufgeblasen, damit der Wagen nicht

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